Die UBS kombiniert nach der Übernahme der Credit Suisse die Research-Abteilungen der beiden Grossbanken. Das führt nun zu Kritik in der Szene – und Bond-Emittenten drohen auch ganz handfeste Konsequenzen.

Seit der offiziellen Übernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS vom vergangenen Juni hat sich für die Kundinnen und Kunden bisher nicht viel geändert. Die CS-Filialen öffnen weiter ihre Türen, die Bankautomaten spucken weiter Bargeld aus, und auch das Online-Banking läuft wie gewohnt.

Doch jetzt kündigt sich für einen gewissen Kundenkreis die erste greifbare Auswirkung der CS-Übernahme an. Die Research-Abteilungen sowohl im Wealth-Management als auch im Investmentbanking werden kombiniert, und unter das Dach der UBS verfrachtet.

Zugang zur UBS-Research-Plattform

Den Anfang macht das Wealth Management. Hier wurden die Kunden der CS darüber informiert, dass sie in den kommenden Wochen Zugang zur Research-Plattform der UBS erhalten werden, wie auch die Nachrichtenagentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) berichtet. Die Kunden profitieren damit von einem breiteren Angebot – zumindest absolut gesehen.

In dem Kundenmemo, das auch finews.ch vorliegt, weist die UBS auf die deutlich ausgeweitete Abdeckung hin. Bei den Einzelaktien verdoppele sich dieses auf über 3’000 Werte. Beim Anleiheuniversum erhöht sich die Anzahl der bewerteten Bonds auf 18’000 von bisher 2'600, so das Versprechen.

Abseits der Multis

Doch mit dem Schritt verstummt auch eine gewichtige Stimme im Chor der Bewertungen. Das CS-Research steht nur noch bis Anfang Oktober als Archiv zur Verfügung. Konsensschätzungen, gerade bei kleineren und wenig abgedeckten Unternehmen, werden damit schwieriger und weniger aussagekräftig.

Für Schweizer Unternehmen abseits der Multis wie Roche, Novartis oder Nestlé bleiben damit neben der UBS noch die Zürcher Kantonalbank, Vontobel, Pictet, der Broker Baader Helvea oder der unabhängige Schweizer Aktienresearch-Anbieter Research Partners mit einer nennenswerten Abdeckungen übrig.

Kreditanalyseangebot der CS wird eingestellt

Das betrifft nicht nur die Bewertung von kotierten Unternehmen, sondern auch die Einschätzungen zu Anleihe-Emittenten. Im Rahmen der Integration wird das Kreditanalyseangebot der Credit Suisse per sofort eingestellt, wie auch die Nachrichtenagentur «AWP» berichtet.

Die Abteilung hatte in der Schweiz 61 Unternehmen, alle 26 Kantone, sechs Schweizer Städte und elf inländische Kraftwerkbetreiber abgedeckt. Das betraf damit insgesamt 278 Franken-Anleihen, wie das Schweizer Bonitäts- und Research-Unternehmen Independent Credit View (I-CV) schreibt.

Die Krux mit dem Swiss Bond Index

Damit verliert der Anleihenmarkt an Meinungsvielfalt, und der Einfluss der wenigen verbleibenden Anbieter steigt entsprechend an. Insbesondere bleiben einzig die UBS- und ZKB-Ratings für Schweizer Anleihen übrig. In diesem Zusammenhang drohen Firmen gar Probleme in Bezug auf den Swiss Bond Index.

«Es könnte Emittenten geben, die aus dem Index fallen werden, wenn sie keine Bonitätsprüfung bei den Agenturen in Auftrag geben», sagte I-CV-Chef Christian Fischer auf Anfrage. Und das ist mit Kosten verbunden. Eine Ersteinstufung koste bei den grossen amerikanischen Rating-Agenturen Moody’s, S&P oder Fitch zwischen 60'000 und 100'000 Franken. Danach fallen dann jährliche Gebühren an.

Ab Ende Dezember nicht mehr erneuert

Es sei zudem eine Schweizer Spezialität, dass Banken, welche mit der Begleitung von Kapitalmarkttransaktionen attraktive Gebühreneinnahmen generieren, auch ein Rating derselben veröffentlichen, heisst es weiter. Aus Governance-Sicht sei das nicht unproblematisch, auch wenn es sich über Jahrzehnte so etabliert habe.

Die Börsenbetreiberin SIX wies darauf hin, dass die Ratings der CS auf Emittenten, welche nicht von der UBS abgedeckt werden, bis am 20. Dezember 2023 ein «Grandfathering» erfahren. Das bedeutet, dass die alten Ratings und Regeln einfach beibehalten werden, obwohl sich niemand mehr darum kümmert und die Emittenten aktiv überwacht.

Wer analysiert noch was?

Gerade im Anleihensegment hatte auch das von der CS jährlich publizierte «Kredithandbuch Schweiz» zu den Emittenten als Nachschlagewerk für institutionelle Investoren eine wichtige Rolle.

Die Kombination des Research unter dem Dach der UBS wird mittelfristig aber noch auf anderen Gebieten Wirkung zeigen. Man denke nur an die Analysen zum Schweizer Immobilienmarkt, den Pensionskassen oder allgemeine Konjunkturprognosen.

Zu der Frage, welche personellen Konsequenzen sich daraus ergeben, schweigt sich die Grossbank aus. Aber eins ist ziemlich sicher: Doppelt besetzte Posten werden im Zuge der geplanten Kosteneinsparungen abgebaut werden.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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