Die beiden früheren Basler Privatbankiers Christoph Gloor und Mathis Büttiker kommen in einem Beitrag auf finews.ch zum Schluss, dass zahlreiche Vergütungsausschüsse in den Verwaltungsratsgremien einen falschen Ansatz verfolgen, um die Leistung der Top-Manager zu steuern und zu beurteilen.   

Angesichts einer Generation an jungen Talenten und Arbeitssuchenden, welche die Frage nach der Sinnhaftigkeit ihrer beruflichen Tätigkeit viel lauter als ihre Vorgängergenerationen stellt, stehen Unternehmen vor grossen Herausforderungen. Das Erfolgsrezept des Arbeitgeberangebots von guter Entlöhnung und langfristig gesichertem Arbeitsplatz der Nachkriegsjahre ist definitiv dem Zeitgeist zum Opfer gefallen. Was also motiviert junge Arbeitnehmende in den westlichen Industrienationen?

Bereits 2008 erschien in der «Harvard Business Review» eine Publikation der Autoren Nitin Nohria, Boris Groysberg und Linda-Eling Lee, welche vier dominierende Motivationsfaktoren für Mitarbeitende im Rahmen der Unternehmensführung ausmachte. Diesen Motivationsfaktoren liegen die menschlichen Bedürfnisse des Erwerbens, des Verstehens, des Bindens und des Verteidigens zugrunde.

Zufriedene Belegschaft als Grundlage des Erfolgs

Das Erwerben umfasst materielle Aneignungen wie Lohn und Bonus, aber auch immaterielle Werte wie Reputation und sozialen Status innerhalb eines Unternehmens. Das Verstehen entspringt dem Urbedürfnis, die Umwelt zu verstehen und sich darin orientieren zu können. In einem Unternehmenskontext bedeutet dies Einsicht in die Sinnhaftigkeit der Arbeit und der Wunsch, einen relevanten Beitrag zu leisten. Das Bindungsbedürfnis ist der Wunsch nach Beziehungen zu Kolleginnen und Kollegen sowie nach der Zugehörigkeit einer Gruppe respektive einem Unternehmen. Schliesslich bildet die Verteidigung von Werten und Ideen sowie des eigenen Besitzstandes ein weiteres, starkes Bedürfnis und ist eine wichtige Quelle von Motivation für Mitarbeitende.

Unbestritten bildet eine zufriedene und motivierte Belegschaft die Grundlage eines erfolgreichen Unternehmens, weshalb diese Bedürfnisse der Arbeitnehmenden bedient werden müssen. Unternehmensführungen stehen dabei verschiedene Einflussmöglichkeiten zur Verfügung.

Ohne weiteres erkennbar

Mit Blick auf den Motivationsfaktor Erwerben haben Unternehmen Vergütungssysteme geschaffen. Wichtige Elemente eines erfolgreichen Vergütungssystems sind eine hohe Korrelation zwischen der Leistung und Entlöhnung, die Festlegung von Einzel- und Gruppenzielen im Einklang mit der Unternehmensstrategie, die Anerkennung von individueller Leistung sowie die finanzielle Vergleichbarkeit mit der Konkurrenz.

Dem Bedürfnis nach dem Verstehen der Mitarbeitenden muss vom Unternehmen durch die Arbeits- und Arbeitsplatzgestaltung begegnet werden. Positionen, Pflichtenhefte und Arbeitsmodelle sollten interessant, herausfordernd, abwechslungsreich, konkurrenzfähig und sinnstiftend gestaltet werden. Der Beitrag der Arbeitnehmenden für die Kunden, die Unternehmensorganisation und die Aussenwelt sollte ohne weiteres erkennbar sein.

Verteidigungs-Reflex der Mitarbeitenden

Das Bindungsverlangen der Mitarbeitenden zu erfüllen gelingt einem Unternehmen nur durch eine entsprechende Kultur. Diese muss Elemente wie gemeinsame Ziele und Werte, Transparenz, Teamwork, Zusammengehörigkeitsgefühl, Wertschätzung, Offenheit, Inklusion und Freundschaft fördern. Der Gemeinsinn, die Verantwortung und die Sorge gegenüber dem Ganzen und dem Einzelnen muss auf allen Stufen des Unternehmens sicht- und spürbar vorhanden sein.

Das Verteidigungs- und Status-quo-Erhalt-Streben der Mitarbeitenden ist ein natürliches Bedürfnis, das Erreichte zu schützen und zu bewahren. Entsprechend wehren sich Mitarbeitende oft gegen Veränderungen, was auch als Phänomen von «resistance to change» bekannt ist. Diesem Umstand begegnet ein Unternehmen idealerweise mit nachvollziehbaren Strukturen sowie einer maximalen Transparenz und Objektivität in den Entscheidungsfindungs- und Veränderungsprozessen. Zuteilung von Aufträgen und Aufgaben, Ressourcen-Allokation, Leistungsbemessung sowie Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung müssen auf faire Weise erfolgen.

Erstaunliche Erkenntnis

Es darf als gesichert gelten, dass eine hohe Motivation der Mitarbeitenden dann vorhanden ist, wenn ein Unternehmen alle vier Motivationsfaktoren respektive Bedürfnisse unabhängig voneinander zu adressieren und zu befriedigen in der Lage ist.

Umso erstaunlicher scheint es, dass auf Stufe der Verwaltungsräte ausschliesslich Vergütungsausschüsse verbreitet und formell institutionalisiert sind. Dies mag daran liegen, dass – neben dem allfällig gesetzlichen Erfordernis – die Aufgaben und Kompetenzen dieser Ausschüsse einfach und klar definiert werden können und die Festlegung eines Vergütungssystems eine relativ mechanische Angelegenheit darstellt.

Kernaufgabe des Verwaltungsrats

Dieser Ansatz greift aber zu kurz, werden doch die drei anderen Faktoren und Bedürfnisse, welche in ebenso wichtiger Weise zur Motivation der Mitarbeitenden beitragen, ausgeblendet und die Verantwortung für diese im besten Fall an das Management delegiert oder diesem stillschweigend überlassen.

Die Motivation der Mitarbeitenden ist eine Kernaufgabe des Verwaltungsrats. Aspekte wie Werte, Kultur, Wertschätzung, Ausbildung, Talentförderung, Transparenz etc. müssen -neben einem angemessenen Vergütungssystem - ständig präsente Themen im Verwaltungsrat respektive einem seiner Ausschüsse sein. Der «tone at the top» fängt auf der Stufe des Verwaltungsrats und nicht auf der Stufe des Managements an.

Wichtiges Thema

Diese Motivationsaufgaben als ständige Traktanden des Gesamtverwaltungsrats zu führen, mag dessen Agenda überladen und nicht angezeigt sein. Auf jeden Fall sollten sie aber regelmässige Traktanden des Vergütungsausschusses bilden, welcher diese wichtigen Themen in erster Linie zu verantworten hat. Somit wäre dieser – um seinem Auftrag entsprechend adäquat benannt zu sein – in «Motivations- und Vergütungsausschuss» umzubenennen.


Die beiden Autoren blicken auf langjährige Karrieren in Führungspositionen von schweizerischen Finanzinstituten zurück. Mathis Büttiker ist Verwaltungsrat und Mitglied des Vergütungsausschusses der Basler Kantonalbank sowie des Vergütungsausschusses der Endress+Hauser Gruppe. Christoph Gloor ist Verwaltungsrat und Mitglied des Vergütungsausschusses der Baloise Group.

 

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