Schweizer Vermögensverwalter und Privatbanken steuern auf eines der besten Semesterresultate in der Geschichte zu. Die Gründe dafür liegen nicht allein in den boomenden Märkten und aktiveren Kunden. Und der Anlage-Boom birgt natürlich Risiken.

Die Online-Bank Swissquote war diese Woche nicht das einzige Schweizer Finanzinstitut, das den Märkten signalisierte: «Wir sind auf Rekordkurs«. Auch der Derivate-Spezialist Leonteq meldete frühzeitig, einen Semester-Rekordgewinn zu verzeichnen.

Nicht ganz zufällig handelt es sich bei Swissquote und Leonteq um hoch digitalisierte Finanzinstitute, welche höhere Kundenaktivitäten und Handelsvolumen direkt in steigende Gewinne skalieren können.

Sogar Finanzaktien boomen

Aber vom derzeitigen Marktumfeld profitieren Asset Manager wie Privatbanken gleichermassen – nur gute Geschäfte mit Kunden, hohe Geldzuflüsse, wo man hinhört. Das zeigt sich auch an den Aktienkursen: Julius Bär, die Aktie ist eine der Favoritinnen der US-Bank Morgan Stanley unter Finanztiteln, notiert nahe am Allzeithoch, Vontobel handelt in Sphären, die zuletzt vor der Finanzkrise erreicht worden waren.

Auch die Aktie des Asset Managers Bellevue ist auf dem höchsten Niveau seit zehn Jahren. Und Swissquote hangelt sich von einem Allzeithoch zum nächsten. Sogar die UBS-Aktie liegt, trotz des Archegos-Verlustes, mit 16 Prozent im laufenden Jahr im Plus; die Credit-Suisse-Aktie verharrt derweil, aus bekannten Gründen, unter der 10-Franken-Marke.

Volumenanstieg von hohem Niveau aus

Fürs Private Banking sind die Marktbedingungen derzeit praktisch perfekt – sogar die Zinskurve steigt wieder. Vor allem sind es aber die starken Performances an den Aktienmärkten, welche die Erträge mit Vermögensverwaltungsmandaten sowie im Handelsgeschäft treiben, wie Christian Hintermann, der Top-Bankenberater bei KPMG, im Gespräch mit finews.ch sagt. «Auch die Volumen: Die Niveaus der verwalteten Vermögen in den Banken sind bereits im Vorjahr gestiegen, davon profitieren sie nun auch, weil die Kundenaktivität hoch ist.»

Sein Kollege bei Deloitte, Jean-François Lagassé, beobachtet zudem ein bislang wenig beachtetes Kundensegment, das nun Erträge generiert. «Während der Covid-Pandemie ist die Sparquote generell gestiegen. Diese Gelder der Kleininvestoren, die auch vom Wiederaufschwung profitieren wollen, fliessen nun vermehrt in günstige Anlageprodukte wie ETF», sagt Lagassé gegenüber finews.ch.

Cost-Income-Ratios sinken

Und er hat noch einen weiteren Ertragsfaktor ausgemacht: «Die Privat- und Retailbanken haben durch das Abwälzen der Negativzinsen ihre Kunden praktisch gezwungen, mit ihren Barmitteln in den Märkten aktiver zu werden.»

Die Erträge sprudeln also – und auf der Kostenseite sind einige Faktoren, welche die Cost-Income-Ratios gut aussehen lassen werden. Zunächst ist da der Corona-Effekt: Weniger Reisen, weniger Spesen sowie Event- und Sponsoringausgaben wirken sich auf die Kostenbasis aus. Gemäss Lagassé haben mit dem Pandemie-Ausbruch im letzten Jahr viele Banken ihre Investitionsprogramme gestoppt – auch dies wirkt sich auf der Gewinnseite aus.

Märkte in der Hype-Phase

«Die Banken beginnen erst jetzt wieder, diese Programme hochzufahren», so der Deloitte-Berater. Nicht zuletzt haben die Banken die volatilen Phasen an den Börsen ohne Kreditausfälle und Margin Calls überstanden – mit Ausnahme der UBS und der Credit Suisse, die mit Archegos zusammen fast 6 Milliarden Franken Verlust eingefahren haben.

Hintermann und Lagassé wären aber keine gesuchten Berater auf dem Schweizer Finanzplatz, wenn sie nicht weiter in die Zukunft blicken würden. Ein oder zwei Rekordsemester vermögen strukturelle Probleme bei den Banken nicht zudecken.

Ohne Zweifel sind die Märkte in einer Hype-Phase: neben dem Zentralbankengeld als fundamentaler Treiber ist es auch das Retailgeld, das die Kurse treibt – und die Retailkunden sind (leider) immer das letzte Anlegersegment, das auf den Börsenzug aufspringt.

Marktkorrektur täte weh

Mit dem Risiko einer Marktkorrektur müssen die Banken leben – und sie würden davon auch zunächst wegen der Volatilität profitieren, wie Lagassé bemerkt. «Dann würde aber ihre Ertragskraft erheblich beeinträchtigt werden, da private Investoren, die unter den Marktverlusten gelitten haben, nur sehr zögerlich wieder in den Markt einsteigen würden. Dies in Kombination mit negativen Zinsen würde die Fähigkeit der Banken zur Umsatzgenerierung erheblich beeinträchtigen.»

Hintermann ergänzt: «Das gute Umfeld überdeckt teilweise auch vorhandene Probleme. Es gibt in der Schweiz immer noch ein ganzes Segment von Privatbanken, das mit einer zu hohen Kostenbasis kämpft.»

Es gibt ein weiteres Anzeichen für eine Hype-Phase – und dieses zeigt sich am unbedingten Willen von gewissen Banken, Akquisitionen zu tätigen. «Wir beobachten Banken, die bereit sind, äusserst hohe Preise für eine Akquisition zu bezahlen», sagt Lagassé. Aber die gute Marktphase hat den Konsolidierungsdruck gemindert. «An potenziellen Käufern mangelt es nicht», sagt Hintermann. «Aber verkaufen wollen derzeit natürlich weniger.»

 

 

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.6%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.18%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.61%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.39%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.23%
pixel