Die Zinswende hat die Nachfrage nach Immobilien im laufenden Jahr deutlich gedrosselt. Das belastet die Finanzbranche zunehmend. Doch ausgerechnet die lange belächelten Regionalbanken könnten aufgrund eines neuen Trends zu den Wachstumsgewinnern gehören.

Von Björn Zern, Gründer und Herausgeber von schweizeraktien.net

Zwanzig Jahre lang sind die Preise für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen in der Schweiz fast ununterbrochen gestiegen. Die günstige Finanzierung mit Zinsen von teilweise unter 1 Prozent für eine Hypothek mit zehnjähriger Laufzeit machten den Kauf gegenüber der Miete höchst attraktiv. Zusätzlich wurde die Nachfrage nach Immobilien von der starken Zuwanderung getrieben. In der Folge stiegen die Preise für Wohneigentum kräftig. In den Zentren explodierten sie förmlich.

Doch die rasche Zinswende im vergangenen Jahr hat die Finanzierung verteuert: Mehr als das Doppelte an Hypothekarzinsen müssen Käuferinnen und Käufer nun für ihr Traumobjekt zahlen. In der Folge hätte die Nachfrage nach Objekten lehrbuchmässig zurückgehen müssen. Dies mit der Konsequenz, dass auch das Volumen der Hypothekarkredite rückläufig ist oder mindestens stagniert.

«Branchentalk Banken am 20. Juni 2023 in Zürich – hier anmelden

Doch die Zahlen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zeigen für 2022 noch ein anders Bild: Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 3,5 Prozent mehr inländische Hypotheken als im Vorjahr vergeben. Während das Volumen bei den Grossbanken stagnierte, finanzierten die Kantonalbanken 5,1 Prozent mehr Immobilien, gefolgt von den Regionalbanken und Sparkassen mit einem Plus von 4,9 Prozent sowie den Instituten der Raiffeisengruppe (plus 3,7 Prozent).

Besonders stark kletterten die Immobilienfinanzierungen bei den Mitgliedern der Clientis-Gruppe: sie verzeichneten per Ende 2022 einen Bestand an hypothekarisch besicherten Krediten in Höhe von 10’745 Millionen Franken – ein Plus von 5,8 Prozent.

Lange belächelt

Erklärungen für diese grossen Unterschiede beim Wachstum der Hypotheken gibt es sicherlich zahlreiche. Doch betrachtet man die Immobilienpreise und die Verfügbarkeit von Wohneigentum, so wird schnell deutlich, dass die regional tätigen Institute stark von ihren Heimmärkten und ihrer lokalen Expertise profitieren konnten. Denn während Wohneigentum im urbanen Raum nahezu unerschwinglich geworden, finden sich im ländlichen Raum noch bezahl- respektive finanzierbare Objekte. Laut einem Bericht im «Blick» kostet ein durchschnittliches Einfamilienhaus in Aarburg (AG) 610'000 Franken, während der Käufer in Meilen (ZH) 3,4 Millionen Franken für ein vergleichbares Objekt auf den Tisch legen muss.

Berichte von einzelnen Regionalbanken zeigen, dass der Trend raus aus der städtischen Agglomeration ins Umland zu einer verstärkten Nachfrage und Bautätigkeit geführt hat, von dem auch das Bankgeschäft profitieren konnte. Die lange belächelten Regionalbanken wurden dank diesem Trend zu den Wachstumsgewinnern.

Allen Widerwärtigkeiten zum Trotz

Auch wenn der Bedarf nach Wohnraum weiter gross ist, so zeichnet sich aktuell eine Stagnation bei der Nachfrage und damit auch nach dem Preisen für Wohneigentum ab. Erste Zahlen aus der Bankenstatistik der SNB für das 1. Quartal 2023 zeigen, dass die Ausleihungen für Immobilien ebenfalls weniger gefragt sind. Das Wachstum für inländische Hypotheken erreichte nur noch ein Plus von 0,7 Prozent. Auch die Kantonal- (+1,2 Prozent), Raiffeisen- (+0,7 Prozent) und Regionalbanken (+0,3 Prozent) haben weniger Geld für Hypotheken verleihen können. Setzt sich diese Entwicklung fort, dürfte im laufenden Jahr ein Nullwachstum bei den Hypothekarkrediten resultieren.

Für die regional tätigen Banken sollte das dennoch kein Nachteil sein: Sie haben längerfristig neue Kunden gewonnen. Sofern die Refinanzierung solide ist und in punkto Tragbarkeit keine allzu grossen Zugeständnisse gemacht wurden, hat dieses lange belächelte Segment gezeigt, dass es auch für traditionsreiche Kleinbanken trotz Margendruck, Digitalisierung und zunehmender Regulation eine erfolgreiche Zukunft geben kann. Dies ganz im Gegensatz zu einer – ebenfalls traditionsreichen – ehemaligen Schweizer Grossbank.

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