Die Privatbank Bellerive gedeiht im Schoss der Graubündner Kantonalbank prächtig. Ihr CEO Daniel Wittmer verrät finews.ch das Erfolgsrezept.

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Herr Wittmer, viele Szenenkenner behaupten, für das längerfristige Überleben einer Privatbank seien mindestens 50 oder gar 100 Milliarden Franken an Kundengeldern notwendig. Haben Sie da mit 4 Milliarden Franken überhaupt noch eine Chance?

Absolute Zahlen bei den Assets under Management (AuM) sind keinesfalls eine ausreichende Kennzahl zur Beurteilung der Überlebensfähigkeit eines Vermögensverwalters. Entscheidend ist das Geschäftsmodell. Dabei stellen sich unter anderem folgende Fragen:

  • In wie vielen und in welchen Märkten will man aktiv sein? Dies hat einen entscheidenden Einfluss auf den regulatorischen Aufwand und entsprechend auf die Kosten. 
  • Welche Kunden sollen angesprochen werden? Retail oder Private Banking? Obwohl «Classic Private Banking» – so wie wir es bei Bellerive verstehen – aufwendiger ist als Retail-Vermögensverwaltung,  so haben wir dennoch einen Weg gefunden, dies kostengünstig und effizient zu erstellen, ohne Einbusse bei Service und Performance hinnehmen zu müssen.
  • Optimierung der Wertschöpfungstiefe: Welche Teile der Wertschöpfungskette wollen wir selbst anbieten, welche kaufen wir ein? Hier haben wir mit der Graubündner Kantonalbank eine optimale partnerschaftliche Lösung, von der beide Seiten profitieren.

«Grosse Analystenteams schaffen keinen Mehrwert für die Kunden»


Ihre Cost/Income-Ratio von rund 50 ist für eine Privatbank sehr tief. Was machen andere falsch und Sie richtig?

Was die anderen anders machen, dazu kann ich mich nicht äussern. Unsere Philosophie ist jedoch die Folgende: Striktes Kostenmanagement, sehr tiefes Verhältnis von Corporate Center zu Frontmitarbeitern; die Führungscrew betreut selbst Kunden, wodurch sichergestellt ist, dass alle unternehmerischen Tätigkeiten der Zufriedenheit des Kunden untergeordnet werden.

Hinzu kommt eine Kostenstruktur aus Kundensicht, welche zukunftsgerichtet ist und für die Finanzindustrie wegweisend sein könnte. Last but not least betreiben wir seit vielen Jahren einen erfolgreichen Investmentansatz, bei dem sehr erfahrene Spezialisten fokussiert vorgehen. 

Unsere Erfahrung ist, dass grosse Analystenteams zwar nützlich im Marketing sind und für eine Bank Umsatz generieren. Für die Performance der Kundendepots schaffen sie jedoch keinen bedeutenden Mehrwert.

Wie gehen Sie mit den wachsenden Regulatorien um?

Da wir schon immer ein zukunftsträchtiges Geschäftsmodell betrieben haben, stellen wir zwar einen erhöhten regulatorischen Aufwand fest, der sich allerdings im überschaubaren Rahmen hält.


«Wir setzen hauptsächlich auf Direktanlagen»


Zufriedene Kunden und ein Super-Ergebnis – geht das auf Dauer?

Das ist sicherlich unser Ziel. Dem ordnen wir alles unter. Die überschaubare Grösse unseres Hauses hat den enormen Vorteil, dass wir unsere Kunden und deren Bedürfnisse sehr gut kennen. Wir sind in der Lage, unsere Kunden individuell zu beraten sowie ihr Vermögen massgeschneidert zu verwalten.

Ein weiterer Grund der Kundenzufriedenheit liegt darin, dass wir zur Hauptsache Direktanlagen sowie gezielt davon abgeleitete Instrumente einsetzen, keine eigenen Produkte anbieten und nur in sehr ausgewählten Bereichen kollektive Anlageinstrumente einsetzen.

Unsere Kunden schätzen unseren langfristigen, ruhigen, auf Vermögenserhalt sowie auf vernünftigen Renditen ausgerichteten Investmentansatz. Dass dies möglich ist, haben wir über viele Jahre bewiesen.

Wie läuft das Zusammenspiel mit der Mehrheitsaktionärin Graubündner Kantonalbank (GKB) im Alltag?       

Die GKB leistet ihren Part zuverlässig und mit Sorgfalt. Wir sind mit der Qualität zufrieden.


«Einige Grosskunden sind Miteigentümer»


Können Sie das Modell anderen Privatbanken empfehlen?

Das Modell kann wohl kaum generell empfohlen werden. Zu unterschiedlich dürften die einzelnen Geschäftsmodelle sein. Für unsere Kunden und uns ist es aber die ideale Lösung.

Auf Ihrer Webseite steht unter anderem, Sie seien eine erfahrene Know-how- und Ressourcengemeinschaft. Was ist das?

Eine unserer Besonderheiten, auf die wir stolz sind, besteht darin, dass einige der grossen Kunden von Anfang an als Miteigentümer der Bank miteinbezogen wurden. Von ihren unternehmerischen Erfahrungen profitieren wir auch auf der Investmentseite.

Die Mehrzahl unserer Mitarbeiter ist schon lange dabei und lebt nach unserem Geschäftsmodell. Wir haben über mehrere volle Börsenzyklen Erfahrung. 

Die Ressourcengemeinschaft mit der GKB bezieht sich einerseits auf Handels-, Backoffice und IT-Unterstützung, andererseits profitieren wir von deren  Staatsgarantie.           


«Wir wollen die Überschaubarkeit nicht dem Wachstum opfern»


Welche Bedeutung hat für Sie das Wachstum der Assets?

Mit unserer bisherigen Strategie haben wir eine solide, stabile Basis für unsere Bank geschaffen. Wir streben zwar ein gewisses Wachstum der Assets an, allerdings wollen wir nicht die Vorzüge einer überschaubaren Privatbank dem Wachstum opfern. 

Die Aktienmärkte sind zwar gut in Fahrt, eine gewisse Konsolidierung zeichnet sich ab. Was empfehlen Sie?

Rund 35 Prozent Performance der Schweizer Aktien, 20 Prozent des amerikanischen Aktienmarkts seit der letzten Aktienkorrektur im Sommer 2012. Seit dem Tiefpunkt der Märkte im April 2009 verdoppelte sich der US-Markt, der Anstieg der Schweizer Aktien gemessen am SMI betrug 70 Prozent. Da ist eine Verschnaufpause mit einer Korrektur angesagt. Wann diese genau kommt, weiss aber niemand.

Wir bleiben schwergewichtig in Aktien engagiert, sind zur Hauptsache im Blue-Chip-Bereich positioniert und betreiben ein zeitnahes Risikomanagement. 


«Die kommenden Jahre gehören der Aktie»


Und wie sind Ihre Prognosen längerfristig?

Langfristig sind wir der Auffassung, dass trotz aller globalen Probleme die kommenden Jahre den Aktien gehören werden. Zum einen hatten wir seit rund zwölf Jahren einen volatilen Seitwärtstrend der globalen Aktien. In dieser Zeit haben sich aber die Unternehmensgewinne mehr als verdoppelt. Das hat die Kurs-Gewinn-Verhältnisse strukturell fallen lassen.

Zwar sind die Bewertungen nicht auf absoluten Tiefständen, günstig sind sie aber dennoch. Bezieht man das Tiefzinsumfeld mit ein, so wäre auch eine Expansion des Kurs-Gewinn-Verhältnisses durchaus gerechtfertigt.

Wo orten Sie das Hauptrisiko?

Aufgrund der seit Jahren soliden Gewinnentwicklung der Unternehmen gehören wir nicht zu jenen, welche die Performance der Aktienmärkte nur auf die Liquiditätsschwemme der Notenbanken zurückführen.

Aus Schweizer Sicht besteht ein Hauptrisiko darin, dass, falls die Schweizer Wirtschaft anhaltend stärker wächst als Euroland, der Druck auf den Franken wieder zunehmen wird. Ob die Schweizerische Nationalbank dann im gleichen Stil intervenieren wird, ist zumindest offen.


Daniel Wittmer ist Leiter Private Banking und Vorsitzender der Geschäftsleitung der Privatbank Bellerive, Zürich.

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