Der CEO der Zürcher Kantonalbank Urs Baumann dämpft die Hoffnungen der Branche auf Geschäft von der untergegangenen Credit Suisse. Dafür sei der Kuchen zu klein. Und es werde länger dauern, bis er verteilt sei, hat er einer prominent besetzten Podiumsdiskussion zum Finanzplatz erklärt.

Es schwang ein wenig Resignation mit, als Urs Baumann in seinem Vortrag am «Finance Circle» zum Wochenauftakt in Zürich über die erwarteten Folgen der Credit-Suisse-Übernahme durch die UBS referierte. «Der CS-Effekt wird nicht so stark ausfallen wie allgemein angenommen», sagt der Chef der Zürcher Kantonalbank (ZKB) in Bezug auf die erwarteten Wanderungsströme im Schweizer Bankgeschäft nach der Not-Fusion. «Ich habe schon oft versucht, es Medienvertretern darzulegen, bin aber dabei nicht immer durchgedrungen.»

Dabei geht Baumann davon aus, dass von den rund 4,5 Milliarden Franken Erlös, den die CS in der Schweiz erzielt, in den kommenden drei Jahren rund 40 Prozent neu verteilt werden. Das stehe im Verhältnis zu einer Erlös-Umverteilungen zwischen den Schweizer Banken von grob geschätzt 6 Milliarden Franken in einem normalen Jahr. Das sei das Geld, dass sich bei Firmen, institutionellen und privaten Anlegern und Retail-Kunden normalerweise bewegen würde.

«Money in Motion»

Und das sei im Vergleich zu den rund 50 Milliarden Franken Gesamterlös der Schweizer Banken pro Jahr nicht viel. Den erwarteten CS-Effekt durch das «Money in Motion» beziffert Baumann auf einen Erlös-Wert von 0,8 Milliarden Franken im laufenden Jahr. Für die Jahre 2024 und 2025 geht er von zusätzlichen jeweils einer halben Milliarde zum Normalwert aus.

«Natürlich ist die ZKB als eine der beiden verbleibenden Universalbanken des Landes gut positioniert, um einen Teil des freiwerdenden Geschäfts an sich zu ziehen.» Aber die Wahlmöglichkeiten der Kunden seien gross. So gebe es inklusive der Auslandsbanken rund 110 Banken für Retail-, Affluent- und KMU-Kunden, weitere rund 110 Privatbanken sowie rund 45 grosse Vermögensverwaltungs-Firmen. Die Zahl der Institute für grosse Firmenkunden mit entsprechendem Investmentbanking betrage rund 20. Gerade im Schweizer Investmentbanking sei die CS ein Schlüsselakteur gewesen.

Kantonalbanken sind zur Stelle

Für die meisten Kunden sei damit auch weiterhin eine breite Palette an Möglichkeiten vorhanden. Für Privatkunden, KMU und Institutionelle werde es nur geringe Auswirkungen geben. Global aufgestellte Grossfirmen hätten auch Zugang zum globalen Kapitalmarkt.

Baumann geht davon aus, dass sich einzig für die national aufgestellten Schweizer Grossfirmen mit starkem «Home Bias» die Bedingungen, unter denen sie Zugang zum Schweizer Kredit- und Kapitalmarkt erhalten, einschränken können. «Das kann auch die ZKB im Alleingang nicht kompensieren», sagte Baumann. Das gehe nur im Pool mit anderen Kantonalbanken, um etwa Konsortialkredite zu ermöglichen.

Strategie bleibt gleich

«Durch das Ende der CS ändert sich für uns erstmal nicht viel. Wir haben nicht vor, den Platz der CS einzunehmen», betonte Baumann. Als eine der Aufgaben der ZKB sieht es der CEO zudem, die Verantwortung gegenüber dem Kanton wahrzunehmen.

In Folge der Diskussion um die Grösser der UBS warnte er zudem vor Über-Regulierung und Einschränkung an der falschen Stelle. Dabei müssten immer auch die Konsequenzen beachtet werden. «Bei einer ungewichteten Eigenkapitalquote von 15 Prozent müssten wir rund 60 Prozent unserer Hypotheken kündigen», warnte er. Auch die beiden anderen Möglichkeiten, um die Kapitaldecke zu stärken, seien schlecht. «Entweder man fragt beim Kanton nach Finanzierung an, oder es gibt auf Jahre keine Gewinn- und Dividendenausschüttung mehr.»

Baumann warnte davor, gesunde Institute unter den Folgen leiden zu lassen. «Die Regulierung muss dort stattfinden, wo die Fehler passiert sind, und nicht dort wo es keine Fehler gab.»

Regulierung mit Samthandschuhen

Auch Roman Studer (Bild unten), der CEO der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg), fürchtet regulatorische Schnellschüsse, die sowohl national aus auch im internationalen Wettbewerb zu Verzerrungen führen können. Er wiederholte die zurückhaltende Verbandsposition, dass am Anfang eine gründliche Analyse stehen müsse, und die sei noch lange nicht abgeschlossen.

Roman Studer

(Bild: SBVg)

«Das war ein Versagen auf Seiten der CS, nicht des Systems», sagte Studer. Anpassungen in der Regulierung müsste zielgenau und wirksam vorgenommen werden. Zudem sei es nicht die Schweiz allein, die über eine Reform der «Too-big-to-fail»-Vorkehrungen nachdenke. Auch in Europa, beim Financial Stability Board oder in den USA werde der Fall CS analysiert.

Immer für die letzte Krise gebaut

«Regulierung bildet immer die vergangene Krise ab», sagte Studer. Man müsse prüfen, ob man die Warnsignale weiter fassen müsse. Im Fall der CS habe sich gezeigt, dass die Kriterien, bei denen eine hohes Risiko angezeigt wurde, erst dann erfüllt waren, als es eigentlich schon zu spät war. «Wir müssen vielleicht bei der Liquiditätssteuerung ansetzen und andere Faktoren wie Geschäftsgang, Komplexität, Rechtsrisiken, Reputation und die Fähigkeit zur Korrektur stärker berücksichtigen», so der Verbandschef weiter.

Auch nach der CS-Krise habe der Schweizer Finanzplatz seine Attraktivität bewahrt. Mit der hohen Qualität und Professionalität, des Stabilität des Landes und der Währung und den weiter intakten Vorzügen der «Swissness» steht die Finanzindustrie weiter gut dar, so der Branchenvertreter.

50:50 für eine langfristiges Überleben der UBS

Gefragt, wie zuversichtlich auf einer Skala von null bis zehn er sei, dass die UBS in Zukunft keine Rettung brauche, vergab Studer denn auch – fast schon pflichtbewusst – sogleich die Bestnote. ZKB-Chef Baumann vergab eine acht.

Nur der bekannte Banken-Historiker Robert Vogler, der als Einleitung in die Veranstaltung einen Parforce-Ritt durch mehr als 200 Jahre Schweizer Bankengeschichte absolviert hatte, kam bei seiner Zuversicht für die UBS nicht über einen Mittelwert hinaus. «Ich schätze die Chancen für ein langfristiges Bestehen der UBS auf fünf bis sechs, ich hoffe sechs», sagte er.

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