Als Gründer des Herrenausstatters Pelikamo ist Sebastiaan Vadasz jeden Tag mit Stilfragen konfrontiert. Mit den folgenden Grundsätzen liegt man immer richtig, wie er für finews.life schreibt.

Von Sebastiaan Vadasz, Gründer Pelikamo


Egal ob im Job oder in der Freizeit: Gerade weil klare Vorschriften immer mehr abhanden kommen, ist eine gewisse Sensibilität in Stilfragen gefragt. Italiener nennen das Gefühl «fare una brutta figura», wenn man mit einem hellen Sommeranzug zum Black-Tie Event erscheint und sich dementsprechend fehl am Platz vorkommt.

Doch bei der Kleiderwahl geht es um mehr als passend zur Situation gekleidet zu sein. Man will auch das Optimum aus sich herausholen. Diese drei Überlegungen helfen dabei fast immer:

1. Transaktional

Geht es um eine Transaktion – etwa als Dienstleister oder Verkäufer – gibt es zwei Möglichkeiten:

Man hält sich an die Vorgaben seiner Zunft

Wenn Sie als Wirtschaftsanwalt im Anzug erscheinen, entsprechen Sie zum Beispiel sicher der Erwartungshaltung Ihres Gegenübers. Sollte die Kleiderordnung unklar sein –vielleicht arbeiten Sie in der Tech-Abteilung einer Grossbank, wo sich verschiedene Kulturen überschneiden –, nehmen Sie einfach den Durchschnitt der fünf von Ihnen am meisten bewunderten Kollegen in diesem Gebiet.

Man passt sich dem jeweiligen Gegenüber an

Als Berater kann es sein, dass Sie sowohl mit Grossfirmen wie auch Startups zu tun haben. Hier empfiehlt sich eine Kombination von Lederschnürern (keine Loafers oder Sneakers), elegante Baumwoll- oder Wollhosen (keine Jeans), Hemd und Sakko. Damit sind sie immer elegant gekleidet und können in ungezwungenen Situationen problemlos das Sakko ausziehen.

2. Relational

Jede Firma, jeder Verein, jedes Gym hat eigene ungeschriebene Gesetze. Möchten Sie in eine Gruppe aufgenommen werden, ist es empfehlenswert, auch deren Kleidergewohnheiten zu spiegeln.

Es ist bekannt, dass bei einem Jobinterview ein guter oder schlechter Stil das Zünglein an der Waage spielen kann. Dabei geht es nicht um Oberflächlichkeit, sondern um den Versuch mit wenigen vorhandenen Datenpunkten jemanden zu finden, der zur eigenen Gruppe passt. Dieser sogenannte «Affinity Bias» führt nicht unbedingt zu den besten Entscheidungen, ist aber menschlich.

Hier hilft nur Vorbereitung. Dank Linkedin und Fotos des letzten Firmenevents lässt sich leicht die vorherrschende Kleiderordnung im Haus eruieren.

3. Diagonal

Vereinzelt macht es Sinn, sich bewusst gegen die gängigen Kleidervorschriften zu entscheiden. Dies für Personen, welche aus sich eine Marke machen möchten und dafür gerne stilistisch anecken.

Gleichzeitig schwingt auch oft ein «weil ich es mir erlauben kann» mit. Hier kommen mir Origniale wie Martin Ebner, Valentin Landman oder Dieter Meier (im Bild oben) in den Sinn. Dies ist aber nur Könnern zu empfehlen.

Bei keiner Variante sollte man verkleidet wirken oder sich so fühlen. Im Zweifelsfalle ist es besser, Kompromisse eingehen oder die neuen Kleider am Wochenende so lange ausführen, bis man sich darin wohl fühlt. Dann fühlt man sich am ersten Montag im Büro wie ein Fisch im Wasser.