In Sachen Aus- und Weiterbildung haben bei mehr als 60 Prozent der Umfrageteilnehmer vor allem zwei Bereiche Priorität: Compliance und Informatik. Bei Banking und Finance sind es nur gut 40 Prozent. Wie interpretieren Sie dieses Resultat?

Es widerspiegelt lediglich die gegenwärtige Entwicklung in der Finanzbranche: Fintech-Anwendungen beeinflussen und verändern die Prozesse in der Informatik. Damit werden natürlich auch die Compliance-Abteilungen auf den Plan gerufen.

«Die Anzahl Stellen für weniger qualifizierte Tätigkeiten wird weiter abnehmen»

Die Dynamik ist auch bei der Entwicklung neuer Finanzinstrumente gross. Selbst wenn es «nur» um einzelne neue Produkte geht, muss die Abwicklung in den Informatiksystemen abgebildet werden. Auch in diesem Fall sind die Compliance-Abteilungen involviert.

Die Mehrheit der Umfrageteilnehmer erwartet, dass sowohl die Löhne als auch die Boni und das Stellenangebot auf dem Finanzplatz Schweiz tendenziell sinken werden. Entspricht dies auch Ihren Einschätzungen?

Ja. Bei den Stellenangeboten sind gut ausgebildete Spezialisten nach wie vor begehrt, während die Anzahl Stellen für weniger qualifizierte Tätigkeiten durch Automatisierung und Outsourcing in Länder mit tieferen Lohnkosten weiter abnehmen wird.

Angesichts der nicht eben rosigen Wirtschaftslage und der Situation auf dem Finanzplatz Schweiz sind sinkende Saläre und Boni nicht unrealistisch.

Wegen des zunehmenden Kostendrucks finanzieren die Arbeitgeber Aus- und Weiterbildungen nicht mehr so grosszügig wie früher. Müssen die Mitarbeiter vermehrt selber in die Tasche greifen?

Den beschriebenen Kostendruck nehmen wir ganz direkt wahr, obwohl unsere Ausbildungen ein Vielfaches günstiger sind als etwa ein MBA. Bei der Wahl einer Ausbildung sind aber nicht nur die Kosten relevant, sondern ebenso der zeitliche Aufwand.

Über 40 Prozent der Umfrageteilnehmer haben einen Master von einer Fachhochschule oder einer Universität, mehr als 20 Prozent haben einen eidgenössischen Fachausweis oder eine höhere Fachprüfung in der Tasche, und nur 10 Prozent verfügen noch über eine kaufmännische Grundausbildung. Bietet der Finanzplatz Schweiz nur Berufsleuten mit höherer Bildung eine Karriere?

Nein. Eine der grossen Errungenschaften der Schweiz ist das duale Bildungssystem. Die Berufslehre und berufliche Weiterbildung ermöglichen ebenso eine erfolgreiche Karriere wie die akademische Laufbahn.

«Die meisten Absolventen der Berufslehre erlangen früher oder später ein Diplom»

Dieses Nebeneinander zeigt sich auch in der Umfrageauswertung: Dass nur wenige Teilnehmer lediglich eine kaufmännische Grundausbildung vorweisen können, zeigt nochmals, wie zentral Weiterbildung für Finanzfachleute ist.

Die meisten Absolventen der Berufslehre erlangen früher oder später ein Diplom im Rahmen der beruflichen Weiterbildung. In den meisten Fällen ist ein solcher Diplomabschluss das Sprungbrett für den nächsten Karriereschritt.


Der 62-jährige Tessiner Giuseppe Benelli ist CEO a.i. der Bildungsstätte für Investment-Fachleute Azek und Mitglied des Vorstands der Swiss Financial Analysts Association (SFAA). Er blickt auf eine bald 30-jährige Karriere in der Finanzbranche zurück. Nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften und dem Doktorat an der Universität Bern stieg er bei der UBS ein.

Es folgten Stationen und Führungsfunktionen bei der Bank Leu (heute Credit Suisse), bei der Swiss Re und bei Vontobel, bis Benelli 2008 sein eigenes Beratungsunternehmen Benelli Consulting gründete. Er sitzt überdies im Verwaltungsrat der Hyos Invest, der Sberbank (Schweiz), Plenum Investments und Kraus Investment Solutions.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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