Die Zwangsübernahme der Credit Suisse durch die UBS hat unter unabhängigen Vermögensverwaltern für Unruhe gesorgt. Doch die Finanz-KMU wittern im Schatten des heranwachsenden Bankgiganten die Chance auf Erneuerung.

Die letzten zwei Märzwochen haben unabhängige Vermögensverwalter fast durchgehend am Telefon verbracht. Da waren die Kunden, die wegen ihren Depots bei der Credit Suisse (CS) sowie den CS-Aktien im Portefeuille in heller Aufregung waren. Derweil machten sich Eigentümer und Partner Sorgen wegen Klumpenrisiken bei den Grossbanken.

Und nicht zuletzt liefen Spontananrufe von CS-Mitarbeitenden ein, die nach einem Plan B für ihre Karriere suchten.

Den gleichen Risiken ausgesetzt

So schildern von finews.ch befragte Branchenakteure die auch für sie hektischen Tage im Nachgang zur CS-Rettung. Und nach der ersten Aufregung bleibt viel Unsicherheit zurück unter den Finanz-KMUs, die genauso wie die grösseren Akteure den Risiken ausgesetzt sind, die vom Mega-Merger für den Finanzplatz ausgehen.

«Die Schweizer EAM sind von der Übernahme der CS durch die UBS eher beunruhigt. Diese Banken waren schon zuvor sehr gross», sagt Nicole Curti, Präsidentin der Allianz Schweizer Vermögensverwalter (ASV) und Partnerin der Genfer Vermögensverwalterin Capital Y, zu finews.ch. Nun entstehe ein noch viel grösseres Gebilde, das den Finanzplatz belasten könnte und viel Regulierungsaufwand nach sich ziehe.

Die Hälfte erreicht in zehn Jahren das Pensionsalter

«Es muss sich zeigen, wie sich dies auf die Finanz-KMU auswirkt, insbesondere auch vonseiten der Aufsicht her», so die ASV-Präsidentin. Doch die unabhängigen Vermögensverwalter, von jeher Unternehmer, wittern in dieser unsicheren Lage auch Chancen. Denn mit dem Übernahmeprojekt UBS/CS kommt Bewegung ins hiesige Wealth-Geschäft, das in den vergangenen Jahren nur schwach gewachsen ist.

So dürfen die Vermögensverwalter etwa hoffen, dass mit der CS-Übernahme ein existenzielles Problem für die Branche gelöst werden könnte: der Generationenwechsel. Wie Vivien Jain, die Chefin der Schweizer Aquila Gruppe, unlängst gegenüber finews.ch ausführte, erreicht rund die Hälfte der Vermögensverwalter der 86 Aquila-Partnergesellschaften in den nächsten zehn Jahren das Pensionsalter.

Auch bei kleineren Anbietern steht die Frage der Nachfolge im Raum – dies dürfte auch der Hauptgrund gewesen sein, warum mehr als 600 unabhängige Vermögensverwalter bis Ende 2022 auf ein Gesuch um eine Lizenz der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) verzichteten.

Besser, als sich beim Headhunter in die Schlange stellen

Private Banker der CS (und der UBS), die sich die vierjährige Integrationsphase bei der neuen UBS/CS nicht antun wollen und stattdessen den Gang in die Selbstständigkeit wählen, wären diesbezüglich eine willkommene Blutauffrischung für den Bereich. «Wir erleben, dass sich viele CS-Kundenberater nun aus eigenem Antrieb bei unabhängigen Vermögensverwaltern melden», sagt ASV-Präsidentin Curti. Das sei nicht nur wegen dem Ausbau des Mitarbeiter- und Kundenstamms erfreulich. «Wenn CS-Angestellte auf eigene Faust tätig werden, wächst die Branche als Ganzes.»

Als «Glück im Unglück» bezeichnet der Zürcher Rechtsanwalt Nicolas Ramelet die Situation für die Mitarbeitenden der CS. «Jene, die dort im Bereich der Vermögensverwaltung arbeiten und sich im Lauf der Jahre ein Kundennetzwerk aufgebaut haben, können nun das Ruder selbst in die Hand nehmen, anstatt sich beim Headhunter in die Schlange zu stellen», schreibt er in einem Essay für das Format finews first.

Wo (Über-)Grösse als bedrohlich angesehen, gewinnt zudem das Kleine grundsätzlich an Attraktivität. Auch auf diesen Perspektivenwechsel weg von «Big is beautiful» hofft man unter unabhängigen Vermögensverwaltern.

«Ein Monopolist schadet der Branche immer»

«Ein Monopolist schadet der Branche immer – egal in welchem Umfeld man tätig ist», sagt Felix Brem. Der Mitgründer und heutige Vize-Präsident des grossen Vermögensverwalters Reuss Private geht nun davon aus, dass es bei diesem Zusammenschluss auch zu einem Umverteilungsmarkt bei den Depotbanken kommen wird.

«Die Privatbanken mit gehobenen Kundenansprüchen aber auch die eine oder andere Schweizer Digital- und Online-Bank mit sehr gutem Preis-Leistungs-Verhältnis mit einem professionellen Desk für die Betreuung unabhängiger Vermögensverwalter werden die Gewinner sein», sagt der ehemalige UBS-Banker. Jene Institute, die zu klein sind und auch ein solches Desk betreiben, machen sich hier hingegen unnötig Hoffnung. «Diese können sich organisatorisch oder regulatorisch langfristig im Markt einfach nicht behaupten.» 

Massanzüge für das Vermögen

Damit könnte ihnen ein gutes Geschäft entgehen, erweisen sich die Aspirationen der Branche so als realisierbar, wie es ASV-Präsidentin Curti vorschwebt. «Wir sind überzeugt, dass unabhängige Vermögensverwalter gerade gegenüber Megabanken das Modell der Zukunft sind. Die Kunden solcher Riesen werden erkennen, was der Wert einer persönlichen Beziehung und eines einzelnen Ansprechpartners ist», sagt die Finanzexpertin. Zudem lasse sich via unabhängige Vermögensverwalter und Depotbanken auch das Einlagerisiko besser streuen.

«Ich bin überzeugt«, sagt Curti, «ein Vermögensverwaltungs-Geschäft darf nicht zu gross sein, denn es bleibt eine massgeschneiderte persönliche Dienstleistung».