Während sich der Steuerstreit mit den USA hinzieht, machen die Geschäfte mit russischen Kunden die Schweizer Banken erneut angreifbar. Umso mehr drängt die Branche nun darauf, eine offene Flanke zu sichern, wie Recherchen zeigen.

War dies das finale Abschiedsgeschenk an Amerika? Anfang Dezember zahlte Pictet knapp 130 Millionen Franken in eine Einigung mit dem gefürchteten US-Justizministerium (Department of Justice, DoJ). Wie auch finews.ch berichtete, unternahm die Genfer Privatbank dies als letztes Institut der so genannten Kategorie-1-Banken.

Schuldeingeständnis vor Weihnachten

Gegen jene Häuser, dazu zählten etwa auch die Credit Suisse (CS), Julius Bär sowie die Zürcher und Basler Kantonalbanken, hatte das DoJ nach der Finanzkrise jeweils Strafuntersuchungen wegen Beihilfe zum Steuerbetrug eingeleitet. Im Rahmen eines US-Programms zur Beilegung des Steuerstreits überwiesen dann 80 weitere Schweizer Banken Einigungszahlungen nach Übersee.

Insgesamt läpperten sich die so im Steuerstreit an die USA bezahlten Gelder auf weit über 4 Milliarden Franken.

Dennoch ging zu Monatsbeginn kein Seufzer der Erleichterung durch die Branche – denn erstens hält der US-Steuerstreit noch an, wie das Schuldbekenntnis eines Schweizer Ex-Bankers in den USA kürzlich zeigte. Anderseits haben die Schweizer Banken spätestens seit Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 ein neues Problem mit den USA: Die Sanktionen gegen Russland.

Akute Sorgen

In der Angelegenheit sind auch hohe Stellen in der Schweiz involviert, wie die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) auf Anfrage von finews.ch bestätigt. «Die Diskussion in der EU und in den USA zu den Russland-Sanktionen wird von Schweizer Seite her sehr genau verfolgt», berichtet dort Felix Muff, Leiter Legal & Compliance. So pflege etwa das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) in der Sache einen Austausch mit den ausländischen Fachstellen.

Die Schweizer Banken, welche der Dachverband vertritt, machen sich offenbar akute Sorgen um eine offene Flanke des Finanzplatzes: Die Lücken im Dispositiv gegen die Geldwäscherei, welche besonders den USA ein Dorn im Auge sind. So etwa die Gefahr von Verschleierungen, weil in der Schweiz die wirtschaftlich berechtigten von Firmen nicht genannt werden müssen.

Dringliches Gesetz

Aus Sicht der Bankbranche sei es wichtig, dass der Gesetzesentwurf zur Stärkung der Geldwäscherei-Bekämpfung rasch umgesetzt werde, betont Muff. Der Bundesrat hat den Entwurf vergangenen August in die Vernehmlassung geschickt, wie auch finews.ch berichtete. «Insbesondere die Unterstellung von Beratern wie Anwälte, Notare und Treuhänder für besonders risikobehaftete Tätigkeiten sowie ein eidgenössisches Register der wirtschaftlich berechtigten Personen von Firmen sind von besonderer Dringlichkeit», betont Muff.

Aus der Sicht der Banken geht es dabei auch um gleich lange Spiesse. Die geltenden Sanktionsregeln, versichert Muff, würden von den Banken in der Schweiz bereits strikt umgesetzt.

Dessen ungeachtet standen die Geldhäuser wegen ihrer Geschäfte mit «Russland-Konnex» bereits mehrmals am Pranger. Nicht nur in den USA ist man nämlich Meinung, dass mehr getan werden könnte, um den Druck auf Russland zu erhöhen. Dies brachte etwa der US-Botschafter in der Schweiz, Scott Miller, vergangenen März deutlich zum Ausdruck.

Bei Umgehungsgeschäften geholfen?

Bereits besteht wieder eine Drohkulisse. Die so genannte Helsinki-Kommission der Regierung und des Kongresses in den USA wirft der Schweiz vor, bevorzugtes Versteck für kriminelle Gelder aus Russland zu sein. Seit vergangenem Frühling ist auch das DoJ wieder in Sachen Swiss Banking aktiv. Die Behörde prüft ihrerseits, ob unter anderem die UBS und die Credit Suisse (CS) russischen Oligarchen geholfen haben, Sanktionen zu umgehen.

Die beiden Grossbanken drehten im «Russen-Banking» einst ein grosses Rad; nach Schätzungen der SBVg lagen vor dem Angriffskrieg Russlands rund 200 Milliarden Franken an russischen Vermögenswerten bei hiesigen Instituten. Dies gegenüber rund 7,7 Milliarden Franken an Vermögen, die gemäss den jüngsten Schätzungen des Seco in der Schweiz eingefroren worden sind.

Zwei Lecks in Folge

Die Namen von Schweizer Banken fielen in den vergangenen Monaten auch in Zusammenhang mit zwei Datenlecks. Diese ereigneten sich einerseits beim Schweizer Vermögensverwalter Finaport, anderseits bei diversen zypriotischen Gesellschaften («Cyprus Confidential»).

Beim Finaport-Hack stehen Bankbeziehungen des – von keinen Sanktionen betroffenen – russischen Unternehmers Alexander Ponomarenko im Vordergrund. In diesem Zusammenhang wurden die Geldhäuser Julius Bär, Lombard Odier, Pictet und Reyl genannt.

In den «Cyprus Confidential»-Enthüllungen wiederum finden sich laut Medienberichten unzählige Verbindungen von russischen Oligarchen zu Schweizer Banken. In den Medien wurden diesbezüglich die UBS und die CS, aber auch Julius Bär, Bank Gutzwiller, die Auslandsbank J.P. Morgan sowie die Bank CIC erwähnt. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs sind zahlreiche im Zypern-Fall genannte Personen sanktioniert worden.

Es ist anzunehmen, dass diese Berichte auch in Amerika gelesen werden.

Nächstes Länderexamen rückt heran

Umso ratsamer scheint es da, die Angriffsfläche nicht noch zu vergrössern. Die Schweiz, sagt Muff bei der SBVg, hinke derzeit internationalen Standards hinterher, was sich beim nächsten «Länderexamen» der für die Standardsetzung zuständigen Financial Action Task Force (FATF) im Jahr 2027 negativ niederschlagen könnte.

«Momentan weist das schweizerische Dispositiv zur Geldwäscherei-Bekämpfung unter anderem bezüglich Unterstellung von Beratern im Vergleich mit den international anerkannten Standards und den entsprechenden Vorgaben der FATF noch Lücken auf. Die vorgeschlagenen Bestimmungen zielen deshalb darauf ab, die internationalen Standards zu erfüllen.»

Entsprechend ist zu erwarten, dass sich die Schweizer Banken für eine Verschärfung der Regeln zu Bekämpfung von Geldwäscherei ins Zeug legen. Muff von der SBVg erklärt dies so: «Die Integrität und Reputation sind und bleiben wichtige Erfolgsfaktoren des Finanzplatzes.»

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