In letzter Zeit konnte man sich mit Bankern fast nur über Regulierung und Einsparungen unterhalten. Lief im Frontbereich eigentlich nichts?, fragt Olaf Klein von IBM.

Olaf Klein, IBM Banking Leader

Neben vielen Ideen zum Thema «Filialen und deren Nutzung» wird auch im Zusammenhang mit dem Aufkommen von Tablets und Smartphones das Thema Mobilkanal wieder entdeckt oder besser gesagt als Kanal aktiver genutzt.

Dabei sind allerdings neue Ansätze gefragt: Im klassischen Internet-Kanal wie auch im Mobile-Bereich waren und sind Erfassungsmasken oder das Scannen von Einzahlungsscheinen Usanz. Damit wurde der Kunde quasi zum Bankmitarbeiter, der seine Transaktionen gleich selber ausführte.

Neue Anbieter, verstärkter Margendruck, stärkere Regulierung und eine damit verbundene «Kommodisierung» im Bankgeschäft führen nun aber zu weitergehenden Überlegungen im mobilen Bereich.

1. These:
Mobile ist mehr als nur eine Erfassungsmaske, doch damit wird kein neues Geschäft generiert. Die Bank kann zwar damit dem Kunden ein Sparpotenzial weitergeben, generiert aber kein zusätzliches Geschäft. Durch das Einscannen von Einzahlungsscheinen wird zwar eine Richtung aufgezeigt, aber ein neuer Verkaufskanal sind solche Applikationen noch lange nicht.

2. These:
«Think like a retailer»: Im Detailhandelsgeschäft ist man in dieser Hinsicht schon wesentlich weiter. Hier sind das Kundenerlebnis auf der einen und die Endkundenfokussierung auf der anderen Seite bereits Realität. Ein Beispiel gefällig? Ein Vater bekommt in einem Supermarkt ein spezielles Angebot für werdende Grossväter, was ihn doch sehr irritiert. Erst Tage später erfährt er, dass seine Tochter ein Baby erwartet und diese Information der Retailer aus der Veränderung des Einkaufsverhaltens der Tochter eruierte.

Ein sicherlich extremes Beispiel, das aufzeigt, wie weit heute Kunden in ihrer Lebensituation abgeholt werden können. Diese «individuelle Begleitung» mag nicht jedermanns Sache sein und wird auch kulturell bedingt nicht überall gleich akzeptiert. Mehr dazu hier. 

Strategische Fragen

Diese Thesen finden auch bei Schweizer Banken zunehmend Gehör. Zunächst geht es dabei um die Frage, ob oder wie die Internet-Front-Ends respektive Smartphone-Umgebungen die bereits bestehenden Kanäle sinnvoll ergänzen und zu einer Multikanal-Strategie führen können.

Diese strategische Auseinandersetzung mit den Kanälen beginnt sowohl im Retail wie auch im Private Banking Fuss zu fassen. Noch wenig ist davon im KMU-Business respektive im Grosskundengeschäft zu spüren.

Beispiele mit Potenzial

Die Auseinandersetzung mit neuen Strategien führt zu kreativen Ideen, die welche durchaus Potential haben, so zum Beispiel:

  • Ein Kunde sucht Informationen über Sparzinsen und durchstöbert seine Bank-Website. Danach wickelt er diverse Transaktionen ab und erhält ein auf seine Situation zugeschnittenes Sparangebot.
  • Ein Privatkunde betrachtet die Ertragssituation seiner Anlagen, erhält darauf von seiner Bank den Vorschlag, sich mit Peers zu vergleichen und deren Anlagestrategie zu studieren. Dazu lässt er sich mit einem Berater verbinden, um eine Änderung seines Portfolios zu besprechen.
  • Ein Handwerker erfährt auf Grund ausstehender Rechnungen, in welchen Regionen er mit höheren Ausfällen zu rechnen hat. Daraufhin wird er sich überlegen, wie und ob er dort weiterhin geschäftlich aktiv sein will. Gleichzeitig wird ihm ein entsprechend notwendiger Überziehungskredit angeboten, welcher je nach Art der ausstehenden Rechnungen unterschiedliche Konditionen enthält.

Dabei wird sich auch die Frage stellen, ob diese Angebote kostenlos sind oder individuell verrechnet werden können. Mehr dazu hier. 


Olaf Klein 2Olaf Klein arbeitet seit 2011 bei der IBM und ist in der Marktregion Österreich/Schweiz dafür verantwortlich, bankspezifische Themen voranzutreiben.

Er studierte Physik und Betriebswirtschaft an der Justus-Liebig-Universität in Giessen und promovierte in physikalischer Chemie.

Danach arbeitete Klein für verschiedene, weltweit tätige Banken, wie Deutsche Bank oder Credit Suisse in verschiedener Projekt- oder Linienverantwortung.

 

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