Als die USA den Banken dieser Welt Fatca aufzwangen, befürwortete Filippo Noseda dies. Denn er hasste die Schweizer Banken. Heute kämpft der Schweizer Anwalt gegen dieses Steuerdaten-Gesetz. Er tut es für Jenny.

Filippo Noseda ist auf einer Mission: Seit 2016 kämpft der Schweizer Anwalt gegen Fatca, den «Foreign Account Tax Compliance Act», den die USA nach der Finanzkrise den Banken und vor allem den im Ausland lebenden Amerikanern aufgezwungen haben.

Die Korrespondenz, welche Noseda für sein Ziel geführt hat, füllt Regale; sie kann auf der Website von Mishcon de Reya, einer international tätigen auf Steuerrecht spezialisierten Anwaltskanzlei, eingesehen werden: Briefe an die OECD, an das Europäische Parlament, an die britische Datenschutzbehörde ICO, an die EU-Datenschutzbehörde EDPB, an die französische Datenschutzbehörde CNIL und vor allem an die britische Steuerbehörde Her Majesty's Revenue and Customs (HMRC).

Verletzung der Menschenrechte

Fatca und andere Programme, welche der sogenannten internationalen Steuertransparenz dienen, laut Noseda ein grober Verstoss gegen den Schutz der Privatsphäre und somit eine Verletzung der Menschenrechte.

Noseda ist ein Überzeugungstäter. Der Tessiner schloss zwar 1995 an der Universität in Zürich sein Jus-Studium ab, zog aber zur Jahrtausendwende nach London, um dort als Steueranwalt tätig zu sein. In Zürich zu praktizieren wurde zunehmend unmöglich für ihn: Das Bankkundengeheimnis erschien ihm als die grösste Dummheit überhaupt.

Er hasste das Swiss Banking

«Ich habe das Banking in der Schweiz wirklich gehasst», sagte Noseda gegenüber dem britischen «Spears»-Magazin. Bei der internationalen Kanzlei Withers, wo Noseda im Jahr 2003 landete, hörte er erstmals von Fatca – und tauchte tief in die Thematik. «Nach der Lektüre hatte ich meinen Heureka-Moment: Das ist fantastisch!» Fatca fand in Noseda einen grossen Befürworter – weil er das Geschäftsmodell des Swiss Banking so verabscheute.

Die Schweizer Banken verabscheuten ihrerseits Fatca – mussten aber wie der Rest der Welt klein beigeben. Präsident Barack Obama führte das Gesetz ein, um der internationalen Steuerflucht einen Riegel zu setzen. Doch Fatca erwies sich als Flop, die US-Staatskasse zu füllen. Ein paar wenige Milliarden Dollar anstatt der von Obama versprochenen Hunderten flossen dank Fatca bislang in die USA.

Edward Snowden öffnete die Augen

Inzwischen dämmerte es Noseda auch, welche Massen von Personendaten Fatca beinhalten würde. Und er stellte sich die Frage: «Was geschieht, wenn die Daten gehackt werden?»

Diese Erkenntnis bescherte ihm unter anderem Edward Snowden, der NSA-Whistleblower, der der Welt aufzeigte, dass staatliche Behörden in den USA die Privatsphäre durch ihre Datensammelwut massiv verletzten. Fatca sei auch eingeführt worden, bevor internationale Hackerbanden Datenbanken plünderten oder lahmlegten und es in Behörden und Unternehmen regelmässig zu Datenlecks kam, so Noseda.

«Das schliesst auch schockierende Vorkommnisse bei Steuerbehörden ein, wie den Diebstahl von Daten von praktisch jeder erwachsenen Person in Bulgarien, den Verlust von Daten von über 6 Millionen Steuerzahlern in den USA und das Eingeständnis der OECD, dass Datendiebstahl den Automatischen Informationsaustausch beeinträchtigt hat», sagte er zu Beginn dieses Jahres dem «Tax Journal».

Daten liefern, ohne steuerpflichtig zu sein

Das Pendel habe von einem Extrem ins andere zurückgeschlagen, von höchster Diskretion zu höchster Transparenz. «Und während das geschehen ist, wurden fundamentale Menschenrechte, wie der Schutz der Privatsphäre, mit Füssen getreten.»

Noseda hätte in Grossbritannien wohl nicht die Publizität erlangt, wenn da nicht Jenny gewesen wäre. Sie, eine in Grossbritannien lebende amerikanische Staatsbürgerin, deren Identität geschützt bleibt, erhielt im Jahr 2016 einen Brief ihrer Bank.

Weil sie möglicherweise in den USA Steuern zahlen müsse, brauche die Bank persönliche Daten, die mit ihren Bankdaten über die britische Steuerbehörde an die USA gesendet würden. Folge sie nicht den Anweisungen, würde sie bei den Steuerbehörden gemeldet, unabhängig davon, ob sie in den USA steuerpflichtig sei oder nicht.

Durch Crowdfunding finanziert

Jenny wehrte sich: Zunächst bei der britischen Steuerbehörde, dann beim britischen Datenschützer – vergeblich. 2018 lernte sie an einer virtuellen Steuerkonferenz Noseda kennen, er wurde ihr Steueranwalt. Doch Jenny hatte ein Problem: Sie konnte sich Noseda und die bei Mishcon de Reya üblichen Anwaltshonorare nicht leisten. So wurde Jenny zur ersten Fall der Kanzlei, der über ein Crowdfunding finanziert ist.

Noseda und Jenny zogen den Fall weiter und werden demnächst vor dem High Court stehen. Dieses muss entscheiden, ob die britische Steuerbehörde HMRC Fatca bei Jenny überhaupt durchsetzen darf.

Fällt die HMRC, dann werde Fatca auch mit der EU-Datenschutzregulierung und mit dem EU-Recht inkompatibel sein, so Noseda. Und das werde erst der Start sein. Er wolle einen europaweiten Präzendenzfall in Bezug auf Datenschutz schaffen, sagte Noseda gegenüber finews.ch.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.58%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.67%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.21%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.03%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.5%
pixel