Das geflügelte Wort der vierten industriellen Revolution macht am WEF die Runde. Martin Gilbert, Gründer und CEO von Aberdeen Asset Management, ist auch in Davos – und beschreibt seine Sicht der Industrie 4.0 in einem exklusiven Essay auf finews.ch.

Industrie 4.0 bezeichnet den nächsten grossen Sprung – die vierte industrielle Revolution. Im Kern geht es um «smarte» Produktions- und Fertigungstechniken sowie Logistik-Einrichtungen.

Maschinen denken und lernen und kommunizieren miteinander, wodurch Produktionsprozesse effizienter und wandlungsfähiger werden. Die technologische Grundlage ist das «Internet der Dinge», die komplett vernetzte Welt.

Grosse Chance für Finanzindustrie

Industrielle Revolutionen, welche fundamentale Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft gebracht haben, gab es nach der gängigen Lehre bislang drei: Die erste brachte den industriellen Einsatz von Wasser und Dampf zur Mechanisierung von Produktionsstätten, die zweite die Massenanfertigung und die dritte den Übergang in die computerisierte Welt.

Die Veränderungen durch Industrie 4.0 schaffen grosse Chance für intelligente Investoren und Fondsmanager. Die Herausforderung ist, jene Geschäftsmodelle zu identifizieren, die auf nachhaltige langfristige Weise ihre Wandlungsfähigkeit und ihre Innovationskraft erhalten können.

Ungeheure Datenmengen

Für Aberdeen Asset Management bedeutet dies vor jeder Investition, weiterhin mit vollem Einsatz auf unser Research zu Unternehmen und seine Manager zu fokussieren und sie anhaltend genau zu beobachten.

Es wird in der Fondsindustrie aber auch Veränderungen geben. Die neuen Technologien ermöglichen uns den Zugang zu einer ungeheuren Menge von Daten. Es entstehen neue Methoden diese Daten zu analysieren und zu verstehen, und es kommen Maschinen zum Einsatz, welche lernfähig sind und anhand der Daten Prognosen stellen können.

Risiken einer vernetzten Welt

Die Folge wird eine massive Beschleunigung der Innovationsprozesse bei Investmanagern sein, die darum kämpfen werden, für ihre Kunden Produkte zu schaffen, die noch viel genauer dem entsprechen, was diese eigentlich wünschen.

Aber Industrie 4.0 birgt auch Risiken. Die vollkommen vernetzte Welt stellt die IT-Sicherheit vor grosse Herausforderungen. Daten müssen geschützt werden und Geschäftsmodelle müssen sich ständig erneuern. Sonst werden sie obsolet. Dies betrifft auch uns als Fondsmanager, weshalb wir ein Innovationskomittee geschaffen haben, welches sich mit diesen Aspekten befasst und neue Ideen entwickelt.

Milliarden-Deals ohne menschliches Zutun

Denn es ist klar: Die Risiken der Industrie 4.0 sind in der Finanzindustrie verschärft. Mittels automatischen Hochgeschwindigkeits-Handelssystemen wechseln täglich Milliarden von Pfund ihren Besitzer – ohne viel menschliches Zutun. Die Algorithmen handeln so wie sie programmiert sind und bestimmte Bedingungen eine Aktion auslösen.

Die Rationalität wird dadurch unglücklicherweise marginalisiert, was die Gefahr von Crashes an den Finanzmärkten erhöht, welche durch Algorithmen noch verstärkt werden. 2010 vernichtete der Flash-Crash eine Billion Dollar am US-Aktienmarkt in weniger als einer halben Stunde.

Was geschieht in der Arbeitswelt?

Es war eine deutliche Demonstration dessen, was Algorithmen in einer vernetzten Welt an den Märkten verursachen können. Eine weitere Herausforderung stellt die Arbeitswelt: Was geschieht mit Arbeitern, deren Jobs durch eine Maschine ersetzt werden?

Ausbildungskonzepte und Lehrpläne müssen so angepasst werden, dass Arbeiter die neuen Technologien nutzen können, nicht durch sie ersetzt werden.

Aber grundsätzlich sollten wir Industrie 4.0 sehen als das, was sie ist: Die jüngste Chance, Wohlstand zu erschaffen, Armut zu eliminieren und die Welt menschlicher zu machen.

Eine Verlängerung des menschlichen Gehirns

Klaus Schwab, der Gründer und Präsident des WEF, hat die Frage gestellt: Hat die vierte industrielle Revolution ein menschliches Herz? Ich glaube, die Antwort ist Ja. Roboter werden zwar Unglaubliches leisten können, gleichzeitig bleiben sie nur eine Verlängerung jenes menschlichen Gehirns, das sie erschaffen hat.

Algorithmen werden die menschliche Genialität und Führerschaft nie ersetzen können.

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