Die Credit Suisse Konkurs gehen zu lassen, erwies sich aus Sicht der Aufsicht als untaugliche Option. Stattdessen zimmerte sie sich ein Massnahmenpaket, dessen Risiken unberechenbar sind.

Grossbanken, Bund und Aufsicht hatten am 19. März noch bis in den Nachmittag hinein um die Konditionen gefeilscht. Dabei lagen die Optionen, die zur Rettung der Credit Suisse (CS) noch blieben, schon seit Monaten auf dem Tisch. Dass in den Abendstunden schliesslich der Verkauf an die Konkurrentin UBS als Lösung obsiegte, ist einem hektischen Ausschlussverfahren geschuldet – und der Angst vor einem Dominoeffekt.

Vier Optionen vorbereitet

So stellte es jedenfalls die Führung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) am heutigen Donnerstag dar. Vor den Medien zählte Urban Angehrn, der Direktor der Behörde, insgesamt vier Optionen auf, wie mit der kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehende CS zu verfahren sei. Seit der Nahtod-Erfahrung vom vergangenen Oktober hatten die Grossbank, Bund, Finma und die Schweizerische Nationalbank (SNB) intensiv an diesen Varianten gearbeitet, und diese soweit entwickelt, dass sie nur noch «gezogen» hätten werden müssen.

Bereit lagen erstens die Sanierung der CS mittels Verfügung der Finma, zweitens die Verstaatlichung der Grossbank durch die Eidgenossenschaft (Temporary Public Ownership, TPO), drittens die Übernahme durch die UBS – und schliesslich die drastischste Option von allen: der Konkurs der Bank gemäss des «Gone concern»-Kapitels der «Too big to fail»-Regulierung.

Bei der Sanierung hätte die Finma das Kommando über die behelfsmässig gestützte Bank übernehmen müssen, beim TPO der Bund. Beide Optionen scheiterten laut Angehrn unter dem Strich daran, dass die CS-Retter diese als zu wenig vertrauensstiftend bewerteten.

Entscheidende Vertrauensfrage

Demgegenüber habe die Variante Fusion einen «herausragenden Vorteil» geboten, so der Finma-Direktor. «Bei dieser Option wird mit der UBS eine solide aufgestellte, gut organisierte Bank die Credit Suisse führen, mit allen Risiken und Chancen. Das schafft viel Vertrauen.»

Die Option Konkurs hingegen wurde laut Angehrn schon in den Tagen vor dem finalen Paukenschlag «depriorisiert». Dies, obwohl diese Option in den Jahren seit der Finanzkrise von 2008 just dazu entwickelt wurde, eine zahlungsunfähige Grossbank ohne grössere Schäden für das Finanzsystem und die Volkswirtschaft abzuwickeln – und genau dieses Szenario lag bei der CS Mitte März vor.

Angst vor dem Dominoeffekt

Doch die Angst vor dem Dominoeffekt liess die Aufseher zurückzucken, wie die Finma-Präsidentin Marlene Amstad an der Medienkonferenz am Mittwoch ausführte. Eine Sanierung oder ein Konkurs im Rahmen von Too big to fail sei ein extrem einschneidendes Instrument; es sei nach der Finanzkrise geschaffen worden, um die «fallenden Dominosteine» in einer Krise zu stoppen.

«Am 19. März waren wir aber in einer anderen Situation», so Amstad weiter. Die Behörden hätten riskiert, mit dem Einsatz einer Resolution eine sich abzeichnende Finanzkrise nicht zu stoppen, sondern vielmehr eine solche Finanzkrise auszulösen. «Wir hätten riskiert, den
ersten Dominostein anzustossen», blickte die Finanzaufseherin zurück. Dies hätte äusserst schädliche Auswirkungen auf die Schweiz und ihr Finanzsystem gehabt.

Eine Frage des Timings

Mit anderen Worten: Das drastische Konkurs-Kapitel der Too-big-to-fail-Regulierung funktioniert nur, wenn die Banken schon Mitten in der Krise stecken. Das ultimative Instrument scheiterte bei der CS also an einer Frage des Timings.

Doch selbst eine im Moment untaugliche Option habe ihren Wert, zumindest als Variante auf dem Tisch zu liegen, erkärte Amstad. Dass die Aufsicht daraus nun ihre Lehren ziehen will, wie es die Finma-Präsidentin versprach, ist das Mindeste, was nach mehr als zehn Jahren Regulierungsarbeit zu erwarten ist.

Der Stresstest für die Regulierung, der mit dem Untergang der CS begonnen hat, dürfte damit aber längst nicht beigelegt sein. Denn bei genauerer Betrachtung der Rettungsaktion fällt auf, dass das Lenkungsgremium mit Amstad, Finanzministerin Karin Keller-Sutter und Nationalbank-Präsident Thomas Jordan sich nicht etwa für eine der vier Optionen entschied, sondern sich ein Massnahmenpaket zusammenzimmerte, das Elemente sämtlicher Optionen enthält.

Staat gleich an mehreren Fronten in der Pflicht

So wurden die eigentlich für den Sanierungs- und Konkursfall vorgesehenen Pflichtwandelanleihen (AT1-Bonds) zur Stärkung der CS ausgelöst, was vor allem der Käuferin UBS nützt. Mit den Verlustgarantien für die UBS, dem darüber hinaus geltenden Profit-loss-sharing-Abkommen und schliesslich den Milliarden an zugesicherter Liquidität steht zudem der Staat gleich an mehrere Fronten in der Pflicht.

Man mag dies als pragmatische Verwendung der zur Verfügung stehenden Instrumente preisen; in Nachgang muss sich aber zeigen, ob die Aufseher zum Schutz der Schweiz Mechanismen in Gang gesetzt haben, welche das Land noch teuer zu stehen kommen. Zu denken ist an die milliardenschweren Bundesgarantien für die beiden Grossbanken sowie die mittels Notrecht ausgehebelten Wettbewerbs- und Aktionärsrechte.

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