Dass die Schweiz gerade als Innovations-Weltmeister ausgezeichnet wird, ist für den Schweizer Finanzplatz gewissermassen ein Rettungsring. Nach einem verlorenen Jahrzehnt sind neue Impulse dringend gefragt.

Der Niedergang der Credit Suisse hat sich hierzulande bereits als grosse Krise ins Gedächtnis eingebrannt. Das sonst so um seine Rechtsstaatlichkeit und Stabilität besorgte Land musste harte Kritik einstecken, weil diese Tugenden bei der grössten europäischen Bankenfusion seit der Finanzkrise nicht gerade vorbildlich geachtet wurden und viel Investorenvertrauen verloren ging.  

Einen weiteren Rückschlag musste das erfolgsverwöhnte Land hinnehmen, als die renommierte Kaderschmiede IMD mit Sitz in Lausanne unlängst ihre jährliche Rangliste der wettbewerbsfähigsten Volkswirtschaften veröffentlichte. Darin rutschte die Schweiz hinter Dänemark und Irland auf den dritten Platz ab.

Der Markt als Richtschnur

Etwas Balsam liefert nun eine Innovationsstudie der Singularity Group. Die Schweizer Denkfabrik hat in einer Umfrage unter rund 1'700 Führungskräften von börsenkotierten Unternehmen ermittelt, dass die Schweiz mit deutlichem Abstand vor Taiwan und den USA das innovativste Land der Welt ist, zumindest gemessen an den gegenwärtig erzielten Einnahmen mit Innovationen.

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(Bild: Singularity Group)

Die Innovationsumsätze der Schweiz belaufen sich auf 8'400 Dollar pro Kopf oder 2,1 Prozent der gesamten weltweiten Innovationsumsätze von 3’401 Milliarden Dollar. Dabei konzentrieren sich die Einnahmequellen mit 45 Prozent überraschenderweise nicht etwa auf den Pharma-, sondern auf den Industriesektor.

Trend zur Reindustrialisierung

Die Industrie hat ihren Anteil seit 2018 mehr als verdoppelt, weshalb die Studienautoren einen klaren Trend zur Reindustrialisierung erkennen. Davon profitieren vor allem die anwendungsorientierten Industrieunternehmen, von denen nicht wenige in der Schweiz angesiedelt sind.

Innovationen schaffen Unternehmen vor allem, wenn sie im eigenen Haus tüfteln, wie die Studie zutage fördert. Ausserdem schrauben innovative Unternehmen weniger an ihren Kosten, sondern richten ihren Blick nach aussen und legen ihr Augenmerk etwa auf bessere Kundenerlebnisses, erweitern zügig ihr Produktangebot, erschliessen neuer Märkte oder ersetzen veraltete Produkte.

Kein Gross gegen Klein

Keine messbare Rolle spielen hingegen die Höhe der Forschungs- und Entwicklungsausgaben oder die Investitionen in Kapitalgüter. Demnach ist es ein Mythos, dass jüngere und kleinere Unternehmen auf der Innovationsbühne den Ton angeben.

Als grösste Auslöser für die Umwälzungen identifiziert der Bericht die Künstliche Intelligenz, neue Energien und die Datenflut («Big Data»). Von diesen neuen Technologien wirkt gemäss der Studie «Big Data» in der Finanzbranche derzeit am stärksten.

Ein schlafender Riese

Auf längere Frist geht jedoch vom Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz (KI) eine enorme Kraft aus, denn das Finanzwesen als stark wissens- und technikbasierter Wirtschaftszweig kann besonders von KI-Anwendungen profitieren.

So haben Experten von McKinsey vorgerechnet, dass die Nutzung von KI im Bankensektor einen zusätzlichen Ertrag zwischen 200 und 340 Milliarden Dollar schaffen kann, wie auch finews.ch berichtete.

Digitaler Tresor der Welt

Ein wichtiges Anwendungsfeld sehen die Berater von McKinsey darin, bestehende IT-Anwendungen zu modernisieren. Viele Banken stützen sich im Tagesgeschäft auf verschachtelte IT-Systeme, die über die Jahre zu einem Flickwerk geworden sind.

In der Schweiz nimmt die Finanzbranche etwa bei Verwahrlösungen für digitale Vermögenswerte gemäss dem «Swiss Digital Asset Custody Report 2023» international eine Spitzenrolle ein. Ob die Branche nicht nur als digitaler Tresor der Welt, sondern auch in anderen Disziplinen wie Blockchain-Anwendungen oder der Vermögensverwaltung ein innovatives Spitzenzentrum bleibt, muss sich allerdings erst noch weisen.

Dass sich das Land gerade als Innovations-Weltmeister schmücken kann, lässt aber zumindest hoffen.

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