Die Übernahme der Credit Suisse ist eine eigentliche Zwangsfusion. Obschon die Käuferin UBS und die Behörden die Risiken nach Kräften zu mindern suchten, sind die Gefahren für die grösste Schweizer Bank im volatilen Umfeld beträchtlich.

«Wir sind der UBS dankbar», sagte Finanzministerin Karin Keller-Suter am gestrigen Sonntag anlässlich der Ankündigung der Übernahme der Credit Suisse (CS). Und Colm Kelleher, der Präsident des so verdankten Instituts, hielt fest, er sei froh, heute hier zu sein. Denn: «Dieser Zusammenschluss bietet gewaltige Chancen.»

Es waren süsse Worte zu einem bitteren Business. Während der noch-CS-Präsident Axel Lehmann zuweilen angestrengt lächelte, zeigten die Mundwinkel Kellehers an der Konferenz wie festbetoniert nach unten. War dies das Pokerface eines Wallstreet-Veteranen – oder drückte da der Unmut über eine Lösung durch, die nur als Zwangsfusion bezeichnet werden kann?

Wahrung von Schweizer Interessen

Wie finews.ch bereits kommentierte, ist der Zusammenschluss von Anfang an verkorkst. Für den Bundesrat, die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) war aber die Sicherung der Landesinteressen – die Stabilität der Volkswirtschaft und des hiesigen Finanzsystems – von allerhöchster Priorität.

PK 2222

Die Abwicklung der Bank, so erklärte Bundesrätin Keller-Sutter am Sonntag, hätte möglicherweise eine Finanzkrise nach sich gezogen. Eine Staatsrettung mit zeitweiliger Übernahme der CS durch den Bund (Temporary Public Ownership, TPO)  hätte wiederum das Too-big-to-fail-Regelwerk, das die Schweiz seit der Finanzkrise von 2008 entwickelt hat, ad absurdum geführt.

Als Ausweg blieb so nur die privatwirtschaftliche Übernahme mit Staatsunterstützung. Das einzige Schweizer Unternehmen, das die Prämissen dafür nur annähernd erfüllen konnte, war die UBS.

Gewaltige Garantien

Wie ungemütlich der Zusammenschluss für die so auserkorene Käuferin werden könnte, lässt sich an den gewaltigen Sicherheiten erahnen, welche die Nationalbank teils mit Garantien des Bundes für das Fusionsprojekt bereitstellt: Neben den vergangenen Donnerstag für die CS gesprochenen 50 Milliarden Franken ist dies ein brandneuer «Public Liquidity Backstop» (PLB) von insgesamt 150 Milliarden Franken.

Um die Übernahme der CS durch die UBS zu ermöglichen, übernimmt der Bund zudem ganz direkt eine Verlustgarantie von maximal 9 Milliarden Franken auf einem am Sonntag nicht näher bestimmten Derivate-Portefeuille. Wie UBS-Präsident Kelleher ausführte, handle es sich um möglicherweise problematische Positionen, welche die UBS sowieso abwickeln wolle. Für ein genaues Inventar der Risiken habe die Zeit der kurzfristig anberaumten Due-Diligence-Prüfung aber nicht gereicht.

Schlummernde Risiken

Zu wenig Zeit zur profunden Prüfung: das könnte sich auch anderswo für die Käuferin rächen, werden doch bei der skandalgeplagten CS noch zahlreiche Risiken vermutet. Das war mitunter der Hauptgrund, warum sich für das Geldhaus trotz sehr günstiger Bewertung an der Börse in den vergangenen Monaten nie ein Interessent gefunden hatte. Auch die UBS, welche die CS-Fusion bereits vor drei Jahren im Planspiel «Signal» durchexerziert hatte, zeigte sich bislang nicht interessiert.

Nun versucht die Grossbank, wenigsten ihr eigenes finanzielles Risiko so tief wie möglich zu halten. Der zuerst kolportierte Kaufpreis von 1 Milliarde Franken ist nicht zustande gekommen; mit 3 Milliarden Franken zahlt die UBS den CS-Eignern statt 25 nun 76 Rappen je Aktie. Dies, nachdem das Papier am vergangenen Freitag mit 1.86 Franken aus dem Handel gegangen ist. Für die CS-Aktionäre sei das besser als nichts, betonte SNB-Präsident Thomas Jordan an der Konferenz.

Mit der Verdauung beschäftigt

Doch den Anteilhaltern der UBS könnte am Montag deswegen nun ebenfalls ein Rücksetzer an der Börse drohen. Und angesichts des volatilen Umfelds für Bankaktien lässt sich schwer abschätzen, was ihnen daraus noch erwachsen mag.

Wie die Grossbank weiter mitteilte, soll die Übernahme bis spätestens im Jahr 2027 positiv zum Gewinn je Aktie beitragen – was gleichzeitig auf vier Jahre hindeutet, während denen die UBS mit der Verdauung der Erzrivalin von einst beschäftig sein wird. Das sind aber just Jahre, in denen die Grossbank eigentlich ins Wachstum der Vermögensverwaltung und den digitalen Wandel investieren wollte und den Aktionäre mehr Dividenden und Akienrückkäufe in Aussicht stellte. Was mit diesen Plänen geschieht, wird sich noch weisen.

Eines steht jedoch seit dem Sonntag fest: Für die UBS gibt es kein Hintertürchen zur Transaktion. Von jetzt an geht es nur vorwärts, wie Präsident Kelleher klar machte. «Es gibt keine Alternativen. Wir werden diesen Deal erfolgreich abschliessen.»