Herbert Scheidt erwartet höhere Kreditausfälle in den nächsten Monaten. Darum sei zusätzliche Investment-Expertise gefragt. Vor diesem Hintergrund liebäugelt die Bank Vontobel mit einem Einstieg ins Private-Market-Geschäft, wie deren Verwaltungsratspräsident erklärte.

Mit wenigen Ausnahmen haben die Schweizer Banken im ersten Halbjahr 2021 Glanzresultate erzielt, wie auch finews.ch verschiedentlich berichtete.

Die teilweise rekordhohen Ergebnisse sind vor allem der wirtschaftlichen Erholung nach dem Start der Impfprogramme in vielen Ländern und gleichzeitig der guten Börsenentwickelt im ersten Semester 2021 geschuldet.

Temporäres Phänomen

Herbert Scheidt, Präsident des Verwaltungsrats des Zürcher Investmenthauses Vontobel, warnt nun allerdings vor überhöhten Erwartungen in den kommenden Monaten, wie er an einem Mediengespräch in Lausanne erklärte. «Dass es den Banken so gut geht, ist ein temporäres Phänomen, das auf die Liquidität der Zentralbanken zurückzuführen ist», sagte er mit Nachdruck. Das werde nicht immer so bleiben.

Bisher habe man auch in der Wirtschaft vergleichsweise wenige Insolvenzen gesehen, so Scheidt weiter. Angesichts der wirtschaftlichen Erholung dürften aber verschiedene Notenbanken ihre Geldpolitik wieder restriktiver gestalten. Vor diesem Hintergrund rechnet der Vontobel-Präsident mit einer «Welle an Kreditausfällen». Und dies werde selbstverständlich Auswirkungen auf den Geschäftsgang der Banken haben.

Akquisitionen in den USA und Asien im Visier

Tatsächlich entwickelt sich die Börse im aktuellen zweiten Semester 2021 wesentlich verhaltener als noch im ersten Halbjahr. Auch dies ist ein Hinweis darauf, dass Euphorie derzeit verfehlt ist. Für Scheidt ist klar, dass eine noch verstärkte Spezialisierung auf die potenziellen Risiken im Bankgeschäft erforderlich ist – insbesondere im Bereich der festverzinslichen Anlagen (Fixed Income), wo angesichts der anhaltenden Negativzinsen umso mehr Know-how gefragt sei.

Trotz des ungewissen Umfelds sieht Vontobel intakte Wachstumschancen. Der Fokus liege dabei auf organischem Wachstum, sagte Scheidt, doch er schliesse auch Akquisitionen nicht aus. Konkret könnte er sich eine Übernahme in den USA vorstellen, um das bestehende Geschäft der Quality-Growth-Boutique auszubauen.

Viel Geld nötig

Auch in Asien wäre Vontobel einer Akquisition nicht abgeneigt, wobei dies wesentlich schwieriger sei, da das Unternehmen – im Gegensatz zu den USA – weniger stark verankert sei. Das hängt wiederum auch damit zusammen, dass sich Vontobel vergleichsweise spät in Asien niederliess. Scheidt betonte auch, dass in Asien sehr hohe Investitionen nötig seien, um profitabel zu werden.

Neben diesen beiden geografischen Expansionsplänen prüft das Zürcher Finanzinstitut auch einen Einstieg ins Private-Market-Geschäft. Gemeint sind damit Investitionen in nicht-kotierte Unternehmen und öffentlich-rechtliche Körperschaften. Bei diesen Anlagen ist das Geld länger gebunden, generiert im Erfolgsfall aber wesentlich höhere Rendite als an den traditionellen Finanzmärkten.

Neuer Trend

Angesichts der bereits sehr hoch bewerteten Börsen haben in den vergangenen 18 Monaten bereits zahlreiche Banken ihre Kapazitäten im Geschäft mit sogenannten Privatanlagen ausgebaut, wie finews.ch verschiedentlich schon berichtete. Denn die Privatmärkte korrelieren wenig bis gar nicht mit der Entwicklung an den Finanzmärkten.

 

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