Die Überprüfung aller Kunden dauert bei Julius Bär bereits drei Jahre. Jetzt hat die Bank erstmals die damit verbundenen Kosten offen gelegt. Sie zahlt einen hohen Preis für frühere Versäumnisse.

«Projekt Atlas» heisst der Vorgang, der seit 2016 bei Julius Bär erhebliche Ressourcen bindet. Denn die Bank will alle ihre Kunden neu erfassen und rapportiert dies auch regelmässig an die Finma. Dadurch will sie alle restlichen und vermeintlichen Risiken bezüglich Kunden, Herkunft der Gelder, Steuerpflichten und schwer nachvollziehbaren Transaktionen eliminieren. Kunden, welche die verlangte Transparenz nicht erfüllen können, sind nicht mehr erwünscht.

Julius Bär nennt den Vorgang offiziell anders: «Client Documentation Process». Unter dieser Bezeichnung hat die Privatbank am Montag in ihrer Präsentation zum Jahresergebnis 2018 erstmals detailliert über die Kosten dieser Tätigkeit informiert.

Annähernd 90 Millionen Franken

Man muss zwar in den Fussnoten nachschauen, um die Kostenaufstellung zu finden. Doch dort steht dann klar: Im Jahr 2017 kostete «Atlas» 13 Millionen Franken, im Jahr 2018 waren es dann 34 Millionen, und für das Jahr 2019 werden Kosten von rund 40 Millionen Franken veranschlagt. Das ergibt eine Summe von 87 Millionen Franken.

Geld, das die Bank aufgewendet hat und noch aufwenden muss, um etwas festzustellen, was eigentlich zu den Grundprinzipien im Private Banking der Neuzeit gehören sollte: Die einwandfreie Identifikation eines Kunden und der Millionen, die er der Bank anvertrauen möchte.

Compliance-Regeln gedehnt?

Dieser «Documentation Process» ist nicht nur extrem kostenintensiv, er ist auch lähmend. Von Julius-Bär-Kundenberatern hört man, dass sie mit nichts anderem mehr beschäftigt seien. Andere beginnen ihre Arbeitstage um 6.00 Uhr morgens, um mehr Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben zu gewinnen. Kunden würden sich beschweren, weil sie Dokumente und Erklärungen nochmals vorlegen müssten.

«Atlas» ist insofern eine Wurzel des Übels, das Julius Bär plagt – ein Folge des ungestümen Wachstums unter dem vormaligen CEO Boris Collardi, der bestehende Compliance-Regeln bei der Kundenannahme –gelinde gesagt – gedehnt hat, um das anvisierte Nettoneugeldwachstum jeweils zu übertreffen.

Mehrere Korruptionsfälle

Unter Collardi schwollen die verwalteten Vermögen bis 2017 auf knapp 400 Milliarden Franken an. Julius Bär stiess unter die grössten Privatbanken der Welt vor, der Aktienkurs verdoppelte sich zwischen 2009 und 2017. Mehr als 40 Prozent davon verlor die Julius-Bär-Aktie allerdings 2018 wieder – in einem Jahr, in dem die Bank ihren Gewinn nur noch knapp steigern konnte.

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