Mit der Insolvenz der Signa-Dachgesellschaft beginnt das Gerangel um die Reste des Immobilien- und Retail-Imperiums so richtig. Für die Schweizer Privatbank Julius Bär wird die Episode mit dem österreichischen Investor René Benko damit zum Dauerthema.

Das schwer überblickbare Signa-Konglomerat wankt. Nachdem die Holdinggesellschaft in den vergangenen Tagen vergeblich nach frischen Millionen suchte, hat sie am (gestrigen) Mittwoch am Handelsgericht Wien einen Insolvenzantrag eingereicht. Beantragt wird ein Sanierungsverfahren unter Eigenverwaltung; dieses bedeutet für die Gläubiger der Holding, dass sie noch auf mindestens 30 Prozent ihres Einsatzes hoffen können.

Investoren erwägen Strafanzeige

Wie die österreichische Zeitung «Der Standard» berichtete, sollen die bisherigen Geschäftsführer der Holding das angestrebte Sanierungsverfahren begleiten. René Benko hingegen, der Gründer des Immobilien- und Retailfirmen-Geflechts, werde in dem angestrebten Verfahren keine Rolle spielen.

Schon zuvor hatte er die Leitung des Konglomerats abgeben müssen und einen Sanierer eingesetzt. Offenbar befindet sich der Tiroler Investor aber noch im Beirat der Holding und wehrt sich nach Kräften, um nicht ganz aus der Unternehmung herausgedrängt zu werden. Ganz draussen ist Benko bei Signa also noch nicht, auch, was ein mögliches juristisches Nachspiel anbelangt.

So erwägen Investoren laut dem deutschen Magazin «Der Spiegel» (Artikel bezahlpflichtig), Strafanzeige gegen Benko einzureichen. Der Vorwurf: Insolvenzverschleppung.

Weder bestätigt noch dementiert

Damit steht aus der Sicht der Privatbank Julius Bär zu befürchten, dass das Signa-Debakel nicht eine Episode bleibt, sondern für das Institut zum Dauerthema wird. Allgemein wird vermutet, dass das Zürcher Traditionshaus mit zum Kreis der kreditgebenden Banken gehört. Die Bank selbst hat die Kundenbeziehung bisher weder bestätigt noch dementiert. Am Markt geht man jedoch davon aus, dass es sich bei dem von der Bank genannten «europäischen Konglomerat», bei dem Julius Bär ein Einzelengagement im Bereich Private Debt von 606 Millionen Franken angemeldet hat, um Signa handelt.

Auf dieses Einzelengagement hat das Geldhaus bereits Rückstellungen von 70 Millionen Franken vorgenommen. Kolportiert wurde ausserdem, dass zu den Sicherheiten von Julius Bär auch Aktien der Signa-Holding gehören. Diese wären mit der angemeldeten Insolvenz wohl praktisch wertlos.

Integral abschreiben?

Wie im Umfeld der Privatbank zu vernehmen ist, stellt man sich dort auf eine umfangreiche Restruktrierung der ausstehenden Kredite ein, die bis weit ins Jahr 2024 andauern könnte. Am vergangenen Montag hatte Julius Bär in einem Statement erklärt, das Gesamtengagement sei durch mehrere Pakete von Sicherheiten in Verbindung mit Gewerbeimmobilien und Luxus-Einzelhandel besichert. Julius Bär habe Massnahmen ergriffen, um die eigenen Interessen zu schützen und den Wert der gestellten Sicherheiten zu erhalten; falls erforderlich, werde die Gruppe weitere Wertberichtigungen buchen.

Man darf gespannt sein, wie lange das Institut angesichts der Insolvenz der Signa-Holding damit noch zuwarten kann. Gemäss Rechnungslegungsstandard IFRS, der auch von Julius Bär angewendet wird, gilt das Vorsichtsprinzip: Diesem zufolge müssen Unternehmen Wertberichtigungen möglichst früh und umfassend vornehmen.

Aktienkurs nimmt Totalabschreiber vorweg

Wird der Aktienkurs der Privatbank als Gradmesser genommen, sind ein Totalabschreiber auf den 606 Millionen Franken sowie Auswirkungen auf die Ausschüttungspolitik von Julius Bär bereits eingepreist. Seit Bekanntwerden der ersten Rückstellung haben die Bär-Namen nun mehr als 22 Prozent an Wert verloren.

Doch die Gemengenlage im Konglomerat mit seinen mehr als 1'000 Firmen ist so undurchsichtig, dass ein heftiger Abschreiber wohl das ganze Konstrukt noch mehr ins Wanken brächte; ebenfalls gilt bei Kredit-Restrukturierungen die Taktik, sich von anderen beteiligten Parteien möglichst nicht in die Karten blicken zu lassen. Jede neue Ankündigung rund um das millionenschwere Engagement würde es für die Bankengruppe demnach schwieriger machen, ihr Geld zurückzuholen.

«Eine Herkulesaufgabe»

Dabei ist die Aufgabe an und für sich schon vertrackt genug. Laut dem österreichischen Kreditschutzverband KSV 1870 ist allein die nun zahlungsunfähige Signa Holding an 36 österreichischen Kapitalgesellschaften beteiligt. Die Suche nach verbleibenden Werten in diesen Firmen sei für den künftigen Insolvenzverwalter «eine Herkulesaufgabe», zumal die direkten Beteiligungen der Signa Holding wieder eine Vielzahl an Beteiligungen halten.

Weiterhin unbekannt ist die Anzahl Gläubiger und die Höhe der Schulden der Signa-Holding.

Schätzungen der amerikanische Grossbank J.P. Morgan zufolge wälzte das Konglomerat insgesamt mehr als 13 Milliarden Dollar an Verbindlichkeiten vor sich her, bei einem Immobilienvermögen von zuletzt 15 Milliarden Euro. Darunter, irgendwo verborgen, dürften sich auch die Sicherheiten von Julius Bär befinden.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.62%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.58%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.23%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.06%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.51%
pixel