Vor der Corona-Krise verabschiedeten sich einige Banken von der Zürcher Nobelmeile und verlegten ihre Büros in die Peripherie. Nun schlägt das Pendel zurück. Top-Adressen an der Bahnhofstrasse sind wieder gefragt. Ein neuer Trend – mit einigen Risiken.

Der prominenteste Zuzug an die Zürcher Bahnhofstrasse war in jüngster Zeit derjenige von Pictet. Die Genfer Privatbank wechselte 2021 – mitten in der Coronakrise – von der Zürcher Freigutstrasse in den historischen «Leuenhof» (Bild unten).

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(Bild: finews.ch)

Pictet will den einheimischen Zürcher Instituten auf Augenhöhe begegnen. Das ist dem Geldhaus im wahrsten Sinne gelungen – möglich macht dies die Bahnhofstrasse, die Renommier-Meile des örtlichen Bankwesens.

Bewegte Vergangenheit

Denn das Gebäude, in dem die Zürcher Niederlassung der Privatbank nun sitzt, gilt nicht nur als eines der schönsten Jugendstilhäuser der Stadt. Es liegt auch fast vis-a-vis von den Grossbanken Credit Suisse (CS) und UBS am Paradeplatz – und gleich neben der Zürcher Traditionsbank Julius Bär.

Im «Leuenhof» residieren die Genfer Privatbanker in enger Nachbarschaft mit Gastronomie und Edel-Shopping. Ursprünglich war in dem Bau die 1755 gegründete Bank Leu zuhause gewesen, die 2011 schliesslich als Clariden Leu in das Mutterhaus CS  integriert wurde. Von der bewegten Vergangenheit zeugt nur noch der Name des Gebäudes.

City-Standorte erleben ein Revival

«Dass Banken einen repräsentativen Auftritt in der Nähe des Paradeplatz suchen hat in Zürich Tradition», sagt Jan Eckert, CEO der Immobilien-Beratungsfirma Jones Lang LaSalle (JLL) Schweiz, im Gespräch mit finews.ch. Eckert gilt als einer der besten Kenner des hiesigen Marktes für Gewerbeliegenschaften.

Die Standorte in der City hätten ein Revival erlebt, stellt der Experte fest. Es sei mittlerweile schwierig, entsprechend grosse zusammenhängende Flächen zu finden.

Auch die Mitarbeitenden im Blick

«Die Location ist den Banken wichtig, und die Attraktivität, nicht nur für die Kunden, sondern auch für die Mitarbeitenden, spielt dabei eine grosse Rolle», so Eckert weiter. Entsprechende Flächen mit 3'000 bis 4'000 Quadratmeter seien wirklich knapp. «In der Zürcher Innenstadt gibt es praktisch nur Renovationen und Totalumbauten, aber keine Neubauprojekte.»

In genau so einen Totalumbau zieht es auch Goldman Sachs. Die Schweizer Tochter der amerikanischen Investmentbank wird voraussichtlich 2024 an der Hausnummer 3 an der Bahnhofstrasse (Bild unten) logieren.

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(Bild: finews.ch)

An der neuen Adresse bezieht das Geldhaus drei der obersten Stockwerke. Bereits im vergangenen Jahr hatte Goldman Sachs angekündigt, den bisherigen Sitz an der Claridenstrasse verlassen zu wollen.

Vor Ort laufen derzeit umfangreiche Bauarbeiten, um das klassizistische Gebäude in ein modernes Geschäfts- und Bürohaus zu verwandeln. Der Bau wird dabei noch aufgestockt (Bild unten). Zuvor war dort einmal das Büro der Liechtensteiner VP Bank beheimatet gewesen, bevor diese an die Talstrasse umzog.

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(Visualisierung der Bahnhofstrasse 3, Bild: Partner Real Estate)

Im Wettbewerb mit Google

Wenn es um innerstädtische Büroflächen geht, stehen Banken im Wettbewerb mit grossen Tech-Firmen wie Google, für die Zürich wegen der Nähe zur ETH und dem Cluster-Effekt mittlerweile ein ganz wichtiger Standort ist. Auch bei Anwaltskanzleien und Vermögensverwaltern stehen City-Standorte hoch im Kurs.

Die Nachfrage und die Preise sind entsprechend hoch. Bis zu 900 Franken Miete pro Quadratmeter seien möglich, heisst es in der Branche. Klein, aber fein, ist vor diesem Hintergrund ein neues Motto. «Wir sehen auch einen Trend, dass Firmen eher weniger Fläche wollen, dafür aber eine hochwertigere Ausstattung», sagt JLL-Chef Eckert weiter. Gerade mit Blick auf die neuen hybriden Arbeitsmodelle mit Homeoffice mache das für viele Firmen Sinn.

Chinesen sprechen zweistelligen Millionenbetrag

Die von der chinesischen Legend Holdings kontrollierte Banque International à Luxembourg (BIL) ist Ende März 2022 von der Zürcher Beethoven- ebenfalls an die Bahnhofstrasse umgezogen (Bild unten).

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(Bild: finews.ch)

BIL Suisse beschäftigt in Zürich rund 70 Personen. Der Umzug an die Vorzeigeadresse im Herzen Zürichs sei Teil eines umfassenden Investitions-Programms im Gesamtumfang von rund 85 Millionen Franken, wie Bank-Chef Hans-Peter Borgh schon früher in einem Interview mit finews.ch sagte. Die Mittel hätten die chinesischen Besitzer gesprochen, um die BIL in der Schweiz neu zu positionieren.

Tram-Haltestelle nach Bank benannt

An der Zürcher Bahnhofstrasse sind jedoch nicht nur Zuzüger zu finden. Am «oberen» Ende, Richtung See, hat die Zürcher Kantonalbank (ZKB) ihren repräsentativen Hauptsitz. Sogar die Tram-Haltestelle ist nach ihr benannt (Bild unten). 

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(Bild: finews.ch)

Bereits seit Jahrzehnten – und dank der seinerzeitigen Übernahme der Nordfinanzbank – ist auch die Genfer Union Bancaire Privée (UBP) an der Bahnhofstrasse präsent – an der begeherten Hausnummer 1 (Bild unten).

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(Bild: finews.ch)

Umzug mit Ansage

Damit entsteht am See-Ende mit der ZKB, UBP, BIL und Goldman Sachs ein neues Cluster. Nicht zu vergessen ist, dass gegenüber der UBP und Goldman Sachs die Schweizerische Nationalbank (SNB) mit ihrer Zürcher Dependance an der Börsenstrasse sitzt (Bild unten).

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(Bild: finews.ch)

Gleichzeitig sind die Neuzuzüge viel mehr als nur ein Adresswechsel für die Banken. In den meisten Fällen ist der Umzug verbunden mit der klaren Absicht, am Platz Zürich und im Deutschschweizer Geschäft zu wachsen.

Sinnbildlich dafür darf einmal mehr Pictet im Leuenhof gelten: Als die Genfer dort einzogen, blieben rund 100 Arbeitsplätze frei. Auch das dürfte bei den alteingesessenen Bahnhofstrasse-Banken als klare Ansage verstanden werden. Gut möglich allerdings, dass der Trend zum Homeoffice, der sich im Verlauf der vergangenen zwei Pandemiejahre durchgesetzt hat, diese Pläne durchkreuzt.

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