Lionel Messi und Cristiano Ronaldo im gleichen Team. Für jeden Fussballfan ein entzückender Gedanke, für einen Fussballtrainer aber eher eine «Mission Impossible». Vor allem wenn er das Spielsystem Ronaldo in den Dienst von Messi stellen müsste (umgekehrt wäre es wohl einfacher). Aber genau das will UBS-Chef Sergio Ermotti bei der Strategie seiner Bank umsetzen, wie der Schweizer Finanzprofessor Teodoro Cocca in seinem Beitrag für finews.ch schreibt.

Auf die Frage eines Analysten anlässlich der Präsentation der Quartalsergebnisse am vergangenen Dienstag, wie die ambitionierten Wachstumsziele erreicht werden sollen, strich Sergio Ermotti einen Punkt besonders hervor. Die entscheidende Frage für die Realisierung der Wachstumsziele sei, wie das Investmentbanking zur Wertgenerierung des Wealth Management beitragen werde.

Verbindet man diese treffende Analyse mit den diese Woche präzisierten Wachstumsambitionen nach Geschäftssparten der UBS, ergibt sich ein relativ klares Bild: Die UBS möchte nicht nur, aber vor allem in den USA und dort im Geschäft mit grossen Privatkunden und Institutionellen wachsen.

Klare Sprache

Das bedingt auch einen in Zukunft stärkeren Ausbau des Investmentbanking (IB) in den USA – die Zielvorgabe zur Ertragsstruktur der Investmentbank spricht eine klare Sprache. Die UBS wird also am Ende dieses Strategiezyklus (2024- 2028) US-lastiger sein als heute.

Aus einer geschäftsstrategischen Sicht ist das nachvollziehbar. Der US-Markt ist aufgrund des sehr dynamischen Wachstums hoch attraktiv. Zudem ist die UBS – nicht zuletzt auch durch die Übernahme der IB-Aktivitäten der CS – vermeintlich gut gerüstet, um den grossen US-Konkurrenten auch Paroli bieten zu können. Gleichzeitig ähnelt die Struktur der UBS in den USA auch immer mehr derjenigen der Konkurrenz vor Ort. Fairerweise ist anzufügen, dass die UBS bereits vor der CS-Übernahme vor allem in den USA hohe Wachstumsambitionen hegte.

Es braucht nur wenig Gegenwind

Wichtiger Wermutstropfen bei einer US-Wachstumsstrategie ist aber die geringe Rentabilität des Geschäftes aufgrund der sehr hohen Wettbewerbsintensität in Nordamerika. Dies zeigt sich etwa an der alles andere als berauschenden Cost-/Income-Ratio von über 80 Prozent des gesamten US-Geschäftes über einen gesamten Zyklus betrachtet.

In Bankersprache heisst das, dass die Top-Line der Bank durch das US-Geschäft stark wachsen kann (vor allem auch die Assets under Management), der positive Effekt auf die Bottom-Line ist aber weniger klar. Somit ist gerade in diesen Geschäftseinheiten das Kosten- und Risikomanagement essenziell. Es braucht nur wenig Gegenwind oder falsche Management-Entscheidungen und der Businessplan wird durcheinandergewirbelt.

Am gleichen Strang ziehen

Das Alleinstellungsmerkmal der UBS gegenüber den US-Konkurrenten ist die schweizerische Wealth-Management-Kultur, die tendenziell auf Langfristigkeit, enger Kundenbindung und einer sehr umfassenden Produktepalette aufgebaut ist. Dieses Verständnis der Vermögensverwaltung ist bei den US-Häusern weniger Teil ihrer DNA, sie holen aber auf.

Wie gelingt es aber nun die verschiedenen Kulturen des Investmentbanking und des Wealth Management tatsächlich zu integrieren, so dass sie sich nicht nur gegenseitig in Ruhe lassen, sondern bei jedem Kundengeschäft wirklich an einem Strang ziehen? Im Fussball würde es wohl bedeuten, dass Lionel Messi und Cristiano Ronaldo auch viel Defensivarbeit übernehmen (was sie nur widerwillig tun) und sich weniger als Diven, sondern als wahre Team-Player zeigen.

Stimmung in der Spielerkabine

Ermotti wird als CEO viel Geschick an den Tag legen müssen, um Investment- und Privat-Banker effektiv zusammenarbeiten zu lassen. Nicht zuletzt wird es darum gehen, die Stimmung in der Spielerkabine zu managen. Hierbei sind Fragen rund um den Bonuspool, die Besetzung von Führungspositionen und die Zuordnung der Erträge und Risikogrössen (risikogewichtetes Eigenkapital) bei von verschiedenen Geschäftseinheiten gemeinsam betreuten Kundengeschäften entscheidend.

Die Investmentbanker der UBS werden im Vergleich zu ihren Kollegen bei der Konkurrenz unter Umständen weniger Geschäfte machen können, als dies potenziell möglich wäre. Wie wird es der UBS-Führung gelingen den Frust darüber in Zügel zu halten, wenn dies einen reduzierten Bonuspool für die Investment Banker zur Folge hat?

Sergio Ermotti – «The Special One»?

Fussballerisch gesprochen bräuchte eine Mannschaft mit Ronaldo und Messi im Sturm einen Trainer wie José Mourinho (eher bekannt für defensiven Fussball). Sergio Ermotti muss also bei so viel Offensivpotential die Defensive stärken, da sonst gerade das Schweizer Publikum missglückte Spielzüge mit lauten Pfiffen begleiten wird.

Ein Star-Ensemble mit guter Defensivarbeit gewinnt die Champions League, wie Mourinho mehrmals gezeigt hat. Gelingt dies Ermotti in der Bankenwelt, könnte er sich zurecht auch als «the special one» bezeichnen.


Teodoro D. Cocca ist seit 2006 Professor für Asset und Wealth Management an der Johannes Kepler Universität Linz. Davor war er einige Jahre bei der Citibank sowohl im Investment- als auch im Private Banking tätig, forschte an der Stern School of Business in New York und lehrte am Swiss Banking Institute in Zürich. Zudem ist der Schweizer mit italienischen Wurzeln assoziierter Professor für Private Banking am Swiss Finance Institute (SFI) in Zürich und beratend für Finanzunternehmen und Behörden im In- und Ausland tätig.