Nachhaltigkeit, Diversity, Inklusion, Gleichberechtigung: Schweizer Banken und Versicherer beherrschen die Klaviatur für ein sauberes, zeitgemässes Image. Doch die Werbebudgets fliessen weiterhin zu Facebook– obwohl der Internetkonzern mit Hass- und Rassismus-Kommentaren sehr freizügig umgeht.

Facebook und dessen Gründer und CEO Mark Zuckerberg stehen wegen ihrer sturen Haltung bezüglich Hass- und Rassismus-Kommentaren auf den Social-Media-Plattformen seit geraumer Zeit in der Kritik. In der hitzigen Debatte um «Black Lives Matter» hat diese Haltung das Fass zum Überlaufen gebracht.

Namhafte Kunden wie Coca Cola, Unilever, Starbucks oder Verizon haben ihre Werbung auf Facebook und Instagram ausgesetzt oder gar storniert. Über Tausend Unternehmen sind einem Boykott-Aufruf gefolgt – aus Reputations- und Imagegründen, und um Facebook zu einem Umdenken beim Umgang mit fragwürdigen Inhalten zu bewegen.

Wasser predigen – und trinken

Mit anderen Worten: In einer Zeit, in der sich Unternehmen zu Themen wie Nachhaltigkeit, Klima, Frauenförderung, Inklusion positionieren, predigen die Facebook-Skeptiker nicht nur Wasser – sie trinken es auch.

Doch wie sieht es diesbezüglich auf dem Schweizer Finanzplatz aus? finews.ch fragte stichprobenmässig einige Banken und Versicherern, wie sie es mit einem Werbestopp auf Facebook und Instragram halten würden.

Man sagt dies, tut aber anderes

Die Antworten fielen in der Mehrheit gleichförmig aus: Man verurteile jegliche Form von Hass und Hetze. Man stehe für Vielfalt. Man sei gegen jede Form der Diskriminierung. Man toleriere keinen Rassismus. Man beobachte die Situation aufmerksam. Aber man schalte weiterhin Werbung auf Facebook und Instagram.

Dies waren im Querschnitt die Antworten der Versicherer Baloise, Helvetia und Swiss Life sowie der Banken Raiffeisen, Zürcher Kantonalbank und Postfinance. Die Credit Suisse reagierte auf die Anfrage nicht. Die UBS wollte zum Thema keine Stellung nehmen – soll aber ihre Werbeaktivitäten auf Social-Media-Plattformen derzeit gestoppt haben.

Twint, Vontobel, Zurich

Die angefragten Finanzunternehmen, die einen Werbestopp bei Facebook vollzogen haben, sind Twint, Vontobel und Zurich. Der Versicherer schrieb in einem Statement: «Zurich will eine aktive Rolle bei der Schaffung einer vertrauenswürdigen digitalen Gesellschaft spielen und setzt daher bezahlte Werbung auf Plattformen aus, die nicht aktiv ein Umfeld frei von Hassreden und Fehlinformationen fördern.»

Bei Vontobel hiess es, man habe sich bereits im vergangenen Juni zur Massnahme entschlossen und wolle die Entwicklungen bei Facebook abwarten.

Wasser predigen und Wein trinken

Die Grundhaltung der meisten anderen Banken und Versicherer ist erstaunlich: Sie geben sich zwar kategorisch intolerant gegenüber diskriminierenden und menschenfeindlichen Strömungen, deren Verbreitung Facebook mit seinen über 2,6 Milliarden Nutzern aktiv betreibt. Mit ihren Werbeetats unterstützen sie aber Facebook. Mit anderen Worten: Auf dem Schweizer Finanzplatz wird in einem erheblichen Mass Wasser gepredigt, aber Wein getrunken.

Es handelt sich dabei nicht um Kinkerlitzchen: Facebook erzielte 2019 einen Umsatz von 71 Milliarden Dollar, der praktisch ausschliesslich aus Werbeeinnahmen stammt. Angesichts dieser Abhängigkeit von Werbetreibenden rollt ihnen der Silicon-Valley-Konzern den roten Teppich aus, wie die «Financial Times» kürzlich schrieb.

Die Werbekunden würden mit allen Mitteln umworben, was Facebook in der Vergangenheit geholfen habe, Skandale wie die Manipulation der US-Präsidentschaftswahlen, die Weitergabe von Daten an Cambridge Analytica oder die Publikation des Live-Streams eines Amoklaufes in Neuseeland zu überstehen.

Dreistelliger Millionenbetrag vom Schweizer Finanzplatz

In der Schweiz ist Facebook neben Google die wichtigste Online-Werbeplattform mit einem Umsatz von mehr als 1,5 Milliarden Franken. Eigenen Schätzungen zufolge gibt der Schweizer Finanzplatz jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag für Werbung auf Facebook aus – und die Mehrheit der Banken und Versicherer will dies ganz offensichtlich beibehalten.

Was lässt sich daraus schliessen? An den Social-Media-Plattformen führt für Werbetreibende kein Weg vorbei: Die Schweizer Finanzbranche bemüht sich verzweifelt darum, jüngere Generationen anzusprechen. Instragram, Snapchat, Tiktok etc. bieten die Mittel dazu. Mit anderen Worten: Für diese Institute heiligt der Zweck die Mittel.

Opportunismus wird zum Bumerang

Dabei betreiben sie Arbitrage: Zwar droht den Banken und Versicherern wegen ihrer Werbebudgets ein Imageschaden, doch versprechen die datengetriebenen Facebook-Plattformen einen hohen Return auf dem investierten Werbefranken.

Der Finanzplatz zeigt angesichts der Facebook-Problematik sein opportunistisches Gesicht. Das saubere Image, die vollmundigen Bekenntnisse und Mission Statements werden durch die Geschäftsbeziehung mit Facebook zu Lippenbekenntnissen. Gerade bei der umworbenen Zielgruppe der «Next Gens» könnte dies zum Bumerang werden.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.53%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.87%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.01%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.59%
pixel