Das Diktum vom Zombie ist für die Credit Suisse treffend: Jetzt steht glasklar fest, dass die Grossbank ohne Eingreifen der Aufsicht schon im vergangenen Herbst am Ende gewesen wäre. Die Abflüsse sind gar noch grösser gewesen, als es das Institut selber zugibt.

Was die Credit Suisse (CS) im vergangenen Oktober durchgemacht habe, sei ein «Bank run» gewesen: So qualifizierte Marlene Amstad an einer Pressekonferenz vom Mittwoch die Lage der zweitgrössten Schweizer Bank im letzten Herbst. Die Präsidentin der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) hielt auch erstmals fest, dass die CS bereits damals dem Untergang geweiht gewesen war.

Nur Dank zusätzlichen Liquiditätspolstern, welche die Grossbank auf Geheiss der Aufsicht bereits vergangenen Sommer im Rahmen des «Too big to fail»-Regelwerks aktiviert hatte, habe das Institut den Bank Run vom Oktober überstanden, so Amstad.

Aussage von Axel Lehmann noch mehr relativiert

Wie die Finma-Präsidentin weiter erklärte, waren beim Geldhaus im vierten Quartal 138 Milliarden Franken abgeflossen. Das sind deutlich mehr als die 110 Milliarden Franken, welche die CS für denselben Zeitraum vermeldete, und wird vermutlich noch zu reden geben. Wie Finma-Direktor Urban Angehrn an derselben Konferenz erklärte, seien die Abflüsse im Oktober akut gewesen, und hätten dann im November und Dezember sukzessive abgenommen.

Das widerspricht der von CS-Präsident Axel Lehmann im vergangenen Dezember verbreiteten Version, dass die Abflüsse gestoppt hätten. Die Finma sah aber im darauffolgenden März keinen Anlass, wegen dieser Aussage ein aufsichtsrechtliches Verfahren zu eröffnen. Auch diese Begebenheit ist mit den Informationen vom heutigen Mittwoch mit anderen Augen zu betrachten.

Nochmals mehr als 100 Milliarden Franken an Abflüssen

Dass die Finma ein Auge zudrückte, nützte Lehmann und der CS allerdings nicht mehr viel. Bereits anderthalb Wochen später schritt die UBS zur Übernahme der Lokalrivalin. Dies, nachdem die CS wegen den von den USA ausgehenden Marktunsicherheiten in so schwere Liquditätsnöte geraten war, dass sie keinen weiteren Tag überlebt hätte. Laut dem Finma-Direktor flossen bei der Grossbank Mitte März Beträge in ähnlicher Höhe ab wie damals im gesamten vierten Quartal, zumal im Heimmarkt Schweiz. Gegenparteien zogen Finanzierungen zurück oder wollten diese nur noch zu viel höheren Konditionen sprechen.

Dem Lenkungsgremium aus Eidgenössischem Finanzdepartement (EFD), Finma und Schweizerischer Nationalbank (SNB), angeführt von Bundesrätin Karin Keller-Sutter, Marlene Amstad und SNB-Präsident Thomas Jordan, sei in jenen Tagen klar geworden, dass eine Zahlungsunfähigkeit der Credit Suisse nicht mehr abgewendet werden könne, blickte Angehrn zurück. «Deshalb wussten alle Beteiligten: Wir müssen handeln. Und wir haben gehandelt.»

Eine Lösung, mit der man leben kann

Weil man aber nicht nur den Tag retten, sondern mit der Lösung leben musste, hat sich das Lenkungsgremium für die Rettungsoption mit der Übernahme durch die UBS entschieden. Wie Amstad ausführte, hat die CS bereits im vergangenen Herbst die Order gefasst, einen Verkauf vorzubereiten. «Es ist üblich, ein Institut aufzufordern, alles zu unternehmen, um auch einen potenziellen Verkauf zu ermöglichen. Es obliegt dabei jeweils der Bank selber, mögliche Käufer zu evaluieren.»

Kurz: Die CS war bereits im vergangenen Herbst todgeweiht – eine «Dead bank walking» oder ein Zombie, um eine Beschreibung der «NZZ» zu zitieren. Und bei der UBS wusste man spätestens seit dann, welche Wendung das Drama bei der Erzrivalin noch nehmen könnte. Doch wie sagte Bankpräsident Colm Kelleher am 19. März so treffend: «Ehrlich gesagt, wir hofften, der heutige Tag würde niemals eintreffen.»

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