Seit Winkelried sind die Schweizer erpicht darauf, «gleich lange Spiesse» zu haben – auch beim Automatischen Informationsaustausch. Aber was bedeutet das?

Peter Kaufmann 206Peter Kaufmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Kommunikation

Die Schweizer Banken wollen «gleich lange Spiesse» wie ihre Konkurrentinnen im Ausland haben. Das heisst, sie wollen ihre Produkte und Dienstleistungen auf den gleichen Märkten zu den gleichen Bedingungen anbieten können, wie die Banken aus anderen Ländern. Soweit ist alles klar.

Wie immer steckt der Teufel aber im Detail. Ich möchte das hier an einem Beispiel des Automatischen Informationsaustausches (AIA) aufzeigen. Die Schweiz hat sich verpflichtet, im Jahr 2017 den AIA einzuführen. Die Schweizer Banken unterstützen das voll und ganz. Ab 2018 werden dann die Steuerdaten ausgetauscht. Nun stellt sich die Frage: Mit welchen Ländern und in welcher Reihenfolge führt die Schweiz den AIA ein?

Prioritäten setzen

Die Lösung «alle, sofort» ist nicht möglich. Denn das politische System der Schweiz verlangt für jedes AIA-Partnerland ein einzelnes Abkommen, das vom Parlament genehmigt werden muss. Dieser Prozess braucht Zeit. Daher muss die Schweiz Prioritäten setzen. Doch wie soll das geschehen?

Die Bankiervereinigung schlägt folgende drei Kriterien vor:

  • 1. Eine akzeptable Möglichkeit zur Regularisierung der Vergangenheit für Bankkunden
  • 2. Das Marktpotenzial
  • 3. Eine adäquate Positionierung mit Blick auf Konkurrenzfinanzplätze

Vor allem beim dritten Punkt geht es um die berühmten «gleich langen Spiesse».

Komplexes Prozedere

Der AIA bedeutet administrativen Aufwand – also Kosten – für die Banken. Damit die Schweizer Banken keinen Nachteil haben, müssen die Konkurrenzplätze den AIA mit den gleichen Ländern einführen, wie die Schweiz.

Ein Beispiel: Wenn die Schweiz mit Frankreich den AIA einführt, aber «Beispiel-Land» nicht mit Frankreich, dann haben Banken aus «Beispiel-Land» in Frankreich einen Kostenvorteil gegenüber Schweizer Banken. Zudem ist nicht auszuschliessen, dass es französische Kunden gibt, die ihre finanzielle Privatsphäre so sehr schätzen, dass sie als Konsequenz lieber ein Konto in «Beispiel-Land» haben. Das wollen die Schweizer Banken jedoch nicht.

Keine verbindlichen Aussagen

«Gleich lange Spiesse» heisst in diesem Fall also nicht nur, dass andere wichtige Bankenplätze sich zum AIA bekennen, sondern, dass sie ihn auch mit den gleichen Ländern umsetzten wie die Schweiz. Bis heute gibt es dazu aber keine verbindlichen Aussagen. Alle Länder halten sich bedeckt, und warten ab, was die anderen machen.

Die Schweiz kann sich ein solches Abwarten nicht leisten. Weil der politische Prozess Zeit braucht, müssen wir schon jetzt die AIA-Abkommen mit den Partnerländern aushandeln. Sonst sind wir 2018 nicht bereit für den Datenaustausch.

Internationale Koordination

Damit die Schweiz Verhandlungen mit den richtigen Partnerländern beginnt, haben die Banken die oben erwähnten Kriterien formuliert. Hilfreich wäre zudem, wenn das Vorgehen international koordiniert würde.

Die Schweiz soll sich in diesem Sinne bei der OECD und im Global Forum einsetzen: Für ein dichtes Netz von AIA-Verträgen und für Transparenz in der Frage «Wer mit wem?» Damit der AIA-Standard auch wirklich global umgesetzt wird und die «gleich langen Spiesse» zum international verbindlich festgelegten «level playing field» werden.

Mehr dazu ist auch auf unserer AIA-Webseite zu lesen.