Paul Arni will die VP Bank transformieren. Es müsse jedem klar sein, dass Veränderungen notwendig seien, sagt der CEO im Interview mit finews.ch. Klagen der Kundenberater über administrativen Mehraufwand mag er nicht mehr hören.


Herr Arni, Sie wollen die VP Bank als – und das sind Ihre Worte – «internationale, offene Plattform für Services rund um Vermögensfragen positionieren». Sie führen also eine Transformation der Bank durch. Wie schwierig ist es, die Mitarbeitenden darauf einzuschwören?

Das ist sicherlich eine Herausforderung. Zum ersten sind ich und meine Führungscrew den Mitarbeitenden vielfach länger nicht mehr physisch begegnet. Das ändert sich nun langsam wieder. Da wir in den letzten Monaten das Management erneuert haben, müssen sich die Leute erst mal kennenlernen. Handkehrum findet diese Transformation nicht für alle gleichzeitig statt und betrifft nicht alle im gleichen Ausmass. Aber ja, die Pandemie hat sicher nicht geholfen.

Sie sprechen die Auslagerung der IT an?

Unter anderem. Zur Präzisierung: Wir lagern den Betrieb der IT-Infrastruktur aus, alle übrigen Bereiche der IT verbleiben innerhalb der VP Bank. Die IT-Strategie ist ein zentrales Element unserer Vision, ein «International Open Wealth Service Pioneer» zu sein. Und ja, die Kommunikation rund um den Entscheid den Betrieb der IT-Infrastruktur auszulagern, wurde durch die Covid-Situation sicher nicht einfacher.

Sie mussten mitten im Lockdown den Chefposten in Asien neu besetzen. Wie ging das vor sich?

Ich möchte betonen, dass es nicht um «müssen» geht, sondern um einen weiteren konsequenten Schritt in der Umsetzung unserer strategischen Ziele. Ich bin im April in einer sogenannten «Business Bubble»-Reise nach Singapur geflogen, um die Ernennung von Pamela Hsu Phua zur CEO VP Bank Asia wenigstens durch die «Scheibe» unserem lokalen Management direkt kommunizieren zu können.

«Dass Veränderungen notwendig sind, ist allen klar»

Die Schutzmassnahmen waren rigide, aber ich empfand es als grossen Gewinn, trotz Trennglas die Mitarbeitenden physisch sehen und sprechen zu können.

Wie gut kommen Sie mit der Transformation voran?

Entsprechend unseren Erwartungen. Wir kommunizieren sehr viel und beginnen zu spüren, dass unsere Mitarbeitenden die Strategie zunehmend verstehen und aufnehmen. Unsere Planung ist sehr strukturiert und transparent. Dies hilft, den Mitarbeitenden die fundamentalen Gründe dieser Transformation deutlich zu machen. Ich glaube, dass Veränderungen in unserem Geschäft notwendig sind, ist inzwischen allen klar.

Die VP Bank hatte bislang einen Boutiquen-Charakter und gilt eher als Nischenplayer. Nun folgt ein gross geplanter Umbau, der diesen Charakter auf die Probe stellt.

Es ist eine konsequente und gezielte Weiterentwicklung der VP Bank und es ist meine Überzeugung, dass es für jedes Unternehmen gefährlich ist, davon auszugehen, dass ein gut laufendes Geschäft weiterhin gut laufen wird. Wir haben unsere Strategie auf drei Säulen aufgebaut: Wir gehen von einem starken bestehenden Geschäft aus, welches wir an unseren Standorten spezifisch weiterentwickeln wollen. Zweitens wollen wir skalieren: Das heisst, wir optimieren unsere Systeme und Prozesse und bauen die technische Grundlage, damit wir in der Lage sind, ein offener Anbieter von Services rund um Vermögensfragen zu werden.

«Jeder zusätzliche Basispunkt ist einer mehr als heute»

Der dritte Teil, den wir «Move» nennen, besteht darin, neue Geschäftsopportunitäten zu erschliessen. Der neue Bereich Client Solutions und das damit verbundene Ökosystem 'Orbit', eine offene Plattform für Privatmarkt-Anlagen, ist ein Beispiel dafür. Sie wird diesen Sommer live gehen.

Sie wollen eine sogenannte Open Wealth Service Plattform schaffen, auf der sie auch Services von Drittanbietern anbieten. Das ist ein niedrigmargigeres Geschäft. Macht das angesichts der ohnehin sinkenden Margen im Private Banking Sinn?

Ja. Wir geben das bestehende Geschäft mit vermögenden Privatkunden, welche entweder direkt oder über Intermediäre betreut werden, ja nicht auf. Wir weiten unser bestehendes Angebot über eine Plattform aus und streben Dienstleistungen für Kunden an, die nicht bei der VP Bank gebucht sind. Jeder zusätzliche Basispunkt, den wir dadurch erwirtschaften, ist einer mehr als heute.

Wie sieht das konkret aus?

Wir nutzen unser starkes Intermediär-Geschäft und können darüber massgebliche Multiplikationseffekte erzielen, indem wir einerseits mit einem umfangreicheren offenen Angebot interessanter werden und wir andererseits auch Services für Kunden anbieten, die keine Konto- oder Depotbeziehung bei der VP Bank haben. Dadurch erhöhen wir den adressierbaren Markt signifikant ohne zusätzliche Akquisitionskosten.

«Die Umstellung kann mehr Aufwand bedeuten»

Ich glaube, mit dieser Vision eines Open Wealth Dienstleisters nehmen wir international eine Pionierrolle ein.

Man hört aus der Bank, dass ein schärferes Risikomanagement dazu geführt hat, auch langjährige Kundenbeziehungen zu Vermögensverwaltern zu kündigen. Was sind die Gründe dafür?

Es ist richtig, dass wir unter der Führung des neuen Chief Risk Officers unser Risiko Management bezüglich Prozesse, Governance und Regelwerke einer Modernisierung unterzogen haben. Einerseits um nach dem starken Wachstum der vergangenen Jahre diesen Bereich robuster auszugestalten und andererseits, um so eine stabile Grundlage für das weitere strategische Wachstum zu schaffen. Dies beinhaltete auch, dass wir im vergangenen Jahr unsere Zielmärkte neu definiert haben: Kernmärkte, übrige und inaktive Märkte. 

Sorgte der höhere administrative Aufwand für Unmut bei ihren Kundenberatern?

Wir sollten wegkommen davon, die vertiefte Kenntnis der Kundenbeziehungen als administrativen Aufwand zu sehen. Das ist das Kernverständnis unseres Geschäfts. Wir haben zu Beginn des Jahres mit der Einführung des «RM Cockpits» unseren Kundenberatern einen modernen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt, der unter anderem auch die Pendenzen im eigenen Kundenbuch anzeigt. Die Umstellung der Arbeitsweise kann für Kundenberater im Einzelfall mehr Aufwand bedeuten.

Der Kreditfall bei der VP Bank letztes Jahr und der Archegos-Fall in diesem Jahr bei den Grossbanken haben gezeigt: Eine einzige schiefgehende Kundenbeziehung kann ein ganzes Jahresergebnis extrem negativ beeinflussen. War dies für Sie ein Weckruf, das Risikomanagment zu verbessern?

Ich glaube nicht, dass wir diese beiden Fälle miteinander vergleichen sollten. Aber grundsätzlich brauchte ich keinen Weckruf für die Überzeugung, uns bezüglich Risiko- und Kreditmanagement robust für die Zukunft aufzustellen. Und dies geschah vorzugsweise bevor wir in den neuen Strategiezyklus gehen.

«Tokenisierung entspricht in Liechtenstein einem Bedürfnis»

Damit möchte ich nicht wegdiskutieren, dass der Kreditfall vom letzten Jahr für die VP Bank substanziell und schmerzhaft war. Darum habe ich den Vorfall auch umfassend von Externen untersuchen und die Hintergründe klären lassen, sowie die notwendigen Aktivitäten inklusive personelle Entscheidungen ausgelöst.

Sie planen ein Angebot mit tokenisierten Assets. Wie weit sind Sie damit?

Bezüglich Digitalisierung von Assets sind wir in einer Pilotphase. Ein Kunde hat uns gefragt, ob wir ein Kunstwerk digitalisieren können. Das klingt einfach, beinhaltet aber wichtige Aspekte wie Technik, Compliance und operationelle Fragestellungen. Wir haben mit einem externen Partner zusammengearbeitet und gehen nun davon aus, dass wir ab kommenden Herbst die «Art Tokenisation» anbieten können.

NFTs sind ein Riesentrend – warten die Kunden da auf die VP Bank?

Liechtenstein hat als Standort zwei Vorteile: Erstens sind hier sehr viele Stiftungen ansässig, deren Vermögen teils aus nonbankable Assets bestehen. Diese zu digitalisieren entspricht einem Bedürfnis, hauptsächlich um sie ins Reporting aufnehmen zu können. Und zweitens ist der regulatorische und gesetzliche Rahmen in Liechtenstein mit dem TVTG (Blockchain)-Gesetz, das seit 1. Januar 2020 in Kraft ist, ein Wettbewerbsvorteil.

Diese Umsetzung des Strategieplans kostet Geld – gleichzeitig haben Sie das Ziel bei der Cost-Income-Ratio, die 70 Prozent nicht zu überschreiten. Wie läuft es also auf der Ertragsseite?

Der Strategieprozess ist sorgfältig aufgesetzt und abgestützt, auch bezüglich finanzieller Planung. Wir planen nicht den 'Hockey-Stick', sondern bauen sukzessive unser Geschäft aus. Dazu gehört auch unser bestehendes Private-Banking und Intermediärs-Geschäft in den einzelnen Niederlassungen. In Asien zu Beispiel haben wir mit der neuen, erfahrenen Führung unter Pamela Hsu Phua für unsere gesamten asiatischen Aktivitäten die richtigen Voraussetzungen geschaffen.

«Die Märkte helfen uns auch»

Zudem sehen wir auch durch unsere Kooperation mit Hywin Wealth International grosse Wachstumsmöglichkeiten. Der Vorteil der VP Bank ist zudem, dass sie im Vergleich zu mancher Konkurrenz kaum einen inhärenten Interessenkonflikt mit Bezug auf die Zusammenarbeit mit Intermediären hat. Das Intermediär-Geschäft ist für rund 50 Prozent unseres Geschäfts verantwortlich und ist so bezüglich Investitionen in einem ausgewogenen Verhältnis mit dem Privatkundengeschäft. 

Also: Die VP Bank steigerte sich im ersten Halbjahr?

Ich kann vor der Publikation der Halbjahreszahlen keine Aussage machen. Fakt ist aber: Unsere Geschäftsaktivitäten stimmen mich zufrieden, wir arbeiten konsequent entlang unserer strategischen Meilensteine und die Märkte helfen uns auch.


Paul Arni ist seit dem Herbst 2019 CEO der liechtensteinischen VP Bank. Der 56-Jährige hat seine Karriere in Grossbanken UBS und Credit Suisse gemacht. Bei Julius Bär leitete er das Kundengeschäft im Grossraum Zürich. Vor seinem Engagement bei der VP Bank war Arni Leiter Wealth Management Schweiz und Mitglied der Geschäftsleitung der Deutsche Bank (Schweiz) gewesen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.59%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.59%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.24%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.06%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.51%
pixel