Philipp Hildebrand hat 2008 die staatliche UBS-Rettung orchestriert. Nun bringt er sich als potenzieller Präsident ebendieser Bank in Stellung. Das stösst nicht überall auf Begeisterung.

Im vergangenen Jahr kandidierte der frühere Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB) für den Vorsitz der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Allerdings erfolglos und dies trotz tatkräftiger Unterstützung des Bundesrats, dem einiges daran lag und immer noch liegt, den international bestens vernetzten Philipp Hildebrand zu rehabilitieren, nachdem dieser 2012 aufgrund einer heiklen Devisentransaktion seiner Gattin das SNB-Präsidium hatte aufgeben müssen.

Auch für die Nachfolge Urs Rohners an der Spitze des Aufsichtsgremiums der Credit Suisse (CS) galt Hildebrand als Anwärter. Zum Handkuss kam dann Ende April 2021 der Portugiese António Horta Osório.

Treffen mit Axel Weber und Jeremy Anderson

Seit neun Jahren ist Hildebrand als Vice-Chairman für den US-Asset Manager Blackrock tätig, wobei in Finanzkreisen nicht ganz klar ist, worin seine Funktion dort besteht, ausser, dass er sein persönliches Netzwerk zur Verfügung stellt – was auch nicht ohne ist, wie es weiter heisst.

Nun aber verdichten sich die Hinweise, dass der 58-jährige Hildebrand zu den Kronfavoriten für die Nachfolge von Axel Weber an der Spitze des Verwaltungsrats der UBS gehört, wie Recherchen von finews.ch ergaben. Unlängst hat er sich denn auch mit Weber sowie mit UBS-Verwaltungsrat und Mitglied des Nominierungsausschusses Jeremy Anderson getroffen, wie Personen, die mit der Sache vertraut sind, berichten.

Nur noch wenige Kandidaten im Rennen

Mit dem wichtigen UBS-Mandat respektive der Weber-Nachfolge ist der Kaderpersonal-Vermittler Egon Zehnder betraut, der schon seit vielen Jahren mit der grössten Bank der Schweiz zusammenarbeitet.

Wie weiter zu erfahren war, sind bloss noch sehr wenige Kandidaten im Rennen. Und weil man sich im Prozess offenbar sehr wohl fühlt, kann es sich die UBS leisten, noch eine Weile zuzuwarten, bis sie den Kandidaten, der in fünf Monaten von den Aktionärinnen und Aktionären gewählt werden soll, bekannt gibt.

Weder Hildebrand noch die UBS wollten zu diesen Informationen Stellung beziehen.

Kandidat aus Deutschland

Neben Hildebrand gilt noch ein weiterer Anwärter als aussichtsreicher Kandidat, nachdem der frühe Favorit, Roche-Präsident Christoph Franz, selber ausschied. Es handelt sich um Theo Weimer, seit 2018 CEO der Deutschen Börse und früher Goldman-Sachs-Partner sowie von 2007 bis 2017 in verschiedenen Chargen für die italienische Unicredit respektive deren deutsche Tochter Hypovereinsbank tätig.

Nicht im Rennen für den UBS-Posten ist der Deutsche Jens Weidmann. Der Präsident der Deutschen Bundesbank, der seinerzeit die Nachfolge von Axel Weber in diesem Job übernahm, gab zwar vergangene Woche seinen Rücktritt bekannt, doch hat er eine zweijährige Karenzzeit zu beachten, so dass er nicht in Frage kommt.

Viele Neider

Die UBS will bis Ende Jahr die Nachfolgeregelung bekanntgeben, hat aber keine Eile damit, weil derzeit die Lokalrivalin CS mit ihren Skandalen den medialen Raum für sich beansprucht. Die Generalversammlung der UBS findet am 22. April 2022 statt.

Ganz unumstritten ist Hildebrand in der Schweizer Finanzbranche allerdings nicht. Aufgrund seiner internationale Erfahrung und seines äusserst selbstsicheren Auftretens zieht er viele Neider auf sich. Zudem beruht sein Werdegang ursprünglich auf den politischen Wissenschaften; er verfügt auch nicht über einen klassischen Karriereverlauf in grossen Banken. Sowohl bei der Genfer Union Bancaire Privée (UBP) als auch bei der Zürcher Vontobel blieb sein Leistungsausweis durchzogen.

In Hildebrands Wohnung bestellt

Den grössten Vorwurf indessen, der ihm aus Bankenkreisen entgegenschlägt, ist der Umstand, dass er in der Finanzkrise von 2008 die UBS in die Knie gezwungen haben soll, so dass sie Staatshilfe beantragen musste.

Im Jahr 2018 – also zehn Jahre nach der angeblichen Staatsrettung – erklärte der frühere UBS-Präsident Peter Kurer gegenüber verschiedenen Medien, darunter auch finews.ch, er und andere Vertreter der Bank seien an einem Sonntagmorgen in die Wohnung Hildebrands bestellt worden. Und obschon die UBS versicherte, die Lage im Griff zu haben und entsprechend ohne Staatshilfe auskomme, hätten die SNB sowie die damalige Bankenkommission (heute: Eidgenössische Finanzmarktaufsicht, Finma) umgehende Rettungsmassnahmen gefordert und ihren Rettungsplan als einzige Option vertreten respektive durchgesetzt, wie Kurer 2018 erklärte.

Ironie der Geschichte?

Das wiederum erklärt, weshalb Hildebrand nicht nur Begeisterung aus Bankenkreisen entgegenweht. Und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, sollte Hildebrand rund 14 Jahre nach diesem historischen Ereignis in der Schweizer Bankengeschichte tatsächlich Präsident des damals betroffenen Finanzinstituts werden.

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