UBS-Topmanager Edmund Koh hat in seiner ganzen Karriere noch nie einen so schlechten Jahresstart an der Börse erlebt. Trotzdem beunruhigt ihn das kaum. Es macht ihm nicht einmal etwas aus, gewisse Gelder abzulehnen.

Einen solchen Einstand hatte er sich schon nicht vorgestellt. Edmund Koh, seit Anfang 2016 oberster Chef im Wealth Management der UBS in Asien, räumt selber ein, dass er in all seinen 28 Jahren im Banking noch nie einen so turbulenten Jahresanfang erlebt habe. «Die Beben an den Börsen in China führten auf einen Schlag dazu, dass sämtliche Anlageklassen einbrachen», stellt er im Gespräch mit finews.ch fest.

Doch im Gegensatz zur vornehmlich westlichen Sicht der Dinge, wo man den Crash zwischen Peking, Schanghai und Hongkong bereits als Bankrott-Erklärung des chinesischen Wirtschaftsmodells deutet, sieht der gebürtige Singapurer, der 2012 zur UBS stiess, die ganze Entwicklung erheblich gelassener.

Kunden sollen abwarten

Zum einen, weil die Volatilität an den Märkten in Asien immer wieder vorkommt, zum andern, weil Koh darin auch eine Bereinigung der Übertreibungen der vergangenen Jahre sieht; insofern könne die jüngste Entwicklung durchaus als Zeitenwende gewertet werden, sagte er vor einigen Tagen am Rande des diesjährigen stars Symposiums in Singapur.

«Ich habe auch keinerlei Mühe, meinen Kunden nun zu raten, mit neuen Investitionen nun etwas zuzuwarten, sagt er im Gespräch weiter. Denn die Kursschwankungen würden vorläufig noch eine Weile andauern. Diese Haltung, sagt Koh, könne er auch gut gegenüber der Konzernzentrale im fernen Zürich vertreten. Denn langfristig sei das Potenzial, das China und die umliegenden Länder bieten würden, nach wie vor intakt.

Genügend geldpolitische Pfeile im Köcher

Dabei verweist er auch auf die stark wachsende Mittelschicht in Asien, die in den nächsten Jahren auf rund 500 Millionen Menschen ansteigen dürfte und unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung gewisse Konsumbedürfnisse entwickeln werde.

Zudem ist Koh überzeugt, dass die Regierenden in Peking durchaus in der Lage seien, eine Finanzkrise abzuwenden: «Dazu besitzen sie mittlerweile nicht nur das nötige Know-how, sondern auch alle erdenklichen geld- und fiskalpolitischen Massnahmen», sagt der UBS-Manager und ergänzt: «Wenn man sich anschaut, was das Reich der Mitte allein zwischen 1989 und heute erreicht hat, dann wird China auch die nächsten 15 Jahre interessant bleiben.»

Verdoppelung des Personals

Von dieser Überzeugung konnte sich die Branche im vergangenen Januar auch ein Bild machen, als die UBS ihre jährliche Investment-Konferenz in Schanghai abhielt und dort mehr oder weniger die Crème de la Crème der chinesischen Hochfinanz versammeln konnte.

In diesem Kontext sagte UBS-Konzernchef Sergio Ermotti, dass man die Absicht habe, den derzeitigen Bestand von 600 Beschäftigten in den nächsten fünf Jahren zu verdoppeln. Noch immer liege nur ein verschwindend kleiner Teil der Vermögen chinesischer Bürger bei den Banken, was auch für die UBS enorme Chancen eröffne, so der Tessiner weiter.

Geschäfte mit der Post

Bisher ist keine andere Schweizer Bank im Reich der Mitte so weit gekommen wie die UBS, die sich vor einigen Monaten auch an der Postal Savings Bank of China (PSBC) beteiligen konnte, wie auch finews.ch berichtete. Zusammen mit neun anderen Institutionellen – darunter der Singapurer Staatsfonds Temasek, die US-Grossbank J.P. Morgan und das Singapurer Geldhaus DBS, gehört sie zur erlauchten Schar der neuen Anteilseigner.

Wie bereits berichtete, wollte sich die UBS gerüchteweise einen Anteil von 2 Milliarden Dollar an der Platzierung sichern. Welchen die Schweizer nun tatsächlich an der chinesischen Postbank erhalten haben, ist nicht bekannt. Die UBS gibt lediglich zu Protokoll, dass sie strategische Kooperationen mit der PSBC plane, um ihr Geschäft im wachsenden China-Markt auszubauen.

Erstmals Filiale an Passantenlage in Schanghai

Die UBS – bereits Asiens grösste Vermögensverwalterin – könnte mit der Beteiligung tatsächlich in neue Sphären vordringen. Die PSBC unterhält in China rund 40'000 Filialen und zählt mehr als 470 Millionen Kunden. Die Schweizer Grossbank könnte über dieses Netz ihre Dienstleistungen vertreiben.

Mit diesen Plänen geht auch der nächste Expansionsschritt der UBS im Reich der Mitte einher. Noch in diesem Monat will die Bank in Schanghais Trend-Quartier Xin Tian Di erstmals in China eine Filiale (mitsamt Kunstgalerie) an Passantenlage eröffnen, wie Recherchen von finews.ch ergaben, welche eine Sprecherin in Singapur bestätigte.

Zwar heisst es offiziell, dass man damit weiterhin nur die vermögende Kundschaft anpeilen wolle, doch kursieren bereits Gerüchte, wonach sich die UBS künftig auch der so genannten Affluent-Klientel annehmen könnte. Das sind Personen und Familien mit Vermögen von einigen Hunderttausend Franken, was wiederum zum Engagement bei der chinesischen Postbank passen würde.

Weitere Sparmassnahmen, weniger Lohn

Die erwähnte Zeitenwende versteht Edmund Koh jedoch in mehrfacher Hinsicht. Zum etwa auch darin, dass in China, aber auch in anderen asiatischen Staaten mittlerweile enorme Bestrebungen bestehen, die Korruption zu bekämpfen sowie andere Missstände zu beheben. Ein Beispiel dafür ist sicherlich die derzeitige Aufarbeitung des Skandals rund um den malaysischen Staatsfonds 1MDB, wie auch finews.ch verschiedentlich berichtete.

Ein Umdenken müsse aber auch bei den Banken erfolgen, erklärt Koh, denn die Regulatoren allein würden nicht im Stande sein, die strukturellen Probleme der Finanzindustrie zu lösen. «Die Banken müssen ihre Kosten weiter reduzieren, und die Löhne werden parallel dazu weiter sinken», sagt er, weist aber gleich darauf hin, dass das alles nicht ausreichen werde. «Wir brauchen auch eine neue Kultur der Verantwortlichkeit («Accountability») für unser Tun», sagt der Banker überaus selbstkritisch.

Kundengelder abgelehnt

Was das im Konkreten etwa heisst, führt Koh gleich selber aus: Im vergangenen Jahr habe die UBS auf erhebliche Neukunden-Gelder verzichtet, weil diese aus Compliance- oder aus geschäftlichen Gründen ein allzu hohes Risiko bargen. Das hatte denn auch zur Folge, dass die UBS im vierten Quartal 2015 beim Neugeld-Zufluss die Finanzgemeinde enttäuschte. Langfristig soll sich diese Haltung jedoch auszahlen, ist Koh überzeugt.

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