Die Suche nach einem Nachfolger von Zeno Staub als CEO des Zürcher Investmenthauses Vontobel läuft auf vollen Touren, wie Andreas Utermann am Dienstag erklärte. Dabei würden sowohl interne als auch externe Kandidaten evaluiert, sagte der Präsident von Vontobel weiter. Die Präferenz liege jedoch bei einer internen Lösung.

Der oder die künftige CEO muss vor allem fünf Kriterien erfüllen, wie Andreas Utermann an einem Mediengespräch in Lausanne betonte. An oberster Stelle stehe die persönliche Integrität, gefolgt von einem internationalen Kulturverständnis, wobei eine starke Identifikation mit der Schweiz unerlässlich sei.

Der Vontobel-Verwaltungsratspräsident räumte ein, dass dadurch die Auswahl geschmälert werde, da gewisse angelsächsische Kandidaten, die keine Affinität zur Schweiz hätten, nicht in Frage kämen. Doch aufgrund der starken Position der alteingesessenen, Zürcher Besitzerfamilien bei Vontobel sei der Schweiz-Konnex zwingend.

Nachfolge bis Ende Jahr

Eine grosse Erfahrung im Investment-Management sei ebenfalls unerlässlich, zumal sich Vontobel vor rund zwei Jahren zu einem Investmenthaus gewandelt habe. Last but not least seien Kriterien wie Geschlechter-Vielfalt (Gender-Diversity), Gleichberechtigung (Equality) und Inklusion wichtig, betonte der Vontobel-Präsident. Unter diesen Prämissen sagte Utermann auch, dass bei zwei gleichwertigen Kandidaten eine Frau bevorzugt würde.

Wenn also Vontobel eine interne Lösung und eine Frau favorisiert, dann stehen die Chancen für die derzeitige Investment-Chefin, die Schweizerin Christel Rendu de Lint, nicht schlecht. Utermann bekräftigte auch den Zeitplan, wonach der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Zeno Staub bis Ende 2023 feststehen soll. Sich selbst, der die erwähnten Kriterien problemlos erfüllt, nahm er definitiv aus dem Rennen. «Ich wurde als ‹VRP› gewählt, nicht als CEO.»

Zeno Staub wie James Gorman

Dass Zeno Staub noch bis Anfang April 2024 im Amt steht, findet Utermann nicht ungewöhnlich. Langfristige Ablösungsprozesse seien früher gang und gäbe gewesen, insbesondere wenn ein CEO erfolgreich gewesen sei. Erst ist in den vergangenen Jahren habe sich unter dem Eindruck permanenter Krisen die Praxis durchgesetzt, dass man CEOs schnell ein- und auswechsle. Utermann erinnerte auch daran, dass am selben Tag, als Zeno Staub seinen Rücktritt ankündigte, auch James Gorman, der CEO des US-Finanzkonzerns Morgan Stanley, seinen Rücktritt im Verlauf der nächsten zwölf Monate bekanntgegeben habe.

Der Rücktritt Staubs gehe auch nicht mit einem Strategiewechsel einher, betonte der Vontobel-Präsident. Die aktuelle Zehn-Jahres-Strategie habe man unter dem Namen «Lighthouse» bereits 2020 festgelegt. Eine erste Überprüfung vor rund neun Monaten habe klar ergeben, dass man daran festhalten wolle, sagte Utermann. Insofern sei Vontobel nicht in einer Transformationsphase, sondern man wechsle lediglich den CEO aus.

Geschockt in der Bar

Von den Turbulenzen rund um die Credit Suisse (CS) profitiert Vontobel im Gegensatz zu anderen Banken offenbar wenig, wie weiter zu erfahren war. Obschon er noch nicht lange in der Schweiz wohne, habe ihn der Untergang der CS als eigenständige Bank tief betroffen gemacht, sagte Utermann. Als der Präsident der saudischen Nationalbank als Grossaktionärin der CS am 15. März 2023 erklärte habe, kein weiteres Geld in die Schweizer Grossbank einzuschiessen, sei er dermassen schockiert gewesen, dass er sich abends – was er sonst nie mache – in einer Bar mehrere Cocktails genehmigt habe. Die Situation habe ihn richtiggehend beelendet, zumal er gespürt habe, dass eine Grenze überschritten sei, sagte Utermann.

Einen gewissen Zufluss an CS-Kundengeldern hat auch Vontobel in den vergangenen Monaten verzeichnet. Allerdings nicht in grossem Ausmass. Für sehr wohlhabende CS-Kundinnen und -Kunden mit hoch komplexen Finanzbedürfnissen – namentlich im Investmentbanking – sei Vontobel mit seinem stark fokussierten Angebot nicht die richtige Adresse, erklärte Utermann. Man fahre auch keine aggressive Strategie, um CS-Leute abzuwerben.

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