In der heissesten Phase ihrer Geschichte erlebt die Finanzaufsicht einen Personalexodus. Kompetenter Ersatz wird nahezu unmöglich zu finden sein. Ausser, es wird mit Tabus gebrochen, findet finews.ch.

«Verraten, verspottet, verklagt» – so titelte finews.ch unlängst zur Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma). Nun liesse sich bei der Behörde, die derzeit wegen der Notrettung der Credit Suisse die intensivste Phase ihrer Geschichte durchlebt, noch hinzufügen: verlassen.

Denn die Finanzaufsicht erlebt mittlerweile einen auffälligen Aderlass an wichtigem Personal. So vermeldete die Finma am (heutigen) Donnerstag den Abgang eines weiteren Geschäftsleitungsmitglieds: Johanna Preisig, die bisherige Leiterin des Geschäftsbereichs Strategische Grundlagen, kehrt der Behörde nach zehn Jahren Dienst den Rücken. Sie gilt als eine Spezialistin für die «Too-big-to-fail»-Regulierung und wird im Umgang mit der UBS wohl schmerzlich vermisst werden.

Auch Kader auf dem Sprung

Zuvor hatte die Schweizer Zeitung «Tages-Anzeiger» über den Abgang gleich mehrer Kader berichtet. Namentlich nannte das Blatt die Finma-Generalsekretärin Edith Honegger. Die Ankündigung erfolgen auf den Entscheid des bisherigen Finma-Direktors Urban Angehrn hin, von seinem Posten zurückzutreten. Der Behördenchef begründete dies mit der «hohen und dauerhaften Belastung», die bei ihm gesundheitliche Folgen gezeitigt habe.

Der Prozess zur Neubesetzung der Funktion des Direktors respektive der Direktorin sei vom Verwaltungsrat um Präsidentin Marlene Amstad bereits eingeleitet worden, hiess es wie beiläufig bei der Ankündigung von Angehrns Rücktritt.

Fallhöhe für Misstritte hat zugenommen

Doch die Suche nach einem neuen operationelle Leiter der Finma – und nun auch nach Ersatz für langjährige Kader – hat so gar nichts Beiläufiges an sich. Denn es lässt sich ohne Übertreibung sagen, dass die Risiken bei der Behörde zuletzt ins schier Unermessliche gewachsen sind. Das heisst, dass für die Nachfolge von Angehrn, Preisig & Co weiterhin mit einer «hohen und dauerhaften Belastung» zu rechnen ist, während die Fallhöhe für Misstritte nochmals massiv zugenommen hat.

Und es stellt sich ernsthaft die Frage: Wer tut sich so etwas an?

Es bieten sich Chancen

Natürlich bieten sich, wie immer in einer heissen Phase, ausser den Risiken auch Chancen. So haben die Ereignisse im Vorfeld der CS-Rettung und die Notfallübung am 19. März die Schwächen der Behörde schonungslos offengelegt. Die Finma durfte von ihrem Auftrag her weder die sich rapide verschlechternde Situation bei der Grossbank publik machen, noch frühzeitig bei der Führung der CS personell durchgreifen.

Wie nun inzwischen sogar die Bankbranche konzediert, müsste die Finma künftig mit mehr und griffigeren Instrumenten ausgestattet werden. Doch das Verteilen von Bussen mag zwar zuoberst auf der Wunschliste von Präsidentin Amstad stehen. Ob und wann der Gesetzgeber diesen Wunsch erfüllt, ist allerdings unklar.

Beisshemmung vermutet

Bleiben wiederum die Risiken. Unter diesen Umständen einen kompetente Nachfolge sicherzustellen, dürfte nahezu unmöglich sein. Angehrn, Preisig und ihre Kolleginnen und Kollegen sind bei der Finma effektiv unersetzlich geworden.

Führt man sich nun vor Augen, dass die Rekrutierung bei der Finma in einem so noch nie dagewesene Umfeld geschieht, müsste sich eigentlich auch der Bund zu noch nie dagewesen Konzessionen durchringen. So ist die Finanzaufsicht in der Vergangenheit wiederholt dafür kritisiert worden, dass sie ehemalige Banker und Versicherungsfachleute engagierte. Bei diesen wurde eine Beisshemmung gegenüber ihren einstigen Kollegen vermutet.

Exorbitant hohe Entlöhnung

Doch um einem mit allen Wassern gewaschenen früheren Investmentbanker wie dem UBS-Präsidenten Colm Kelleher auf Augenhöhe zu begegnen, bräuchte es sinnvollerweise: einen Investmentbanker. Und da Personen mit diesem Profil kaum nur mit dem Dienst am Volk zu motivieren sind, sollte ein weiteres Tabu gegenüber Behördenangestellten fallen – die künftige Finma-Führung müsste exorbitant hoch entlöhnt werden.

Angesichts des Schlamassels mit der CS, für den die Bonus-Kultur in jenem Haus klar mitverantwortlich war, sind Grossbanken-Löhne für Grossbanken-Aufseher bestimmt schwierig zu vermitteln. Doch für den Bund ergibt sich hier wohl eine Güterabwägung.

Entweder, er zahlt Millionen für eine Aufsicht, welche kommende Grossbanken-Krisen frühzeitig verhindert. Oder aber er bürgt für Milliarden, die im Rahmen des vorgeschlagenen «Public Liquidity Backstop» bei der nächsten Bankenrettung fliessen werden.

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