Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam ist daran, das Investmentbanking zu stutzen. Doch nun florieren die Geschäfte ausgerechnet in diesem Bereich. Was jetzt?

Vergangene Woche setzten die beiden grossen US-Banken J.P. Morgan und Citigroup bereits klare Zeichen, indem sie für das dritte Quartal 2016 überdurchschnittlich gute Zahlen im Investmentbanking auswiesen. Dabei schnitten vor allem der Handel mit verschiedenen Finanzprodukten sowie die Beratung bei Firmenfusionen und -übernahmen sehr gut ab.

Diese Woche folgen Goldman Sachs und Morgan Stanley mit ihrem Zahlenkranz. Auch hier gehen die Fachleute von sehr guten Ergebnissen aus. Diese Entwicklung muss vor allem im Top-Management der Credit Suisse (CS) zu denken geben.

Falscher Zeitpunkt?

Denn seit geraumer Zeit ist die Schweizer Grossbank unter der Führung von CEO Tidjane Thiam daran, ihr Investmentbanking zu redimensionieren, sprich zu verkleinern, weil die Risiken und Kosten in der Vergangenheit zu hoch waren. Stattdessen setzt die CS nun verstärkt auf das Private Banking, also auf die Vermögensverwaltung für wohlhabende Privatpersonen. Doch kommt diese Neuverteilung der Ressourcen nun zum falschen Zeitpunkt?

Die CS wird am 3. November 2016 ihre Zahlen zum dritten Quartal präsentieren. Nachdem die Bank bereits zur Jahresmitte die Anzeichen eines Turnarounds hatte präsentieren können, dürfte sich per Ende September diese positive Entwicklung, namentlich im Investmentbanking, fortgesetzt haben.

Gute Beratung

Denn zum einen war die Volatilität an den Finanzmärkten in den vergangenen Monaten sehr hoch, was gerade im Handel zu bedeutenden Erträgen führte, und gleichzeitig konnte sich die CS in der Beratung anderer Firmen bei Fusionen, Übernahmen oder Börsengängen überraschend gut in Szene setzen, was tatsächlich zu höheren Erträgen führte. Insofern dürfte die vor kurzem noch krisengeschüttelte Schweizer Grossbank auf dem besten Weg der Genesung sein.

Fachleute wissen allerdings auch, dass das ganze Investmentbanking höchst schwankungsanfällig ist. In florierenden Zeiten verhilft es rasch zu extrem hohen Einnahmen, in schlechten Zeiten hingegen verschlingt es enorm viel Geld, das jeweils für grossen Transaktionen benötigt wird. Schon oft musste die CS in der Vergangenheit mit ihren stabilen Erträgen aus der (klassischen) Vermögensvermögensverwaltung (Private Banking) die Dellen im Investmentbanking glätten.

Schon bessere Zeiten gesehen

Doch nun dürfte genau das Gegenteil der Fall sein: Das Investmentbanking stützt das Private Banking, das seit geraumer Zeit branchenweit schwächelt. Zu sehr halten sich viele vermögende Personen auf Grund der wirtschaftlichen und politischen Risiken und Ungewissheiten auf der Welt mit neuen Investitionen zurück. Selbst im Wachstumsmarkt Asien waren die Zeiten schon besser, wie bereits die Semesterergebnisse der meisten Grossbanken illustrierten.

Insofern wird das dritte Quartal 2016 zu einem zentralen Indikator für den weiteren Verlauf der CS-Strategie sein. Zum einen muss die Bank beweisen, dass der Entscheid, den Fokus auf die Vermögensverwaltung gelegt zu haben, der richtige war, und zum andern darf sie sich keine wertvollen Erträge aus dem Investmentbanking entgehen lassen. Denn gerade letzteres würde von den Finanzanalysten wenig goutiert, was wiederum zu einer Tieferbewertung der CS-Aktie führen würde.

Was macht die Schweiz?

Mit Blick auf die Dritt-Quartals-Zahlen wird die Geschäftsentwicklung in zwei Bereichen entscheidend sein: Erstens, gelingt es der CS, ihre Strategie der Unternehmerbank in Asien so erfolgreich wie bisher weiterzuführen, indem sie das Investmentbanking in Kombination mit dem Private Banking sehr wohlhabenden Unternehmern anbietet?

Und zweitens, welche weiteren Meilensteine kann die Bank auf ihrem Weg, das Schweizer Geschäft teilweise zu verselbständigen respektive 2017 an die Börse zu bringen, nun vermelden? Auch in der Schweiz will die CS das Konzept der Unternehmerbank noch weiter ausbauen, wie finews.ch unlängst meldete.

Ironie des Schicksals

Vieles deutet darauf hin, dass CEO Thiam mit den Zahlen des dritten Quartals 2016 endgültig den Durchbruch seiner Strategie verkünden kann. Ironie des Schicksals könnte allerdings sein, dass er diesen Exploit nur dank jener Geschäftsbereiche erreicht, die er eigentlich am Herunterfahren ist.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.69%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.36%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    15.58%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    45.7%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.66%
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