Im Wettbewerb um die reichsten Familien Australiens geht der Vermögensverwalter LGT Crestone in die Offensive. Derweil ist die UBS in «Down Under» mit sich selbst beschäftigt.

Das Vakuum und die Unsicherheiten, die im Zuge der Übernahme der Schweizer Grossbank Credit Suisse (CS) durch ihre Konkurrentin UBS entstanden sind, schaffen zahlreiche Marktchancen für andere Finanzinstitute. Während beispielsweise die spanische Grossbank Santander mit vielen ehemaligen Top-Bankern der CS ein eigenes Investmentbanking aufbauen will, geht in Australien eine Einheit der liechtensteinischen Fürstenbank LGT in die Offensive im Wettbewerb um die wohlhabenden Familien des Landes.

Wie die australische Wirtschaftszeitung «Australian Financial Review» berichtet, hat der Vermögensverwalter LGT Crestone seine Kampagne zur Abwerbung vermögender CS-Kunden intensiviert. Das auf reiche Privatkunden spezialisierte Investmenthaus sei auf der Suche nach einem Spezialisten für Family Offices und plane, Hypothekendarlehen auf Villen anzubieten, um potenzielle Kunden anzulocken.

Neue Wachstumsfelder besetzen

Dank der Eigentümerin LGT verfüge Crestone über eine solide Bilanz und plane, eine australische Kreditlizenz zu beantragen, sagten derweil mit den Vorgängen vertraute Personen. Eine solche Lizenz würde es lokalen Kunden ermöglichen, Kredite direkt bei LGT Crestone aufzunehmen, anstatt über eine der internationalen Einheiten des Unternehmens.

«Wir versuchen derzeit, die breiteren Möglichkeiten des Finanzierungsangebots der LGT Group zu nutzen, um die Investitionsbedürfnisse unserer anspruchsvollen Kunden zu befriedigen», erklärte unter anderem Crestone-CEO Michael Chisholm gegenüber dem Magazin. «Dies wäre eine natürliche Entwicklung nach der erfolgreichen Lancierung unserer Multi-Currency-Lombardkreditlösung im vergangenen Jahr.»

Hart umkämpfter Markt

Der Wettbewerb in der australischen Vermögensverwaltungsbranche wird immer härter. Finanzhäuser wie Crestone, Goldman Sachs, Morgan Stanley und HSBC buhlen verstärkt um die Betreuung der wohlhabendsten australischen Familien. Gleichzeitig wächst die Zahl der australischen Family Offices weiter.

Der Angriff von LGT Crestone komme auch deshalb, weil die UBS einen langwierigen Prozess durchlaufe, um das australische Vermögensverwaltungsgeschäft der CS zu integrieren, heisst es in dem Bericht weiter. Das lokale Geschäft der CS galt als lukrativer Gewinnbringer. Zudem war die CS in der australischen Geschäftswelt stets sehr prominent vertreten – und das an einem der schönsten Standorte der Finanzmetropole Sydney, wie finews.ch berichtete.

Wichtiges Standbein

Die UBS hatte sich 2016 aus dem australischen Vermögensverwaltungsgeschäft zurückgezogen und ihre Sparte verkauft. Die ehemaligen Mitarbeitenden übernahmen damals das Geschäft der Schweizer Bank im Rahmen eines Management-Buyouts. Die LGT erwarb das Unternehmen dann in einer 475 Millionen australische Dollar schweren Transaktion, die im vergangenen Jahr abgeschlossen wurde.

Mit der Übernahme von Crestone hat sich die Fürstenbank in Down Under ein wichtiges Standbein in einem attraktiven Markt geschaffen. Danke einer Zuwanderung von netto 5’200 neuen Millionären wird Australien laut dem «Henley Private Wealth Migration Report 2023» in diesem Jahr beispielsweise wohl weltweit die meisten Supperreichen, sogenannte High Net Worth Individuals (HNWI), anziehen. Darunter versteht Henley wohlhabende Personen mit einem investierbaren Vermögen von 1 Million Dollar oder mehr.

Comeback der UBS

Das Wealth Management der UBS wiederum kehrte mit der Übernahme der CS nach mehrjähriger Abwesenheit nach Australien zurück. Die Leitung der Vermögensverwaltung übernahm Michael Marr, der in dieser Funktion bereits für die CS in «Down Under» tätig war, wie finews.ch berichtete.

Die mehr als 30 Private-Banking-Berater und rund 110 Mitarbeitenden der CS müssen laut der australischen Finanzzeitung noch in die UBS-Büros umziehen, da die Schweizer Grossbank versucht, Platz für alle zu finden. Bislang arbeiten sie noch unter der Banklizenz der CS.