Seit mehr als 40 Jahren ist Chuck Royce ‹bullish› für Small-Cap-Aktien. Im Interview erklärt der CEO der Legg-Mason-Tochter Royce & Associates, warum er dabei einen aktiven Investment-Ansatz bevorzugt.


Herr Royce, macht aktives Management im Small-Cap-Bereich immer noch Sinn?

Absolut. Ich bin sogar noch mehr überzeugt als bisher. Auch wenn ich schon seit vielen Jahren ein vehementer Verfechter des aktiven Managements bin, so sehe ich seit 14 Monaten, als nämlich die 10-jährigen US-Treasurys ihren Tiefpunkt erreicht hatten, dass ein aktiver Ansatz vor allem für langfristige Investoren im Small-Cap-Segment viel Sinn macht.

Können Sie das noch etwas genauer erklären?

Seit dem Tief im Mai 2013 habe ich den Eindruck, dass die Fundamentaldaten von Unternehmen wieder bedeutender werden und einen signifikanten Einfluss auf die Aktienpreis-Entwicklung haben. Ich verfolge allerdings einen anderen Ansatz, als einfach in einen Small-Cap-Index zu investieren, in welchem 25 Prozent der Unternehmen Geld verlieren. Ich suche nach gut geführten, finanzstarken Unternehmen mit attraktiven langfristigen Prognosen.

Glauben Sie, dass die Dominanz von Aktien mit tiefer Qualität zu Ende ist?

Ja, das trifft mehrheitlich zu. Ich glaube, dass wir nun eine Marktphase vor uns haben, die von Qualitätstiteln getragen sein wird – also von Unternehmen mit soliden Bilanzen und hohen Renditen in Relation zum investierten Kapital.


«Die Wirtschaft normalisiert sich»


Diese Titel haben auch das Feld während der kurzen Korrektur nach dem Small-Cap-Hoch angeführt, die am 4. März geendet hat. Diese Titel zeigten zwar nicht so viel Stärke im Mai und Juni, als die Märkte sich erholten, aber sie haben sich immerhin so gut entwickelt, dass sie das Marktsegment der Small Caps zwischen Anfang März und Ende Juni anführten.

Ich erwarte, dass sich dieses Muster bis Ende Jahr fortsetzen wird – vor allem vor dem Hintergrund, dass sich die Märkte an die zunehmende Normalisierung der Wirtschaft anpassen und an Momentum gewinnen werden.

Warum haben Large- und Mid-Caps das Segment der Small-Caps seit Anfang 2014 geschlagen?

Erstens denke ich, dass der Mid-Cap-Bereich über einige wundervolle, fundamental gesunde Unternehmen verfügt, die über die vergangenen Jahre hinweg konstantes Wachstum gezeigt haben.


«Small Caps sind typischerweise volatiler»


Der Erfolg dieser Anlageklasse über die ganze Nach-Finanzkrisenzeit hinweg hat mich nicht überrascht. Die Anlageklasse interessiert mich deshalb schon seit längerer Zeit.

Und zweitens?

Large-Caps wiederum umfassen die bekanntesten, stabilsten Unternehmen der Welt. Das Small- und Micro-Cap-Segment hingegen enthält eine stattliche Anzahl hochspekulativer Unternehmen, die typischerweise viel volatiler sind; oftmals sogar sehr viel volatiler wie im Fall von Micro-Caps. Aber auch diese hatten in den vergangenen  Jahren starke Zeiten.

Inwiefern?

Sowohl die Drei- als auch die Fünfjahres-Performance des ‹Russell 2000› und des ‹Russell Microcap Index'› sind auf einer absoluten Basis äusserst beeindruckend. Seit Anfang 2014 agieren Aktieninvestoren jedoch vorsichtiger, so dass die Verschnaufpause der Small- und Micro-Caps nicht weiter überrascht. Ich sollte zudem erwähnen, dass ich immer auch versuche, die Volatilität des Small-Cap-Marktes zu meinem Vorteil zu nutzen.

Rechnen Sie mit einer Korrektur noch vor Ende des Jahres?

Korrekturen können jederzeit erfolgen, und wir haben schon seit einiger Zeit nichts Signifikantes mehr gesehen. Der letzte Rückschlag des ‹Russell 2000› von mehr als 10 Prozent ereignete sich im Herbst 2012 und anfangs dieses Jahres registrierten wir lediglich einen milden Rückgang.


«Ein moderater Verlust ist wahrscheinlicher»


Der ‹Russell 2000› verlor dabei seit seinem Interim-Höchst am 4. März bis zum 15. Mai 9,1 Prozent. Da sich die Aktienpreise aber sehr schnell erholten, ist von diesem Rückschlag nichts mehr zu spüren.

Was schliessen Sie daraus?

Dass nun Zeit wäre für einen grösseren Rückgang, aber mein Gefühl sagt mir, dass ein moderater Verlust zwischen 5 Prozent und 10 Prozent viel wahrscheinlicher ist; dies vor dem Hintergrund eines Rückschlags der Wirtschaft, die durch ein schnelles Wachstum vergiftet zu sein scheint. Zudem ist es mehr eine Frage des ‹wann› als eine des ‹ob›, dass das Zinsumfeld steigen wird.

Wie lautet dann Ihre Prognose?

Alle diese Faktoren tragen dazu bei, dass die Voraussetzungen für Aktien positiv sind. Ich bin deshalb für die Anlageklasse eher zuversichtlich eingestellt. Ich könnte mir vorstellen, dass das zweite Halbjahr 2014 für Aktien in Bezug auf die Gesamtrendite ähnlich verlaufen könnte wie das erste. Die Bewertungen sind insgesamt hoch. Aber es gibt dennoch genügend Möglichkeiten, um die Renditen bis Ende 2014 im positiven Bereich zu halten.