Die Coronakrise hat bei der Finanz-Standesorganisation CFA zu tiefgreifenden Veränderungen geführt. Die bekannten Massentests sind jetzt Geschichte. Einfacher sind sie deswegen nicht, sagt die Schweiz-Verantwortliche Sheila Ohlund zu finews.ch.

Die Folgen der Pandemie haben die in der Finanzbranche höchst renommierte Ausbildung zum Chartered Financial Analyst (CFA) durchgerüttelt. Die geltenden Corona-Massnahmen wirkten sich 2020 und 2021 drastisch auf die berühmt-berüchtigten Massenexamen aus, auch in der Schweiz. «Wir mussten zur Sicherheit der Teilnehmenden alle Präsenztests absagen», blickt Sheila Ohlund zurück, CEO der CFA Society Switzerland.

Deutlich weniger erfolgreiche Abschlüsse

Auf globaler Ebene hat dies tiefe Spuren hinterlassen, wie jüngst die britische Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) vorrechnete. Traten im August 2019 weltweit noch 160’900 Kandidaten zum ersten von insgesamt drei Examen zum CFA-Charterholder an, waren es im Jahr 2021 noch 125’775. Gleichzeitig ist die Quote der erfolgreichen Abschlüsse in der ersten Examensreihe auf 28 Prozent abgesackt, während auf diesem Niveau in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt 40 Prozent der Prüflinge die Tests bestanden hatten.

Schlimmer noch für das Ansehen der Ausbildung: Laut dem Zeitungsbericht stösst der CFA-Titel sowohl bei jungen Berufsleuten wie auch bei deren Arbeitgebern auf deutlich weniger Interesse.

Trendthemen berücksichtigt

Angesichts des enormen Aufwands ist die Kosten-Nutzen-Rechnung zentral, den die Ausbildung zum CFA-Diplom mit sich bringt. Für jede Stufe des dreiteiligen Examens werden 250 bis 300 Lernstunden veranschlagt. Insgesamt gilt es 9'000 Seiten Stoff zu bewältigen. Wer diese Tortur durchsteht, darf das begehrte Kürzel im Titel führen, kann Mitglied der einflussreichen CFA-Standesorganisation werden und sich insgesamt gute Jobchancen im Finanzfach ausrechnen. Doch die Coronakrise hat offenbar an diesen Gewissheiten gekratzt.

Schweiz-Verantwortliche Ohlund will von einem Bedeutungsverlust der Ausbildung nichts wissen. «Die Examen haben nichts an Strenge eingebüsst», betont sie. Entsprechend seien sie in der Branche respektiert – das CFA Institute hat sich sogar den Befund zertifizieren lassen, dass die Ausbildung mit einem MBA vergleichbar ist. Die Standesorganisation hat zudem das Curriculum auf Trendthemen wie Fintech oder Nachhaltigkeit erweitert und forciert die Weiterbildung mit Webinaren. Die Tatsache, dass für alle Examen in der Welt die gleichen Bedingungen gälten, fördere zudem die Mobilität der CFA-Absolventen im Beruf, wirbt Ohlund.

Prometric 500

(Bild: Prometric)

Rückläufige Zahlen auf höherer Stufe

Dennoch hat die Pandemie auch in der hiesigen Ausbildung Spuren hinterlassen. Weil Examen ausgefallen sind, mussten Kandidatinnen und Kandidaten umplanen, was sich nun auf das zweite und dritte «Level» der Tests auswirkt. Dort treten kommenden August 30 Prozent respektive 11 Prozent weniger Probanden an als noch im Jahr 2019. Auf dem ersten Level ist laut Ohlund aber mit 1’139 Anmeldungen bereits eine leichte Zunahme zur Vorkrisen-Zeit zu beobachten.

Ebenfalls sei die Quote der bestandenen Abschlüsse in der Schweiz – im Gegensatz zum Ausland – zu keiner Zeit eingebrochen, sagt die Schweiz-Verantwortliche.

Von der Mehrzweckhalle ins Testcenter

Der grosse Unterschied für die Kandiaten: die Massenexamen von einst sind definitiv Geschichte. Das CFA Institute hat weltweit auf Online-Examen umgestellt, zu denen man sich in einem Testcenter (Bild oben) anmeldet. Anders als zuvor werden die Prüfungen nun (wenigsten auf dem ersten Niveau) viermal jährlich durchgeführt, was die Flexibilität für die Teilnehmenden erhöhen soll.

Die nächste Examensrunde startet in der Schweiz im August. Nicht nur die sommerlichen Temperaturen werden dann dafür sorgen, dass der Schweiss in Strömen fliesst.