Jetzt geraten auch die Retailbanken unter Druck. Wollen sie ihre Profitabilität halten, müssen sie enorme Anpassungen vornehmen, sagen die Experten von Ernst & Young. 

Zu diesem Ergebnis kommt die Studie «Retail Banking 2020» von Ernst & Young und der Universität St. Gallen. Angesichts des wachsenden Kostendrucks durch technologische Neuerungen und erhöhte regulatorische Anforderungen seien weitere Schritte zur Effizienzverbesserung nötig, heisst es darin weiter.

Dies begünstigt eine neue Konsolidierungswelle, die auch vor Kantonalbanken nicht Halt mache, schreiben die Autoren der Studie. Für die Untersuchung wurden  die CEOs und Leiter des Retail Banking von 20 der grössten Institute der Schweiz befragt.

«In der Debatte um den Schweizer Finanzplatz steht das Retail Banking bis heute im Schatten des Private Banking – zu Unrecht. Auch die Retailbanken sind mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. Die Institute haben es in der Hand, die nötigen Schritte zu ergreifen und die Zukunft aktiv mitzugestalten. Dafür wollen wir mit dieser Studie sensibilisieren», sagt Iqbal Khan, Partner und Leiter Banking & Capital Markets Schweiz bei Ernst & Young.

Bald nicht mehr rentabel

Die Studie macht den Handlungsbedarf im Retail Banking deutlich. «In der heutigen Form kann das Retail Banking im Jahr 2020 nicht mehr rentabel betrieben werden. Die befragten Experten sind sich nicht einig, in welche Richtung sich die Branche entwickelt. Klar ist, dass die Banken heute die Weichen richtig stellen müssen, um im Retailgeschäft auch künftig profitabel zu sein», sagt Dirk Schäfer, Dozent für finanzielle Führung der Universität St.Gallen.

Eine wichtige Weichenstellung betreffe die technologische Entwicklung. Das Internet und allgemein die Digitalisierung des Alltags würden branchenfremden Konkurrenten den Markteinstieg erleichtern. Telekomunternehmen engagierten sich vermehrt im Bereich der mobilen Zahlungen, bei den Konsumkrediten könne dem Retail Banking durch elektronische Marktplätze zusätzlicher Wettbewerb erwachsen, heisst es weiter. Dies lasse die Zahlungsverkehrsgebühren bei Retailbanken schrumpfen und können zu einem Verlust der Kundenschnittstelle führen.

Filiale der Zukunft – eine Art Showroom

Die Banken haben ihr Geschäftsstellennetz in der Schweiz über die letzten 20 Jahre kontinuierlich verkleinert. Allerdings soll diese Entwicklung nicht vorangetrieben werden: Trotz der hohen Kosten und einem erwarteten Rückgang der Zahl der Filialbesuche halten die Experten an persönlich betreuten Geschäftsstellen fest. Um bei begrenzten Kosten einen möglichst hohen Kundennutzen erzielen zu können, müssen die Filialen allerdings neu ausgerichtet oder an neue Standorte verschoben werden.

Möglich ist, dass die Filialen zu Kompetenzzentren oder zu einer Art Showroom respektive Eventlokal entwickelt werden. «Allgemein muss es das Ziel sein, eine hohe Kundenfrequenz zu erreichen und die Filialen zu einem Marktplatz für Informationen aufzuwerten», sagt Schäfer weiter.

Schweizweite Ratingagentur

Um den Anschluss an den technologischen Wandel nicht zu verlieren und gleichzeitig den regulatorischen Vorschriften zu genügen, sind hohe Aufwendungen nötig. Dieser Kostendruck zwingt die Retailbanken zu einer weiteren Steigerung der Effizienz. Die Experten halten eine Industrialisierung der Prozesse für erforderlich.

Dabei werden sich die Retailbanken zunehmend auf ihre Kernkompetenzen fokussieren und andere Wertschöpfungsschritte auslagern oder durch Kooperationen optimieren. Als Beispiel wird die Schaffung einer schweizweiten Ratingagentur genannt, die Hypothekaranträge zentral prüfen soll, wie Autoren weiter schreiben.

«Holen Kunden für ein Hypothekargeschäften bei drei Instituten Offerten ein, verursacht dies den Banken unnötige Kosten, zumal sie oft dieselben Standardverfahren einsetzen. Die Experten gehen davon aus, dass das Modell einer institutsübergreifenden Prüfung Anhänger gewinnt, wenn der Leidensdruck der Banken weiter steigt», erklärt Dirk Schäfer.

Die nächste Konsolidierungswelle

Die Grösse wird im Retail Banking zu einem entscheidenden Faktor und kann der Treiber für eine Branchenkonsolidierung sein. Die angebotenen Produkte gehören zum Commodity-Bereich, wo sich durch die Bündelung grösserer Volumen Skalenerträge erzielen lassen.

Gerade für kleinere Institute kann es lohnend sein, sich auf einzelne Leistungen zu spezialisieren; andere Produkte und Dienstleistungen lassen sich zukaufen, das Backoffice kann ausgelagert werden. Bereits die letzten zehn Jahre waren durch einen starken Strukturwandel geprägt; in dieser Zeit hat die Zahl der Regionalbanken und Sparkassen um fast ein Drittel abgenommen.

Veränderungen bei den Kantonlbanken

«Auch in Zukunft werden kleinere Institute stärker von der Konsolidierung betroffen sein. Es ist jedoch absehbar, dass es auch bei den Kantonalbanken zu Veränderungen kommt. Für einige Kantonalbanken wird es schwierig werden, ihr Geschäftsmodell weiterhin autark zu verfolgen. Denkbar ist auch, dass einige Kantone ihre Beteiligungen an Kantonalbanken zur Sanierung ihrer Staatskassen veräussern wollen», sagt Andreas Blumer von Ernst & Young.

Über das Jahr 2020 hinaus könnten sich unter den Kantonalbanken einige wenige Institute zu regionalen Marktführern entwickeln, die andere Teilnehmer übernehmen werden. Allerdings verhindert die heutige Eigentümerstruktur noch eine derartige Entwicklung, weshalb es vorerst zu neuen Partnerschaften und Kooperationen kommen dürfte.

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