Als globaler Stratege ist Tom Elliott massgeblich an der Anlagepolitik von J.P. Morgan Asset Management beteiligt. Seine unkonventionellen Standpunkte sind in einer Grossbank nicht selbstverständlich, wie sich im Interview mit finews.ch zeigt.

Tom_ElliottDer 47-jährige Brite hat Wirtschaftswissenschaften sowie Geschichte studiert und unter anderem als Publizist für die Fachzeitschrift «Euromoney» gearbeitet. Er stiess 1995 zum US-Finanzkonzern J.P. Morgan in London und ist seit 2001 als globaler Stratege tätig. Weitere Informationen zu seiner Arbeit finden Sie unter diesem Link.


Herr Elliott, seit ein paar Wochen macht das Gespenst einer bald platzenden Blase in den Schwellenländern die Runde.

Tom Elliott: Rein von den Bewertungen an der Börse her sehe ich keine Blase. Viele Firmen sind gemessen am Verhältnis von Aktienkurs und Buchwert nach wie vor günstig. Die Furcht vor einem Crash hängt eher mit den Antriebskräften zusammen, die in den letzten Jahren die steile Hausse begünstigt haben.

Also besteht doch Gefahr. Weshalb?

Die tiefen Zinsen in den westlichen Industrieländern verbunden mit der lockeren Geldpolitik der amerikanischen Notenbank (Federal Reserve, Fed), Stichwort Quantitative Easing.


«Die US-Notenbank hat ja schon Andeutungen gemacht»

So flossen enorme Mengen von Kapital in die Schwellenländer. Kommt diese Entwicklung zum Stillstand, dürfte die Blase platzen. Das hat zweifelsohne zu einer höheren Bewertung geführt, die enden dürfte, sobald das Geld ausbleibt. Die Fed hat ja diesbezüglich bereits Andeutungen gemacht.

Was wären die Konsequenzen?

Die Schwellenländer sind derzeit gut im Schuss. Um die Teuerung zu bekämpfen, haben verschiedene Notenbanken an der Zinsschraube gedreht. Parallel zu den abebbenden Kapitalströmen aus dem Westen könnte dies in einer ersten Phase zu Kontraktionen am Markt und in einer zweiten Phase zu einer spürbaren Konjunkturabschwächung führen.

Wird sich der Dollar gegenüber anderen wichtigen Währungen aufwerten?

Davon bin ich überzeugt und weiche mit meiner Meinung vom Konsens ab, der nach wie vor einen schwachen Greenback prognostiziert. Der Dollar wird in den nächsten sechs Monaten die stärkste Währung gegenüber dem Franken, dem Aussie-Dollar, dem Euro, dem Pfund und dem Yen sein.


«Die Anleger werden die Schwellenländer vorerst meiden»

Mit dieser Meinung stehen Sie tatsächlich alleine da. Wie kommen Sie darauf?

Erstens werden die Anleger Schwellenländer vorerst meiden und stattdessen in amerikanische Staatsanleihen investieren. Zweitens haben viele Investoren in den letzten Jahren die amerikanische Währung nicht gekauft, weil sie eine hohe Inflation in den USA befürchteten. Das hat sich aber bisher nicht bewahrheitet. Das gibt dem Dollar Auftrieb.

Kann man bereits von einer Trendumkehr in der Investmentwelt sprechen?

Das nahende Ende der lockeren US-Geldpolitik, der Zinszyklus sowie gute Nachrichten aus Ländern, die eine rigorose Geldpolitik betreiben, setzen neue Akzente. Langfristig bleiben die Schwellenländer als Investment-Story aber intakt.

Schwellenländer sind ein weiter Begriff. Was sind Ihre Favoriten?

Mir gefallen vor allem Brasilien, Indonesien und die Türkei. Das sind grosse Volkswirtschaften, wo die Konsumgüternachfrage stark ist. Zugleich profitieren diese Länder von einem markanten Kapitalzufluss, und die steigenden Rohstoffpreise wirken sich positiv auf die Handelsbilanz aus.


«Ein Marsmensch würde türkische Staatspapiere kaufen»

Ausserdem haben diese Länder ihre Staatsfinanzen besser im Griff als manche europäische Länder. Würde ein Marsmensch ohne historische Kenntnisse heute auf der Erde landen, ich bin sicher, er würde in türkische oder brasilianische Papiere investieren.

Trotzdem mahnen Sie bis Ende 2011 zur Vorsicht. Wie sieht Ihre Strategie aus?

Nebenwerte, Rohstoffe sowie die Schwellenlandmärkte werden leiden, weil es kein weiteres Quantitative-Easing-Programm in den USA geben wird und Zinserhöhungen näher rücken. Daher empfehle ich defensive Anlagen in dividendenstarke Aktien von Konsumgüterherstellern sowie in hochverzinsliche Unternehmensanleihen aus den USA.

 

Zum Thema siehe auch den Beitrag von Walter Wittmann: «Der grosse Etikettenschwindel»

 

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