Die Tatsache, dass die Finma in der als Minimalstandard anerkannten Richtlinie für Transparenz bei Verwaltungskommissionen vorschreibt, dass Rückvergütungen und Bestandespflegekommissionen nicht an Endanleger ausbezahlt werden dürfen, ist nach Meinung des Bundesgerichts für das Recht auf Herausgabe der von der Bank erhaltenen Retrozessionen nicht relevant.

Fragen, die offen blieben 

Das Bundesgericht hat die Frage ausdrücklich offengelassen, ob eine Rechenschafts- und Herausgabepflicht auch dann besteht, wenn mit dem Kunden statt ein Vermögensverwaltungsvertrag lediglich ein Anlageberatungsvertrag oder eine «Execution only-Beziehung» besteht.

Immerhin hat das Bundesgericht erklärt, dass sich diese Vertragsbeziehungen von derjenigen der Vermögensverwaltung unterscheide. Aufgrund der Brisanz des Themas darf wohl davon ausgegangen werden, dass ein Entscheid zu diesen Vertragsverhältnissen noch folgen wird.

Ebenso offen geblieben ist die Frage, wie das Bundesgericht die Vertriebsentschädigungen in Fällen qualifiziert, in denen die Bank nachweisen kann, dass diese konkret den Vertriebsaufwand entschädigen.

Mittelgrosse Bankkunden die Verlierer?

Eines ist auf jeden Fall festzuhalten: Wenn eine Bank keine Vertriebsvereinbarungen mit Produktenanbietern mehr abschliessen und Produkte von diesen beziehen kann, ohne dass sie allfällige Vertriebsentschädigung abgeben muss, dann wird seitens der Bank entweder keine professionelle Vermögensverwaltung mehr angeboten oder eine solche wird erheblich verteuert.

Und die Zeche werden vor allem die mittelgrossen Bankkunden bezahlen müssen, die zwar Bedürfnis nach einer professionellen Vermögensverwaltung haben, gleichzeitig aber nicht so stark sind, um die Ansätze mit der Bank auszuhandeln.

Urteil bremst Tendenz zur «open architecture»

Schliesslich wird dieses Urteil die Tendenz zur «open architecture» bei der Auswahl von Finanzprodukten wesentlich einschränken. Der Grund liegt darin, dass es innerhalb eines Konzerns verschiedene Möglichkeiten gibt, Vermögensvorteile von der Fondsleitung oder vom Emittenten strukturierter Produkte an die Bank fliessen zu lassen oder ein solcher Geldfluss gar nicht erforderlich ist.

Im Verhältnis mit externen Produktanbietern sind die Vertriebsverträge jedoch die einzige vertragliche Grundlage, um solche Geldflüsse vorzunehmen.

Empfehlungen an Banken und externe Vermögensverwalter

• Die Höhe oder die Berechnungsgrundlagen der Vertriebsentschädigungen sind dem Kunden offenzulegen und gegebenenfalls ist mit dem Kunden eine Verzichtsvereinbarung bezüglich Zuwendungen von Dritten zu schliessen, welche den vom Bundesgericht festgelegten Standards entspricht.

• Wird keine Verzichtsvereinbarung mit dem Kunden abgeschlossen, ist eine Vereinbarung dergestalt zu treffen, dass die Vertriebsentschädigungen dem Kunden ausgehändigt werden. Dies dürfte wohl zu einer Erhöhung der dem Kunden direkt belasteten Vermögensverwaltungskommission führen.

• Die Aufwendungen, die durch die Vertriebsentschädigung gedeckt werden, sind soweit wie möglich zu bestimmen, sodass diese im Prozessfall nachgewiesen werden können.


Dominik Oberholzer (Bild links), Partner seit 2008, verfügt über eine breite Erfahrung im Finanzmarkt-, Kapitalmarkt- und allgemeinen Wirtschaftsrecht und in der Geldwäschereibekämpfung. In diesen Gebieten ist er sowohl beratend wie auch forensisch tätig. Seine Haupttätigkeitsgebiete liegen im Recht verschiedener Finanzmarktprodukte, insbesondere im Recht der kollektiven Kapitalanlagen.

Leonardo Cereghetti (Bild rechts), Partner seit 2000, berät und vertritt Kunden vor Gericht in den Bereichen des Bankenrechts (einschliesslich internationale Rechts- und Amtshilfe), Unternehmensfinanzierungen und M&A sowie der kommerziellen Verträge des Immobiliensachenrechts und des Erbrechts.  

 Von Dominik Oberholzer (links) und Leonardo Cereghetti (rechts), Partner im Banking- und Finance-Team von Kellerhals Anwälte in Zürich, Basel und Bern

 

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