Von der Übernahme der Credit Suisse hat bisher vor allem eine Anspruchsgruppe profitiert. Nicht von ungefähr kennt der UBS-Aktienkurs seit der Übernahme der kleineren Konkurrentin nur noch eine Richtung.

Sergio Ermotti hat keine Zeit für Nostalgie. Das sagte er am vergangenen Donnerstag klipp und klar, als er die Vollintegration des Schweizer Geschäfts der Credit Suisse (CS) verkündete.

Stattdessen schaut der CEO der UBS lieber nach vorne, dorthin, wo die nächsten Wegmarken für die Integration der CS liegen: Bis im Jahr 2024 soll der Zusammenschluss der Rechtseinheiten erfolgen, bis 2025 das Verschwinden des Brands Credit Suisse am Markt, bis 2026 Kostenersparnisse von 10 Milliarden Dollar sowie eine Eigenkapital-Rendite von 15 Prozent.

Schon fast zum inneren Wert

Dieser Fokus kommt bisher vor allem an einem Ort gut an – an der Börse. Am vergangenen Donnerstag kletterte der Aktienkurs der UBS zeitweilig um bis zu 6 Prozent und notiert aktuell bei knapp 23.60 Franken. Die UBS-Titel haben seit der Zwangsübernahme der CS im vergangenen März mehr als einen Drittel an Wert gewonnen. Damit handeln sie mit bei einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,99 nur noch minimal unter dem inneren Wert des Unternehmens.

Chart-Techniker weisen ihrerseits aufgeregt darauf hin, dass der Kurs damit einen langjährigen Korridor unterhalb von 20 Franken verlassen hat. Und eine Mehrheit der Analysten empfiehlt die Aktie zum Kauf.

Die Fans frohlocken

Zu dieser Zunft zählt auf Kian Abouhossein, der viel beachtete Bankenanalyst der amerikanischen Grossbank J.P. Morgan. Von Anfang an ein Fan der CS-Übernahme, betrachtet er die UBS als künftiges «Wealth Management Powerhouse». In seinem neuesten Report erwartet der Experte nun eine deutlich erhöhte Ertragskraft. Die Renditeziele der UBS für 2026 implizierten, so Abouhossein, dass der Reingewinn in die Bandbreite von 12 Milliarden Dollar klettere.

«Aus unserer Sicht ist dies ein anspruchsvolles Ziel», findet der Analyst. Aber eines, dass er dem Institut offenbar zutraut. Bis Ende 2024 sieht er den Aktienkurs der UBS bei 27 Franken stehen.

Gedanken über soziale Auswirkungen

Dies alles zeigt: nach langen Jahren mit einem dahindümpelnden Aktienkurs kommt die UBS bei den Investoren bestens an. Was damit zusammenhängen dürfte, dass die Grossbank unter der Führung von Ermotti den Bedürfnisse jener Anspruchsgruppe besonders viel Gewicht beigemessen hat.

Bei einem privatwirtschaftlichen Unternehmen, das an der Börse kotiert ist und dessen Aktien sich zumeist im Streubesitz befinden, ist dies zwar nicht weiter verwunderlich. Jedoch waren von der UBS nach der Übernahme der CS auch andere Töne zu vernehmen. So hatte Ermotti Ermotti vergangenen Juni an einer Branchenveranstaltung erklärt, man mache sich Gedanken über die sozialen Auswirkungen des Zusammenschlusses.

Seine Bank, sagte der Manager damals, wolle «die Schweiz, unsere Kunden und unsere Angestellten glücklich machen».

Die beste Lösung?

Vergangenen Donnerstag war von der Rücksicht auf andere Anspruchsgruppen kaum noch die Rede. Stattdessen dominierten kühle Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit. Die UBS, so hiess es, habe die Option einer eigenständischen CS Schweiz gründlich geprüft; sie sei dabei zu Schluss gelangt, dass die Schweizer Bank zu kämpfen gehabt hätte, unter anderen an einer geringen Profitabilität und einer letztlich zu geringen Grösse.

«Eine vollständige Integration ist für die UBS, unsere Anspruchsgruppen und die Schweizer Wirtschaft die beste Lösung», kommentierte Ermotti den Entscheid.

Doch angesichts Tausender von bevorstehenden Entlassungen und Zehntausender CS-Kunden, die von einem Transfer ihrer Gelder und Portefeuilles stehen, sind Zweifel an jener Aussage angebracht. Die Angestellten müssen sich mit einem von der UBS zusätzlich ausgepolsterten Sozialplan begnügen, und die CS-Kunden auf das Versprechen hoffen, der Wechsel werde ihnen so einfach wie möglich gemacht.

«Einziger Grund ist Effizienzsteigerung»

Gegen ein Vorgehen, dass allein den Gewinn ins Zentrum stellt, regte sich im Vorfeld der nun erfolgten Vollintegration denn auch Kritik. «Der einzige Grund, der für eine Integration spricht, ist die Effizienzsteigerung und damit die Aussicht auf mehr Gewinn», sagte etwa Sandro Schmid zu finews.ch. Der Bankenberater und Risikomanagement-Profi hält die Vollintegration grundsätzlich für risikoreich und extrem teuer.

Doch bei der UBS konzentriert sich CEO Ermotti weiterhin auf die Bedürfnisse seiner Aktionärinnen und Aktionäre, zumal sich die UBS inzwischen aller direkten Verpflichtungen gegenüber dem Staat entledigt hat. Bei der Integration würden die Bank und deren Aktionäre auch weiter ein Risiko tragen, gab er in einem Presseinterview zu bedenken: Nur wenn gut gearbeitet werde, bleibe dank der Fusion ein Gewinn zurück.

Zumindest aus der Perspektive des Shareholder-Value sind die Prioritäten richtig gesetzt.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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