Seitdem die Singapurer Behörden den USA bei der Aufdeckung angeblicher Betrügereien von Schweizer Bankern geholfen haben, scheint im Stadtstaat wenig passiert zu sein. finews.ch ist der Spur nachgegangen.

Es ist schon fast verdächtig still in Singapur. Die Anklage der USA gegen sechs Schweizer Banker Ende vergangenen September, denen vorgeworfen wird, wohlhabenden Amerikanern beim Verstecken von Vermögen vor dem Fiskus geholfen zu haben, hat im südostasiatischen Stadtstaat keine weiteren Massnahmen ausgelöst.

Dies wirft die Fragen auf, wie effektiv Singapur die Finanzkriminalität bekämpft. Dies gilt insbesondere, wenn es darum geht, die Aktivitäten von nicht mit Lizenzen ausgestatteter Finanzinstitute einzudämmen und die Nutzung nicht gemeldeter lokaler Bankkonten zu unterbinden.

MAS ist sich der Vorfalls «bewusst»

In der versiegelten US-Anklageschrift scheint jedenfalls eine singapurische Vermögensverwaltungs-Gesellschaft, angeblich eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der in der Schweiz ansässigen Unternehmensgruppe Ihag Holding, eine entscheidende Rolle zu spielen.

Auf die Frage von finews.ch, ob dieses Unternehmen in Singapur lizenziert sei, antwortete die Singapurer Finanzaufsicht MAS wie folgt: Der Umgang der Aufsichtsbehörde mit Finanzinstituten sei vertraulich. Man sei sich aber des «Vorfalls bewusst». Im Weiteren hätten die Singapurer Polizei sowie die Staatsanwaltschaft eng mit den US-Behörden zusammengearbeitet, was zur erfolgreichen Wiedererlangung der kriminellen Erlöse führte.

Eine Suche auf der MAS-Website bezüglich ähnlich benannten Unternehmen ergab jedoch keinen Hinweis auf eine lizenzierte Einrichtung, die mit der Schweizer Ihag in Verbindung stehen würde. In der Folge muss angenommen werden, dass Allied Finance Trust, eine im Umfeld des Falls genannte Schweizer Beratungsfirma für vermögende Privatpersonen, eben nicht in Singapur lizenziert ist.

Nicht deklarierte Konten

Ein weitere Suche auf dem Internet-Auftritt der Ihag Privatbank in Zürich und der Ihag Holding lässt ebenfalls nicht auf etwelche Singapurer Töchter schliessen.

Die Ihag-Gruppe besteht aus einem kleinen Teil des ehemaligen Schweizer Industrie- und Rüstungsunternehmens Oerlikon-Bührle, zu dem auch Pilatus Aircraft gehört, sowie aus einem privaten Museum in Zürich, das wertvolle Bilder wie Vincent Van Goghs «Die Säerin» besitzt. Hinzu kommen diverse Unternehmen aus Tourismus, Immobilien und Philanthropie.

Angesichts der wirtschaftlichen und historischen Bedeutung der Gruppe bleibt die Frage nach einer möglichen Verbindung nach Singapur aber durchaus relevant.

In der Anklageschrift behauptet das US-Justizministerium (DoJ) zudem, dass nicht deklarierte Konten bei verschiedenen Banken in Singapur als Teil des Systems gewesen seien, das die Schweizer Banker für ihre Kunden aufgebaut hätten. Sie weisen auf umfangreiche und zirkuläre Geldtransfers ohne offensichtlichen wirtschaftlichen Zweck hin. Eines dieser Konten sei bis mindestens November 2014 genutzt worden.

Pflicht zur Identifikation

Das in Singapur geltenden Geldwäscherei-Gesetz wurde 2007 eingeführt. Schon damals wies die Aufsichtsbehörde darauf hin, dass zugelassene Institute keine anonymen Konten oder Konten unter fiktiven Namen eröffnen oder führen sollten. Außerdem müssen sie ihre Kunden vollständig identifizieren und verifizieren. Bei Firmen schliesst dies die Nennung des Management mit ein.

Ungeachtet dessen und trotz verschiedener Aktualisierungen des Gesetzes sollen im Jahr 2012 einer der nun angeklagten Schweizer Banker sowie ein Ihag-Mitarbeiter in der Schweiz einen Teil der Gelder einer Kundenfamilie auf zwei weitere Bankkonten in Singapur transferiert haben. In diesem Zusammenhang diskutierten sie offenbar die Eröffnung von nicht deklarierten Bankkonten in Singapur, während sie gleichzeitig ein Trust-Vehikel aufsetzten.

Im selben Jahr überwies ein Vermögensverwalter in Singapur gegen 7,2 Millionen Dollar auf ein Konto bei einer Bank in Singapur, das von einer weiteren Vermögensverwaltungs-Gesellschaft geführt wurde, die ebenfalls als Teil des Systems genannt worden ist. Eine ähnliche Zahlung erfolgte vier Tage später vom ersteren Vermögensverwalter in Singapur auf nicht gemeldete Konten.

Auffällige Aktivitäten

Danach wurde, ebenfalls ohne erkennbaren wirtschaftlichen Zweck, etwa die gleiche Summe von einem der nicht deklarierten Konten an die Singapur-Filiale einer Schweizer Bank überwiesen, wie es in der Anklageschrift heisst. Oberflächlich betrachtet sind alle diese Überweisungen ein deutliches Warnsignal, das eine Meldung an die MAS durch jedes zugelassene Institut gerechtfertigt hätte.

Einer der Kunden, die von der mutmasslichen Verschwörung profitierten, besuchte den Vermögensverwalter in Singapur angeblich auch, um zwischen 2011 und 2014 elf Mal Bargeld abzuholen – dies wäre eine auffällige Aktivität für einen Vermögensverwalter, die ebenfalls meldepflichtig sein dürfte.

Die MAS erklärte auf Anfrage von finews.ch, dass sie Finanzinstitutionen «genau überwacht», um sicherzustellen, dass sie die lokalen Gesetze zur Finanzkriminalität einhalten, und dass diese Überwachung auch auf die Aufdeckung schwerer Steuerdelikte abzielt. Die MAS zögere nicht, strenge Massnahmen zu ergreifen, wenn sich herausstelle, dass ein Finanzinstitut Transaktionen zum Zwecke der Geldwäsche erleichtert hat, hiess es dazu weiter.

In die Defensive gedrängt?

Bislang scheint die Singapurer Aufsucht jedoch in der Sache noch nichts unternommen zu haben. Je mehr Zeit vergeht, ohne dass es zu entsprechenden Massnahmen kommt, desto mehr drängt sich der Verdacht auf, dass die MAS in die Defensive gedrängt wurde, nachdem einer der Kunden den US-Behörden ein Geständnis abgelegt hatte.

Es deutet auch darauf hin, dass wohl zusätzliche gerichtliche Massnahmen erforderlich sind, um gegen nicht zugelassene Vermögensverwalter und nicht deklarierte Bankkonten vorzugehen.

Wie sich zeigt, reicht nicht aus, zugelassene Unternehmen endlosen thematischen Inspektionen und Sanierungsmassnahmen zu unterziehen und gleichzeitig hohe Geldstrafen für einige wenige, international bekannt gewordene Vorfälle wie den Skandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB zu verhängen. Ein wirksames System zur Bekämpfung von Finanzkriminalität verlangt der Aufsicht noch deutlich mehr ab.

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