Das harte Arbeiten scheint im Jahr 2023 etwas zu kurz gekommen zu sein, oder zumindest dem Banker weniger zu liegen als dem Banquier. Das findet Fabian Käslin in seinem Gastbeitrag für finews.ch und hofft, dass 2024 ein Jahr wird, in dem die Schweizer Finanzbranche wieder eher durch starke Resultate und noch stärkere Werte von sich reden macht.

Der Champagner liegt gekühlt, die Feuerwerks-Raketen sind positioniert, und das Fondue-Chinoise-Caquelon ist poliert: Wir sind bereit für Silvester. Bereit für ein neues Jahr.

Ein guter Zeitpunkt, nochmals aufs alte Jahr zurückzublicken. Was hat sich getan in der Finanzwelt, insbesondere der schweizerischen? Drei Beobachtungen dazu.

Fabian Kaeslin 2023 2024

Fabian Käslin, CEO Banque Havilland, Schweiz und Liechtenstein (Bild: zvg)

1. Die Credit Suisse ist nicht mehr

Am 5. Juli 1856 gründete der Schweizer Unternehmer und Politiker Alfred Escher in Zürich die Schweizerische Kreditanstalt (später Credit Suisse, CS) – im vergangene März dann hat man sie in Bern zu Grabe respektive in die Hände der UBS getragen.

Ein plötzlicher Tod war es nicht, und doch kam er irgendwie überraschend. Bis zum Jahresende und wohl noch lange darüber hinaus wird uns dieses Ereignis beschäftigen.

Weihnachtsgans geschlachtet

Wer 2023 die Finanzpresse las, kam kaum noch nach, wie viele CS-Talente zu einer neuen Arbeitgeberin wechselten. Die Weihnachtsgans scheint geschlachtet – die Kollegen der Genfer Privatbanken oder auch jene der grossen Zürcher Häuser schlagen sich die Bäuche voll. Man erwartet viel Feuerwerk. Was davon dann wirklich bleibt, wird ein Thema für einen der nächsten Jahresrückblicke sein.

Grundsätzlich ist weniger Wettbewerb selten gut – weder für die Kunden noch für die Mitarbeitenden oder den Finanzplatz – und der selbstverantwortete Niedergang der CS ist für das Image der Schweiz in der globalen Welt sicherlich nicht von Vorteil; 2023 war demnach eher ein schlechtes Jahr für den Schweizer Finanzplatz. Umso mehr ist den Verantwortlichen bei der UBS nur das Beste zu wünschen – es steht für uns alle sehr viel auf dem Spiel.

2. Die Comebacks des Jahres

USA schlägt Puerto Rico: Nach drei Jahren an der Spitze der «most streamed artists» musste Bad Bunny den Platz räumen: Taylor Swift übernahm die Führung – sie sang sich nahezu 27 Milliarden (!) mal direkt in unsere Ohren.

Einen ähnlich starken Auftritt feierten 2023 das Duo «Zinsen und Inflation»: Die Einkäufe wurden teurer, die Nachfrage nach Luxusgütern ging etwas zurück, die Autohändler lockten wieder mit Rabatt, und die Banken verbuchten starke Zins-Einnahmen – zumindest die Mehrheit.

Gleichwohl fällt das Fazit etwas unklar aus: Die Schweiz kann sich einmal mehr dank ihrer starken Währung etwas besser abschirmen: Inflationsmässig geht es uns sehr viel besser als den Kollegen in der EU – aber sich an den Schlechten zu messen, war noch nie gut im Leben.

Gemeinsam wären wir stärker

Der Schweizer Finanzplatz kam 2023 weniger gut weg. Negativschlagzeilen hielten auch nach der CS-Krise an und begleiten uns über den Jahreswechsel hinaus wohl weiter. Kurzfristig ist zu hoffen, dass meine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen bei Julius Bär die Thematik schnell und nachhaltig in den Griff bekommen. Und langfristig könnte etwas mehr gemeinsame Strategie und Image-Pflege dem Schweizer Finanzplatz durchaus guttun.

Es ist lobenswert, wie Sergio Ermotti dies im Moment nahezu im Alleingang versucht; an Veranstaltungen, auf LinkedIn, in Interviews und über Inserate-Kampagnen erklärt er der Welt, wie stark der Schweizer Finanzplatz und wie überschaubar die Grösse der UBS global ist, und wieso wir als Land noch immer die Nummer eins in der Welt der globalen Vermögensverwaltung sind.

Warum wir ihn da allein lassen, erscheint mir merkwürdig. Etwas mehr gemeinsame, globale Strategie würde dem Finanzplatz durchaus guttun. Doch das bleibt wohl ein Neujahrs-Vorsatz – ähnlich realistisch wie mein kürzlich erworbenes Fitness-Abo für 2024.

3. Dynamischer Stillstand

An den Finanzmärkten hat sich 2023 scheinbar wenig getan zu haben: Der Swiss Market Index (SMI) steht nahezu unverändert irgendwo nahe bei 11‘000 Punkten. Doch der Schein trügt: Die UBS-Titel haben gut 50 Prozent zugelegt, während jene der Bank Julius Bär knapp 15 Prozent an Wert einbüssten.

Der Bitcoin stellt mal wieder alles in den Schatten: Gut 140 Prozent (in Franken) ging es aufwärts – der Prozess um Sam Bankman-Fried konnte der Krypto-Währung wenig anhaben.

Heftig in der Kritik

Wesentlich routinierter als der FTX-Gründer bewegt sich Donald Trump im Gerichtssaal: Er scheint da auch mehr Zeit zu verbringen als der durchschnittlich gewählte Richter, und doch: Seine Pole-Position im Kandidaten-Karussell der Republikaner verteidigte er über das ganze Jahr 2023 hindurch problemlos. Da scheint sich sehr viel getan zu haben – und dennoch hat sich nichts geändert.

Ähnlich ergeht es Murat Yakin und unserer Nationalmannschaft: Am 22. Dezember 2022 rangierten unsere Schweizer Mannen noch auf Rang 12 der Fifa-Rangliste – genau dort, wo sie auch heute sind. Trotzdem stand Yakin übers Jahr hinweg heftig in der Kritik – ganz ähnlich wie der 45. Präsident der USA.

Joe Biden, findet sich in hohen Würden – als aktueller US-Präsident – und in noch höherem Alter – mit grossen geopolitischen Herausforderungen konfrontiert. Auch hier wenig Neues – jedoch kommt neben der ungelösten Ukraine-Situation, dem anhaltenden Kräftemessen zwischen den USA und China nun auch noch der Anti-Israel-Terror auf.

Apropos Politik: Die Schweiz hat ja auch mal wieder gewählt. Der Nationalrat leicht mehr bürgerlich und der Ständerat dann wieder mehr links. Wir sind uns also treu geblieben und haben auch hier nichts geändert.

Auf die Nuancen kommt es an

Vieles ändert sich trotzdem, und gar manches bleibt gleich – 365 Tage sind schliesslich eine überschaubare Messgrösse; da bleibt wenig Raum für grundlegende Veränderungen: Wichtig aber sind die Nuancen.

Und als Banquiers sollten wir uns deshalb bewusstwerden, dass der internationale Druck – zumeist politisch motiviert – kaum abnehmen wird: Erfolg ruft Neider hervor. Und gleichzeitig, ist dieser Erfolg nicht Gott-gegeben, sondern hart erarbeitet.

Anstossen auf 2024!

Das harte Arbeiten scheint aber in der jüngsten Vergangenheit etwas kurz gekommen zu sein, oder zumindest dem Banker weniger zu liegen als dem Banquier. Insofern ist zu hoffen, dass 2024 ein Jahr wird, in dem die Schweizer Finanzbranche wieder durch starke Resultate und noch stärkere Werte von sich reden macht.

So, dass der Jahresrückblick 2024 auch wirklich Champagner-würdig sein wird.


Fabian Käslin ist seit März 2023 CEO der Banque Havilland in der Schweiz und Liechtenstein. Zuvor war er Finanzchef und Chief Operating Officer (COO) der luxemburgischen Banque International à Luxembourg in der Schweiz (BIL Suisse) gewesen. Seine Bankkarriere startete der Schaffhauser vor fast 15 Jahren bei der Schweizer Grossbank UBS, später war er in verschiedenen leitenden Funktionen für die Bank Julius Bär tätig – hauptgewichtig in Lateinamerika sowie in der Region Europa, Nahost und Afrika (Emea).

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.68%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.62%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.16%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.06%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.47%
pixel