Der Verkauf sämtlicher Anteile an der Credit Suisse durch Harris Associate markiert das Ende einer langjährigen, aber schwierigen Liaison. Ob das Verhältnis zu den jetzigen Ankeraktionären harmonischer wird, steht in den Sternen.

Der vollständige Ausstieg von Harris Associates ist ein weiterer Rückschlag für die Credit Suisse. Dass ein langjähriger Grossaktionär der Schweizer Grossbank das Tuch zerschneidet, kommt allerdings nicht gänzlich überraschend.

Der Ausstieg zeichnete sich bereits im Januar ab, als die US-Finanzinvestorin den Aktienanteil an der Credit Suisse laut einer Pflichtmeldungen unter die Schwelle von drei Prozent abbaute. Harris-Teilhaber David Herro gab zu Protokoll, dass die Investmentgesellschaft nicht vollständig an der Kapitalerhöhung teilgenommen habe und sich deshalb ihr Anteil verwässert habe.

Im Oktober beschlossen

Das war aber nur ein Teil der Wahrheit. Der Teilrückzug war nämlich nur der erste Schritt, wie sich jetzt zeigt. Offenbar riss der Geduldsfaden, weil die Ankündigung der jetzigen Reorganisation Harris nicht zu überzeugen vermochte.

So geht gemäss der «Financial Times» der Entschluss von Harris, die Beteiligung abzubauen, auf die Zeit unmittelbar nach der 4 Milliarden Franken schweren Kapitalerhöhung vom Oktober zurück.

Scheinheiliges Lob

Unter diesem Lichte betrachtet, muten die unlängst noch mit der Schweizer Börsenzeitung «Finanz und Wirtschaft» gemachten Vertrauensbekundungen an CS-Präsident Axel Lehmann scheinheilig an. Lehmann sei ein äusserst fleissiger und ehrlicher Mann, der niemanden absichtlich in die Irre führen würde. Deshalb habe Herro volles Vertrauen in ihn.

Diese Nebelpetarde ist ein weiteres Beispiel, wie widersprüchlich Herro immer wieder agierte. Vielleicht hatte Herro aber mit seiner Aussage auch schon im Hinterkopf, dass ein paar freundliche Worte zur Führungsspitze der Grossbank in der Öffentlichkeit dem Verkauf der restlichen CS-Aktien zu einem guten Preis dienlich sein könnten.

Ein Verlustgeschäft

Ein solches Kalkül der zur französischen Finanzgruppe Natixis gehörenden Investorin könnte kurzfristig aufgegangen sein. Die netten Worte im Sinne einer Kurspflege verpufften aber schon bald. Am vergangenen Donnerstag tauchten jedenfalls die CS-Aktien erneut und notierten auf einem historischen Tief von 2.50 Franken. Auf den vollständigen Rückzug von Harris reagierten die Titel, die am Montag bei 2.72 Franken eröffneten, hingegen kaum.

Harris kaufte 2002 erstmals CS-Aktien und verkaufte sie vor der Finanzkrise 2008 zu Preisen zwischen 60 und 70 Franken. Im Jahr 2009 stieg der Investor zu Kursen um 23 Franken wieder ein und hielt seither der Bank und ihrem wechselnden Management die Treue.

Harsche Kritik

Kein gutes Haar liess Herro vor allem an Lehmanns Vorgänger Urs Rohner. Obwohl er Rohner nicht alles in die Schuhe schob, hielt er dem Bankpräsidenten eine fast unfassbare Wertvernichtung während seiner Amtszeit vor.

Nachdem sich Rohner 2020 noch ein weiteres Jahr an der Spitze festklammerte, spielte Harris bereits einmal mit dem Gedanken, sämtliche CS-Aktien abzustossen.

Sorgenkind Investmentbank

Besonders frustriert war Harris gemäss der «Financial Times» über die Kosten und die mangelnde Transparenz des Investmentbanking-Spin-offs CS First Boston mit dem ehemaligen Verwaltungsratsmitglied Michael Klein. Unzufrieden war Harris zudem, weil die Vereinbarung zum Verkauf des Geschäfts mit verbrieften Produkten an die Private Equity-Gruppe Apollo zu wenig lukrativ war.

Im vergangenen August hatte der damals noch grösste Aktionär der Credit Suisse eingeräumt, dass zum Aufräumen der Investmentbank ein oder zwei Jahre benötigt würden.

Steter Unruheherd

Der Verkauf lässt keinen anderen Schluss zu, als dass der Investor der jetzigen Bankführung nicht zutraut, das Ruder herumzureissen und kein weiteres Kapital mehr zu verbrennen.

Was dann noch bleibt, hat sich Harris bereits ausgemalt: der Verkauf weiterer Unternehmensteile. Damit meint Herro neben der Vermögensverwaltung und dem Asset Management der Bank vor allem das Geschäft der Schweizer Bankeinheit – das Tafelsilber der Bank.

Der einstige Grossaktionär war nie um eine Kritik verlegen, stiess aber oft auf wenig Gehör. Deshalb war er für viele auch ein steter Störenfried, der mit viel Brimborium und Sticheleien gegen die Führungsmannschaft auffiel. Mit dem Abzug von Harris könnte nun etwas Ruhe im Grossaktionariat einkehren. Insofern lässt sich der Trennung auch etwas Gutes abgewinnen.

Wenig fassbares neues Machtzentrum

Mit dem Wegfall von Harris werden sich die Gewichte im Aktionariat weiter verschieben. Den Ton angeben dürften vor allem die beiden grössten Aktionäre der Credit Suisse, die aus der Golfregion stammen. Die Saudi National Bank erwarb im Rahmen der Kapitalerhöhung im vergangenen Jahr einen Anteil von 10 Prozent. Gleichzeitig erhöhte die Qatar Investment Authority ihren Anteil auf 7 Prozent.

Darüber, wie das neue Machtzentrum im Aktionariat tickt, ist indessen noch wenig nach aussen gedrungen. Belastet dürfte das Verhältnis aufgrund der jüngeren Geschichte der beiden Länder sein, denn im Gefolge des arabischen Frühlings gerieten Katar und Saudiarabien aneinander.

Der Konflikt gipfelte im Jahr 2017, als die Saudis den kleinen Nachbarn mit Sanktionen isolieren wollten. Katar liess sich aber nicht in die Knie zwingen und im 2021 entspannte sich die Situation.

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