Die Anklage gegen sechs Banker, die an einem schweizerisch-singapurischen Betrugsfall beteiligt waren, zeigt, dass die Auseinandersetzungen im Steuerstreit mit den USA noch lange nicht zu Ende sind. Nun müssen sich viele hiesige Banker fragen, wer als nächster an der Reihe ist.

Für die Schweizer Banken sind die Aktivitäten der US-Justiz ein nicht enden wollender Albtraum: Erstmals machten sich die Amerikaner 2008 bemerkbar, als die UBS gezwungen wurde, Tausende von Kundendaten herauszugeben und 780 Millionen Dollar zu zahlen, um eine strafrechtliche Untersuchung darüber beizulegen. Es ging darum, wie die grösste Schweizer Bank reichen Amerikanerinnen und Amerikanern geholfen hatte, ihr Geld steuerfrei auf exotischen Offshore-Konten zu verstecken.

Exakt 13 Jahre und mehr als 7,5 Milliarden Dollar an Gesamtstrafen für die Schweizer Banken später macht die Anklageerhebung gegen sechs Banker in einem US-Bezirk, der für seine aggressive Verfolgung von Steuerdelikten bekannt ist, deutlich, dass die amerikanischen Staatsanwälte mit der Schweiz noch nicht ganz fertig sind. Nun wollen sie auch noch die Menschen hinter den dubiosen Machenschaften zur Rechenschaft ziehen – nicht bloss die Banken.

Auf Mallorca verhaftet

Der prominenteste Angeklagte, Peter Rüegg, war bis vergangene Woche stellvertretender CEO der renommierten Zürcher Privatbank Ihag. Der 61-jährige Schweizer wurde auf Mallorca von der Polizei überraschend verhaftet, wo er privat Ferien machen wollte, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person gegenüber finews.ch.

Unter diesen Prämissen gab es für ihn keinen Grund, sich in den USA der Justiz zu stellen. Er reiste zurück in die Schweiz. Denn die amerikanische Staatsanwaltschaft hatte bereits bei der Beilegung des Steuerstreits mit Rüeggs Arbeitgeberin, also der Ihag, vor sechs Jahren klargestellt, dass «diejenigen, welche die Offshore-Richtlinien umgehen, keine Möglichkeiten mehr haben sollen, sich zu verstecken».

Daten von mehr als 50'000 Steuersündern

Wer dies als Warnung an widerspenstige Steuerzahler versteht, ignoriert die Tatsache, dass die US-Steuerbehörden (Internal Revenue Service, IRS) schon seit Jahren in belastendem Beweismaterial von fast 100 Banken aus der Schweiz schwimmt, die sie zwischen 2013 und 2014 entweder strafrechtlich angeklagt oder, wie die Ihag, zu einer «Einigung» gezwungen hat. Ausserdem besitzt sie «freiwillige» Informationen von mehr als 50’000 US-Steuersündern.

Gesetze wie Fatca, die den USA eine beispiellose extraterritoriale Macht verleihen, sind schliesslich das Tüpfelchen auf dem «i» für die amerikanischen Ermittler.

Erst ein Vorgeschmack

Die erwähnte Warnung, die aus dem Jahr 2015 stammt, verdeutlicht klar, wie die US-Justiz nun in dieser zweite Eskalationsphase gegen einzelne Banker, Buchhalter, «Designer von Finanzstrukturen», Berater und Consultants vorgeht – Leute also, die Steuerbetrügern geholfen haben, Geld am Fiskus vorbeizuschleusen. Vor diesem Hintergrund ist die Anklage gegen die sechs Banker aus dem Umfeld der Ihag ganz offensichtlich erst ein Vorgeschmack darauf, was noch folgen wird.

Oder konkreter formuliert: Die Anklage gegen Rüegg & Co. sowie gegen eine Firma, die lange Zeit eng mit der Ihag verbunden war, ist ein Vorbote dessen, was anderen Schweizer Finanzakteuren blühen wird. Die in der Anklageschrift erwähnten Beispiele von Ihag-Kunden, die ihre Gelder rund um den Globus verlagert haben, um den wirtschaftlich Berechtigten (Beneficial Owner) zu verschleiern, stützen diese Vermutung.

Startschuss für die dritte Eskalationswelle

Ein Blick auf die 84 Vereinbarungen, welche die US-Justiz in den Jahren 2013 und 2014 mit zahlreichen Schweizer Banken abgeschlossen hat, offenbart zahllose Fälle von ähnlichem Verhalten wie bei den Ihag-Kunden. Oftmals waren es Geldhäuser, die Gelder von Kunden entgegengenommen hatten, welche die UBS nicht mehr wollte. So etwa die Bank Wegelin oder die Bank Frey; beide Institute existieren heute nicht mehr.

Die jüngste Anklage gegen die sechs Banker aus dem Ihag-Umfeld ist der Startschuss für die dritte Eskalationswelle im schweizerisch-amerikanischen Steuerstreit. Die Strafanzeigen gegen 20 Institute, darunter Pictet oder die UBS, waren die erste Phase; die zahlreichen Vergleiche mit weiteren fast 80 Häusern in den Jahren 2013 und 2014 die zweite. Nun müssen sich viele Schweizer Banker bewusst werden, dass die dritte begonnen hat.

 

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