Im Zusammenhang mit dem Credit-Suisse-Debakel wisse man noch vieles nicht. Darum sei eine Aufarbeitung der Vorgänge umso wichtiger, sagte Roman Studer, der neue CEO der Schweizerischen Bankiervereinigung bei seinem ersten Auftritt ausserhalb des Verbands. Noch vor Ende dieses Jahres werde man auch erfahren, wie das Ausland das Vorgehen und die Massnahmen der Schweiz im Zusammenhang mit der CS beurteilen würde.   

Für seinen ersten Auftritt ausserhalb des Verbands suchte sich Roman Studer, Geschäftsführer der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) am gestrigen Dienstagabend die Generalversammlung des Zürcher Bankenverbands (ZBV) aus. Studer ist seit August 2023 im Amt. Der ZBV deckt rund 40 Prozent der Aktivitäten und Akteure auf dem Schweizer Finanzplatz ab.

Studer zeigte sich in seinen Äusserungen insgesamt sehr dediziert und fokussierte sich dabei nicht auf ein «Bashing» der Credit Suisse (CS) in Sachen Missmanagement und Defizite in der Risikokultur, sondern versuchte vor allem Lehren aus den Erfahrungen der vergangenen Monate zu ziehen. Dabei stellte er aber auch klar: «Wir wissen noch vieles nicht. Und darum braucht es noch eine sorgfältige Untersuchung der Vorgänge in der CS.»

Besseres Krisenmanagement in Bern

Bei seinen Beobachtungen stellte er mit Blick nach Bundesbern insbesondere die beschränkte Durchsetzungskraft der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) und die unzureichende Zusammenarbeit zwischen der Finma und der Schweizerischen Nationalbank (SNB) im Krisenmanagement fest. Namentlich forderte er für die SNB ausserdem ein umfassenderes Instrumentarium zur Liquiditätssteuerung, so wie das andere Zentralbanken (Federal Reserve, Bank of England, Europäischen Zentralbank) bereits hätten.

«Zusammenspiel, Rollen und Umgang von Finma und SNB müssen geklärt werden», betonte Studer. Er warnte allerdings vor dem Hintergrund der diversen wirtschaftspolitischen Vorstösse und Berichte in den kommenden Monaten davor, übereilte populistische respektive kurzfristige Beschlüsse oder Bestimmungen zu treffen.

Mehr Kompetenz für die Finma

«Die Medizin darf nicht gefährlicher als die Krankheit werden», brauchte es der SBVg-Präsident auf den Punkt und betonte, dass von den insgesamt 239 nur ein Institut Probleme bekundet habe. «Der Rest der Branche ist robust und profitabel», sagte er. Einige Anwesenden bezweifelten im Nachgang zum Referat jedoch, ob diese Aussage tatsächlich zutreffe.

Immer wieder kam die Diskussion zur Frage, wie sich die Kompetenz der Finma erhöhen liesse. Bislang kann die Behörde bekanntlich keine Bussen aussprechen, wie das im Ausland von den entsprechenden Instanzen möglich ist. Studer zeigte sich allerdings skeptisch, ob es wirklich Sinn mache, Bussen zu verteilen, wenn eine Bank bereits in Schwierigkeiten sei. Ratsamer sei es, die Rahmenbedingungen rund um die Finma zu verbessern, um bessere Leute, sprich mehr Kompetenz, an Bord zu holen.

Diffuse Verantwortlichkeiten

Am Rande der Veranstaltung wurde denn auch bemängelt, dass sich die Finma auf kleinere Banken «einschiessen» würde, während sie nicht in der Lage sei, den Grossbanken auf Augenhöhe zu begegnen.

Interessant war auch Studers Feststellung, dass nicht per se das variable Vergütungssystem der Banken – namentlich der CS – das Problem sei. Vielmehr hätten in besagtem Fall vor allem diffuse Verantwortlichkeiten und mangelnde Konsequenzen für Fehlverhalten zu den Schwierigkeiten geführt. Entsprechend forderte er von der Schweizer Regulierung diese Lücken (bei den Vergütungssystem) zu schliessen und ein Verantwortlichkeitsregime zu evaluieren.

Internationale Sicht

In seinem Ausblick über die National- und Ständeratswahlen am 22. Oktober 2023 hinaus unterstrich Studer vor allem die Relevanz der Berichte vom Financial Stability Board (FSB), die für Ende 2023 und im ersten Quartal 2024 (Länderbericht Schweiz) vorgesehen seien. Das FSB ist ein internationales Gremium, das das globale Finanzsystem überwacht und Empfehlungen dazu abgibt.

Mit diesen Publikationen würden man erstmals einen Eindruck erhalten, wie das Ausland das Vorgehen und die getroffenen Massnahmen der Schweiz in Sachen CS beurteile. Das wiederum werde entscheidend sein für die weitere, internationale Reputation des Schweizer Finanzplatzes.