Die Chefs der UBS werden dem Land ganz genau erklären müssen, warum die Credit Suisse Schweiz integriert werden muss, sagt Stephan Zimmermann zu finews.ch. Der ehemalige Bankmanager, der schon die Fusion zwischen SBG und SBV mitgemacht hat, warnt im Gespräch aber auch vor der grassierenden Anti-Banken-Stimmung.

Stephan Zimmermann warnt gleich zu Anfang: er spreche «pro domo», also im Sinne der UBS. Wie könnte es auch anders sein – der 67-jährige frühere Manager hat schliesslich sein ganzes Berufsleben bei der Schweizer Marktführerin und deren Vorgängerorganisation Schweizerischer Bankverein (SBV) zugebracht.

Aus zahlreichen Führungsfunktionen – er war unter anderem Mitglied der erweiterten Konzernleitung, Chef des Deutschlandgeschäfts und operationeller Leiter (COO) der UBS-Vermögensverwaltung – kennt er den Konzern wie kaum ein zweiter. Er hat den Wandel des Unternehmens selber mitgestaltet, angefangen bei der Fusion zwischen Schweizerischer Bankgesellschaft (SBG) mit dem SBV im Jahr 1998.

Die Übernahme, die niemand wollte

Die Übernahme der Credit Suisse (CS) macht der gestandene Banker nun nicht mehr mit; Anfang April hat er sein letztes Mandat als Präsident der Tochterfirma UBS Business Solutions abgegeben.

Dennoch hat Zimmermann, der mittlerweile unter anderem als Verwaltungsrat der Liechtensteiner VP Bank amtet, noch einiges zu sagen zur aktuellen Grossbankenfusion. Immerhin hat er mit dem heutigen Führungspersonal der UBS jahrelang Dienst getan, und er weiss ganz genau, was den Zusammenschluss mit der CS von der SBG-SBV-Fusion vor einem Vierteljahrhundert unterscheidet. «Ganz allgemein lässt sich festhalten: Niemand wollte diese Übernahme, auch nicht die UBS», bringt es Zimmermann im Gespräch mit finews.ch auf den Punkt.

Zwei Bankchefs auf Wanderung

Welch ein Unterschied zu damals, als laut dem Banking-Veteranen ein echter Wille zur Fusion bestanden habe. Dies auch auf der menschlichen Ebene, wie sich Zimmermann erinnert. «Mathis Cabiallavetta, Chef der SBG, und Marcel Ospel als CEO des SBV verstanden einander gut, sie unternahmen etwa lange Spaziergänge im Bündnerland.» Zwischen den beiden habe es eine Übereinkunft gegeben, den Zusammenschluss durchzuziehen, auch gegen den anfänglichen Widerstand der Verwaltungsräte.

Aufgrund dieses grundsätzlich freundschaftlichen Umgangs sei es zudem möglich gewesen, im Vorfeld die Chancen und Risiken der Transaktion ausgiebig zu studieren. «Die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS ist im Vergleich dazu ein Blitzentscheid, der noch dazu unter Notrecht geschah», sagt Zimmermann. Die Unsicherheit sei denn auch auf beiden Seiten der Transaktion weiterhin gross. Auch bei der Käuferin UBS wollten die Mitarbeitenden wissen, wie der künftige Geschäftsplan aussieht und was es für sie bedeutet, weiss der frühere Manager zu berichten.

Haus ohne zweiten Stock

Was die beiden Organisationen in der Schweiz betrifft, dürfte die Unsicherheit aber noch mindestens bis Ende August anhalten. So viel Zeit hat sich die Führung der UBS unter Chef Sergio Ermotti ausbedungen, um einen Entscheid zu fällen, was mit dem Schweizer Geschäft der CS geschehen soll.

Ermottis Basisszenario ist dabei die volle Integration auch der Schweiz-Sparte der übernommenen Bank. Ein Plan, der auch Zimmermann einleuchtet. «Für mich steht fest, dass man die Credit Suisse Schweiz nicht einfach aus der Integration herausnehmen kann – das wäre, wie wenn man aus einem Haus den zweiten Stock entfernen würde», ist er überzeugt. Komme hinzu, dass Schweizer Bankkunden immer schon eine grosse Auswahl für ihre Bankgeschäfte hatten: Es gebe genug Angebote im hiesigen Retail- und Private Banking, findet Zimmermann.

 Zu komplex, zu teuer

Allenfalls könnte man sich überlegen, ob es einen weiteren Akteur im Firmenkunden-Geschäft brauche, und wie dessen Anbindung an die UBS aussehen müsste, erklärt er weiter. «Meine Meinung ist: das wäre zu komplex in der Konstruktion und auch zu teuer in der Umsetzung», sagt Zimmermann. Nichtsdestotrotz müsse man eine solche Variante zumindest geprüft haben.

Das ist seiner Meinung nach die wichtigste Aufgabe, die von der UBS bis Ende August zu leisten sei. Es gelte, allen Stakeholdern sachlich fundiert erklären zu können, warum sich gewisse Optionen aufdrängen. «Wenn man zur Überzeugung gelangt, das diese integrierte Grossbank in der Schweiz Bestand haben soll, dann gilt es im Detail und rational aufzuzeigen, warum dies der richtige Weg ist und weshalb andere Optionen nicht zielführend sind», erklärt Zimmermann.

Knapp durchgeschlittert oder verloren

Er vertraut darauf, dass man bei der UBS diese Aufgabe sehr ernst nimmt. Die Kräfte, die sich bei der UBS mit dieser Frage befassten, seien in der Lage, hier auch Antworten zu liefern. Davon sei er, Zimmermann, felsenfest überzeugt. «Ich habe bei den Verantwortlichen selten so klar gespürt, dass sie sich der grossen gesamtpolitischen Verantwortung bewusst sind, die es hier zu berücksichtigen gilt.»

Glaubt man dem langjährigen Banker, ist ein solches Verständnis auch angezeigt. Er hält in der jetzigen Stimmungslage parlamentarische Vorstösse, die die Bankengesetzgebung für eine kombinierte UBS massiv verschärfen möchten, durchaus für möglich. Wenn er betrachte, wie die Schweizer Wirtschaft bei diversen Vorlagen knapp durchgeschlittert sei oder gar verloren habe, müsse das aus Bankensicht vorsichtig stimmen. «Generell würde ich die Stimmung zugunsten der Banken in der Schweiz nicht überschätzen», mahnt Zimmermann, der privat mit der ehemaligen Bundesrätin Ruth Metzler-Arnold verheiratet ist.

Kein unkontrollierter Koloss

Er erhofft sich deshalb auch von der im vergangenen Juni formierten parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) differenzierte Erkenntnisse, welche gezielte Verbesserungen aufgrund von Fakten ermöglichen.

Dabei ist seiner Meinung nach das Argument, das Gross im Banking mit Gefährlich gleichzusetzen ist, stark verkürzt. «Wenn man sich vorstellt, welche regulatorischen Auflagen eine international tätige Grossbank erfüllen muss, und wie Finanzprodukte dokumentiert sein müssen, dann kann man kaum von einem unkontrollierten Koloss sprechen.» Die hohe Regulierungsdichte bedinge aber, dass eine international tätige Bank genügend gross sein müsse, um ihre Stückkosten konkurrenzfähig zu halten. Und wer entsprechende Geschäfte stemmen wolle, brauche Zugang zu ausreichend Kapital und eine entsprechende Bilanz.

Aus Fehlern lernen

«Die Schweiz wird sich ernsthaft überlegen, ob sie weiterhin einen namhaften Akteur im Banking haben will, der dieses internationale Geschäft erfolgreich ausüben kann», gibt der ehemalige Grossbanker zu bedenken. «Ich würde deshalb gerne unterstreichen: die Schweiz hat ihre Banken schon sehr lange, und der Finanzplatz hat weltweit eine grosse Bedeutung und ist ein wichtiger Bestandteil unserer wirtschaftlichen Kompetenz. Daran sollten wir festhalten und aus den Fehlern lernen.»

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