Frankreichs Budgetminister pokert hoch: Die Liste mit den 3'000 Kundendaten aus der Schweiz konnte er bisher nicht vorlegen. Bankenvertreter melden Zweifel an.

Mit seiner Ankündigung im staatsnahen «Journal du Dimanche» am vergangenen Wochenende sorgte der französische Budgetminister Eric Woerth für einiges Aufsehen und Verwirrung. Er erklärte, der französischen Regierung seien «spontan» tausende von Kundendaten ausgehändigt worden.

Um was für Daten es sich dabei handelte, liess der Politiker genauso offen, wie die Frage, nach der Herkunft dieser Informationen. Woerth präzisierte lediglich, dass es sich um rund 3‘000 Daten von Banken handelt, die in Frankreich niedergelassen seien. Man habe diese Angaben im Rahmen einer Kontrolluntersuchung eingezogen.

Beweis fehlt nach wie vor

Den Beweis für den Besitz irgendeiner Information blieb er jedoch schuldig. Ausserdem verwickelte sich Woerth in Widersprüche bei der Anzahl Banken, wo man solche Angaben eingezogen haben soll.

Seit die Banken-Schweiz an mehreren Fronten unter Druck ist, sorgt selbst eine solche diffuse Verlautbarung für allerhand Nervosität und negative Publizität im Ausland. Dabei sollte einiges bedacht werden.

Schweizerische Bankiervereinigung irritiert

Selbst nach dem kürzlichen Datenklau im Fürstentum Liechtenstein spricht erheblich wenig dafür, dass Schweizer Bankangestellte von sich aus, Kundeninformationen nach Frankreich geliefert haben sollen. Gerade in diesem Fall gilt das Schweizer Bankgeheimnis, so dass sich ein entsprechender Informant strafbar machen würde.

Gegenüber der angesehenen französischen Zeitung «Le Figaro» sprach ein Sprecher der Schweizerischen Bankiervereinigung, von einer «Irritation» angesichts einer solchen Datenlieferung und äusserte Zweifel an der Echtheit der Aussage.

Beschaffung heikel

Für Martin Maurer, Geschäftsführer der Auslandsbanken in der Schweiz, ist es absolut unmöglich, dass die Filiale einer Auslandbank in der Schweiz Kundendaten an das Mutterhaus geliefert haben könnte. Solche Daten seien durch das Bankgeheimnis geschützt.

Französische Rechtsanwälte schliessen nicht aus, dass es eine Liste gibt. Allerdings sind sie bezüglich deren Echtheit sehr kritisch. Ausserdem müsse auch ein Fragezeichen hinter die Weise der Beschaffung solcher Daten gesetzt werde, sagte der Rechtsprofessor Jérôme Lasserre Capdeville. Verschiedene andere Juristen gehen eher davon aus, dass Woerths Aussagen ein Wink an Steuersünder war, sich bei den Behörden selber anzuzeigen.

Entzweite Franzosen

Doch gerade ein solches Ansinnen sorgt in Frankreich für Empörung, insbesondere bei der Sozialistischen Partei. Deren Vertreter stossen sich daran, dass der Budgetminister die Steuersünder aufgerufen hat, sich bis Ende Jahr bei den Behörden zu melden. Die Sozialisten sehen darin eine verkappte Steueramnestie, von der nur vermögende Franzosen profitieren könnten.

«Ich bin schockiert, das ist eine Gerechtigkeit auf zwei Geschwindigkeiten», sagte entsprechend der sozialistische Abgeordnete Michel Sapin in La Rochelle.

Dass von Schweizer Seite die Aktion kritisch hinterfragt wird, ist logisch. Interessant ist allerdings, dass auch französische Politiker an den Aussagen Eric Woerths Zweifeln. Sie gehen eher davon aus, dass der Budgetminister einen Vorwand brauche, um sich nach den langen Sommerferien (aprés la rentrée) wieder ins Gespräch zu bringen, wie Noël Mamère, ein Grüner Abgeordneter aus der Gironde.

Billiges Täuschungsmanöver für Dummköpfe

Er vermutet hinter Woerths Aktion ein billiges Täuschungsmanöver, das in der Bevölkerung den Eindruck erwecken soll, die Behörden würden die Steuerhinterziehung konsequent bekämpfen. Dabei sei es eine Tatsache, dass zahlreiche prominente Franzosen, die ihre Steuerhinterziehung offiziell zugegeben hätten, von Nicholas Sarkozy während seiner Präsidentschaftskampagne verteidigt worden seien. «Eric Woerth hält die Franzosen für Dummköpfe (imbéciles)», sagte Noël Mamère.

Ausserdem dürfte der Erfolg der US-Behörden im Steuerstreit mit der Schweiz respektive mit der UBS manche Politiker Ansporn genug sein, nun ebenfalls Begehrlichkeiten anzumelden. Erstaunlich ruhig verhält sich derzeit die deutsche Seite.

Wo bleibt Peer Steinbrück?

Nachdem der Finanzminister Peer Steinbrück zuvor mit Kanonen auf Spatzen geschossen hatte, scheint ihn nun das politische Tagesgeschehen in und um Berlin dermassen in Anspruch zu nehmen, dass er im Moment offenbar keine Zeit hat, sich mit seiner Kavallerie den Indianer-Schweizern zu widmen. Vor diesem Hintergrund dürfte auch der Vorstoss aus Frankreich nun zu werten sein. Solange Eric Woerth nur als Ankündigungsminister von sich reden macht, stellt er keine Gefahr für die Schweiz oder den Bankenplatz dar.

 

 

 

 

 

 

 

 

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.62%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.53%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.3%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.14%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.41%
pixel