Der CEO von Postfinance hat seinen Abschied angekündigt. Das Timing von Hansruedi Köng ist dabei bezeichnend.

Nach 21 Jahren bei der Postbank, davon zwölf Jahren als CEO, wird Hansruedi Köng (Bild unten) auf Ende Jahr seinen Abschied nehmen. Wohlverdient, möchte man meinen, nach dem langjährigen Engagement und der Treue zum Unternehmen.

Die Ära Köng bei der Postfinance, die nun ihrem definitiven Ende zugeht, lässt sich aber auch kritisch werten. Denn seit dem Zinsschock von 2015 verwaltete der Manager, der Besuchern gerne das Du anbot und einem mit «ich bin der Hansruedi» die Hand entgegenstreckte, ein Unternehmen, bei dem die wichtigsten Parameter nach unten zeigten.

Schwindende Gewinnkraft

So waren die sechs Jahre bis ins Jahr 2021 von schwindender Gewinnkraft, Sparmassnahmen, Stellenabbau und am Ende sogar der kalkulierten Verabschiedung von Kunden geprägt.

Hinzu kamen noch die mannigfaltigen Probleme beim Mutterhaus, der Schweizerischen Post, das nun nicht mehr auf die zuvor sprudelnden Gewinne der Bankentochter zählen durfte. Mit den Negativzinsen hatte das Postfinance-Geschäftsmodell ein ernsthaftes Problem bekommen: Die Spareinlagen, die das seit 2013 mit einer Banklizenz versehene Institut entgegennahm, konnten nicht mehr wie zuvor am Anleihenmarkt gewinnbringend angelegt werden, weil dort die Renditen nahe der Null oder negativ ausfielen.

Hinzu kamen hohe Strafzinsen, welche die Postbank der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zu entrichten hatte.

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(Bild: Keystone)

Politische Lösung

Die Lösung des Problems, die Köng und der Postfinance-Verwaltungsrat anstrebten, war politisch: Das Kreditverbot für das Staatsinstitut sollte fallen, damit dieses die Spareinlagen direkt als zinsträchtige Hypotheken hätte ausleihen können.

Hinter diese Strategie scharte sich auch der Bundesrat. Dieser war sogar bereit, eine Privatisierung zu ermöglichen und damit auf Anteile (und Dividenden) für den Staat zu verzichten. Das Parlament, wo konkurrierende Hypothekar-Institute über eine starke Lobby verfügen, erteilte dem Ansinnen im vergangenen Jahr aber eine definitive Absage.

Das war indessen zu erwarten gewesen; zudem erschien es nie schlüssig, warum gerade der Einstieg ins hart umkämpfte Hypothekar-Geschäft die Wende für Postfinance hätte bringen sollen. Dennoch drängte die Postfinance-Spitze auf das Ende des Kreditverbots – und argumentierte gar mit der immer schlechter werdenden Verfassung des eigenen Unternehmens, um die Dringlichkeit der Forderung zu unterstreichen. finews.ch verglich die Postbank einmal mit einem Dampfer, der absichtlich auf den Eisberg zuhält.

Anderswo längst ausgewechselt?

Operative Alternativen zum bisherigen Geschäftsmodell beobachtete man hingegen weniger. Wohl kam es 2020 zu einer Reorganisation, welche auch die Digitalisierung im Unternehmens besser verankerte. Zukunftsweisende Projekte wie die Banking-App Yuh oder die Vermittlungsplattform Valuu sind zwar leidlich erfolgreich, konnten aber den Befreiuungsschlag bei der vom Zinsengeschäft geprägten Bank auch nicht liefern.

Auch beim Aufbau eines Vermögensverwaltung-Geschäfts mit Retailkunden sind Konkurrenten wie Raiffeisen inzwischen mindestens so energisch unterwegs wie die «Postfinänzler» in Bern.

Gut möglich, dass bei anderen Banken ein ähnlich starr auf ein Rezept eingeschworenes Management längst ausgewechselt worden wäre, zumal bei einer sich stetig verschlimmernden Lage. Die Eigentümer von Postfinance kamen aber dem Vernehmen nach zum Schluss, dass mit der Entfernung Köngs das Unternehmen nur zusätzlich destabilisiert worden wäre. In der Folge blieb er, ja musste bleiben – bis sich Besserung einstellte.

Der Zinswende sei Dank

Das ist nun tatsächlich der Fall, dank der Zinswende. In den Resultaten der Postbank zeichnet sich bereits positiv ab, dass am Anleihen- und Geldmarkt wieder mehr Rendite zu holen ist. Das gestrandete althergebrachte Geschäftsmodell, so scheint es, wird endlich wieder von der Flut der steigenden Zinsen gehoben.

Für den heute 57-Jährigen ist der Zeitpunkt für einen Wechsel nun ideal, wie sich Köng in der Mitteilung vom Montag zitieren liess. «Postfinance hat die Hausaufgaben in Bezug auf ihre Strategie gemacht und mit der Zinswende sind die Perspektiven aus heutiger Sicht positiv», so der noch-CEO. Einigermassen stützen lässt sich nur der zweite Teil dieser Aussage, denn bei der Post-Tochter blieben diverse Baustellen – oder Hausaufgaben – weiterhin offen.

Grundversorgung und Notfallplan

So beugt sich die Politik bald erneut über die Staatsbank. Im zweiten Halbjahr 2023 werden die Vorschläge erwartet, die der Bundesrat bezüglich des Grundversorgungsauftrags der Post beim zuständigen Bundesamt Uvek in Auftrage gegeben hat. Mit schnellen Würfen ist aber danach nicht zu rechnen, zog sich doch die letzte Revision des Postgesetzes über zehn Jahre hin. Das Ende des Kreditverbots, das nur durch eine Änderung des Postorganisation-Gesetzes herbeigerufen werden kann, liegt damit in weiter Ferne.

Dringlicher aus Sicht des Schweizer Finanzsystems ist, dass Postfinance die von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) geforderten Notfallpläne abliefert. Das Institut erfüllt zwar die Eigenmittelanforderungen der Behörde, hat aber nach deren Massgabe unzureichende verlustabsorbierende Mittel reserviert, um im Krisenfall neu mit Kapital ausgestattet und weitergeführt zu werden.

Mühlen mahlen langsam

Während andere systemrelevante Inlandbanken wie die Zürcher Kantonalbank und die Raiffeisen Gruppe grundsätzlich über genügend freies Kernkapital für die Umsetzung verfügen, ist der Notfallplan bei Postfinance von Gesetzesänderungen und Zusicherungen des Bundes abhängig. Und dort mahlen die Mühlen bekanntlich langsam.

Beide Baustellen wird deshalb die Nachfolgerin oder der Nachfolger Köngs mit ziemlicher Sicherheit erben. Doch zuerst müssen sie oder er noch gefunden werden.

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