Die Führung der Credit Suisse muss nächste Woche vor allem eines tun: Vertrauen schaffen. Dabei könnten die kolportierten Pläne um eine Bad Bank eine entscheidende Rolle spielen.

Seit dem 27. Juli hat die Bankführung der Credit Suisse (CS) eisern zur neuen Strategie geschwiegen – auch wenn sie dabei einen Spiessrutenlauf an Medien, Grossinvestoren und sogar Meme-Anlegern vorbei auf sich nehmen musste. Nun, am 27. Oktober, muss dafür jedes Wort sitzen. Beobachtern zufolge bleibt dem Management noch diese eine Chance, um gegenüber den Finanzmärkten verlorenes Vertrauen wieder aufzuholen.

Zwei Gradmesser zeigen, wie es derzeit darum bestellt ist. Einerseits der Aktienkurs, der Anfang Oktober kurzzeitig auf ein Allzeittief von 3.52 Franken je Titel sackte. Anderseits die Preise für Kreditderivate, mit denen sich Anleihenhalter gegen eine Zahlungsunfähigkeit der Bank absichern. Die Spreads von Kreditausfall-Versicherungen (CDS) mit fünfjähriger Laufzeit waren der Agentur «Bloomberg» zufolge Anfang Monat von 55 Basispunkten auf mehr als 290 Basispunkte gestiegen. Zeitweise kletterten die Notierungen gar noch höher.

Erinnerungen an Lehman Brothers

Damit erreichten sie den höchsten Stand seit der Finanzkrise. Prompt schaukelten sich die sozialen Medien auf und malten bereits einen «Lehman-Moment» für die zweitgrösste Schweizer Bank an die Wand. Gemeint ist damit die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers, die nach eine Liquiditätskrise im September 2008 Konkurs ging.

Ein weiteres Anzeichen für das Misstrauen wird in den Leerverkäufen der Aktien der CS sichtbar. Gemäss neusten Zahlen von Standard & Poors liegt die Höhe der geliehenen Aktien mit 15,9 Prozent derzeit dreimal so hoch wie für ein Schweizer Unternehmen üblich und entspricht damit einem der höchsten Werte unter den europäischen Banken.

Mittlerweile sprechen auch besonnenere und besser informierte Beobachter von einem drohenden Lehman-Szenario. Wenn die CS sich am Finanzmarkt nicht mehr refinanzieren könne, weil sie das Vertrauen der Investoren verloren habe, dann nütze ihr auch die regulatorisch ausreichende Eigenkapital-Quote von 13,5 Prozent nicht mehr viel, gibt ein profunder Kenner des Banking zu bedenken. Für die Grossbank, sagt diese Quelle, habe ein Wettlauf gegen die Zeit begonnen.

Die Idee mit der Dreiteilung

Dabei wird der Turnaround der CS nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen sein, auch nicht von einem so geübten Team von Restrukturierern wie CEO Ulrich Körner, Finanzchef Dixit Joshi und der operationellen Chefin Francesca McDonagh. Darum müsste eine Basis geschaffen werden, damit die Märkte der Grossbank wieder vertrauen können: Zielführend dazu wäre die Idee einer «Bad Bank» innerhalb der Investmentbank.

Die Spekulation um ein solches Gefäss für Problem-Anlagen wurde erstmals vor einem Monat laut. Damals spekulierte die britische Zeitung «Financial Times» über die Dreiteilung der CS-Investmentbank: in ein Beratungsgeschäft, die für den Konzern noch brauchbaren restlichen Geschäftsbereiche sowie eben in eine «Bad Bank» für risikoreiche Vermögenswerte, die abgewickelt werden sollen. Auch unter hiesigen Bankanalysten wurde der Gedanke bereits aufgegriffen.

SRU reaktivieren?

Historisch ist das keine neue Idee für die CS. Nach seinem Antritt im Jahr 2015 hatte der damalige CEO Tidjane Thiam die sogenannte Strategic Resolution Unit (SRU) geschaffen, in welche die CS ihre kaum verkäuflichen «Schrottpapiere» und strategisch nicht mehr erwünschtes Geschäft auslagerte. Lastete die Bad Bank anfänglich wie ein Mühlstein auf den Resultaten, gelang es der CS in relativ kurzer Zeit, die Positionen abzubauen und damit viel gebundenes Kapital freizubekommen.

Per Ende 2018 wurde die SRU ganz abgewickelt; insgesamt erlitt die Bank in dieser Zeit 12 Milliarden Dollar Verluste mit der Einheit, vermochte aber auch die risikogewichteten Aktiven im Handel beinahe zu halbieren.

Eine Beruhigungspille für die Märkte

Problembereiche eingrenzen und weiteren Schaden vom operativen Geschäft fernhalten – eine Neuauflage der SRU würde wohl als Signal einiges zur Beruhigung der Märkte beitragen. Die CS wollte sich auf Anfrage von finews.ch dazu nicht äussern und verwies erneut auf den 27. Oktober, an dem die neue Strategie vorgestellt werden soll.

Die Frage ist nur: wer sponsert das Kapital, mit dem die neue Ramsch-Ecke der CS auszustatten wäre? Bei der CS besteht je nach Analyse bis 2024 eine Kapitallücke von 4 bis 9 Milliarden Dollar. Eine externe Finanzspritze wäre entsprechend willkommen, aufgrund der Verfassung der Bank und der Sicherheiten in der Bad Bank aber bestimmt «high risk».

Als andere Variante wurde die Herausgabe von Wandelanleihen herumgeboten. Damit könnte die Emission von Aktien zu den derzeit gedrückten Kursen begrenzt werden. Die CS nutzte bereits Pflichtwandler, um nach dem Zusammenbruch von Archegos Capital Management im Jahr 2021 frisches Kapital zuzuführen.

Der Lohn der Angst

Dieser Tage war die Rede davon, dass die Bankführung Gelder von Staatsfonds aus Nahost zu mobilisieren sucht; der Staatsfonds von Katar QIA hat sich in der Vergangenheit willens gezeigt, Pflichtwandel-Anleihen der CS zu kaufen – gegen einen extrem hohen Zins von 9 und 9,5 Prozent. Für ein Investment in eine neuerliche SRU dürfte die geforderte Verzinsung wohl noch um einiges höher liegen.

Auch wenn der Gedanke ketzerisch ist: günstiger wäre jenes Kapital allenfalls vom Staat zu bekommen. Auch dafür gibt es eine Präzedenz im Swiss Banking. Im Jahr 2008 investierten der Bund und die Schweizerische Nationalbank (SNB) in den Stabilisierungsfonds zur Rettung der UBS, in dem illiquide toxische Papiere der grössten Bank damals eingelagert werden konnten. Bis ins Jahr 2013 kaufte das Geldinstitut die Wertpapiere aus dem «Stabfonds» zurück und verhalf so Bund und SNB zu einem Gewinn von bis zu 6 Milliarden Franken – wobei angesichts der enormen Risiken, die damals mit Steuergeldern eingegangen wurden, kaum von einem guten Geschäft zu sprechen ist.

Umfeld so schwierig wie selten zuvor

Nachdem der Bundesrat während der Corona-Krise schon den Schweizer Airlines einen Kredit von 1,9 Milliarden Franken gewährte und den Schweizerischen Bundesbahnen SBB nun mit einer Finanzspritze von 3 Milliarden Franken unter die Arme greifen will, ist natürlich höchst fraglich, ob der Staat einer Grossbank wegen deren hausgemachten Problemen zu Hilfe eilt.

Allerdings müssen auch hier Risiken abgewogen werden. Das Umfeld an den Märkten, der Realwirtschaft und in der Geopolitik ist insgesamt so schwierig wie selten zuvor. Vor diesem Hintergrund einen allfälligen Test der «Too big to fail»-Vorkehrungen zu riskieren, kann kaum im Interesse von Regulator und Regierung liegen.

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