Die Anlage-Richtlinien für Vorsorge-Institute tragen dem Sicherheitsbedürfnis der Kunden Rechnung. Müssten diese Bestimmungen angesichts des Niedrigzins-Umfeld nicht revidiert werden?

Stephan Heitz ist ‹Head of Continental Europe & Nordics› bei Axa Investment Managers. Er schreibt monatlich für finews.ch.

Ein Grundsatz der Kapitalanlage lautet: Risiken und Ertrag verhalten sich gegenläufig. Je höher der erwartete Ertrag, umso höher das mit der Anlage einhergehende Risiko.

Um die angenommenen bestehenden Interessenkonflikte zwischen dem Renditestreben von Vorsorgeeinrichtungen und dem Sicherheitsbedürfnis der Vorsorgekunden Rechnung zu tragen, gibt es umfangreiche gesetzliche Anlagerichtlinien und Berichtspflichten gegenüber der Aufsichtsbehörde. Sie haben das Ziel, allfällige Anlagerisiken auf ein tolerierbares Mass zu beschränken.

Sind derartige Richtlinien noch zeitgemäss, oder müssen sie unter Umständen in einem Niedrigzinsumfeld einer Revision unterzogen werden?

Grössere Freiheiten

Grundsätzlich kann man wohl die Regelungen im Hinblick auf Kursänderungs-, Kreditausfall- und Fremdwährungs-Risiken als angemessen betrachten. Grössere Freiheiten würden hier die direkte Inkaufnahme von Verlustrisiken bedeuten.

Andere Regelungen zum Management von Kontrahenten-Ausfallrisiken, Liquiditätsrisiken und Rechtsrisiken können da schon eher kritisch hinterfragt werden.

Auch wenn sich die Renditen von Schweizer Obligationen auf niedrigem Niveau stabilisiert haben beziehungsweise nicht noch tiefer ins Negativterritorium sinken, so ist doch davon auszugehen, dass die Rendite 10-jähriger Schweizer Staatsanleihen noch Jahre unterhalb von 1 Prozent verharren wird.

Weniger angemessen

Der klassische Weg schweizerischer Vorsorgeeinrichtungen, Kapital in Fremdwährung mit gleichzeitiger Währungskurs-Absicherung anzulegen, erscheint zunehmend als weniger angemessen zur Lösung des Problems, da Kurssicherungskosten in den nächsten Monaten deutlich steigen dürften und schon jetzt die so genannte «Basis» an den Terminmärkten dazu führt, dass ein Dollar- oder Euro-Investment, gesichert in Franken geringere Renditen abwirft als eine vergleichbare Anlage in Franken.

Es bleibt die Möglichkeit, auf nicht traditionelle Anlageformen auszuweichen. In erster Linie sind hier Direktkredite oder Schuldscheinformate (Loans) zu nennen, die sich gerade in Europa angesichts der Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe immer grösserer Beliebtheit erfreuen.

Deutliche Kursabschläge

Infrastrukturprojekt-Finanzierungen (Infrastructure Loans), Immobilienprojekt-Entwicklungsfinanzierungen (Commercial Real Estate Loans) oder Mittelstands-finanzierungen (Mid Cap Loans) bieten zusätzlich zu den risikoadäquaten Kreditaufschlägen zur Zinsstruktur-Kurve attraktive Illiquiditätsprämien, da derartige Investments in aller Regel über die gesamte Laufzeit zu halten sind (hold-to-maturity) und am Sekundärmarkt als nur unter deutlichen Kursabschlägen verkäuflich gelten.

Hier erscheinen die schweizerischen Regularien für Versicherungsunternehmen als restriktiver als die vergleichbarer Aufsichtsbehörden, gerade der Aspekt Illiquidität wird von der Schweizer Aufsichtsbehörde Finma kritisch gesehen.

Harmonisierung hilfreich

Pensionskassen unterstehen zwar nicht der Finma, sondern den kantonalen respektive regionalen Stiftungsaufsichtsbehörden, die die Regeln welche vom Bundesamt für Sozialversicherungen erlassen werden, überwachen. Diese klassifizieren aber in der Regel Anlagen in nicht börsengeregelten Märkten wie «Loans» oder «Private Debt» pauschal als «Alternative Anlagen», womit derartige Investments der gleichen Quotenmaximalgrenze unterliegen wie risikobehaftetet und teilweise mit Hebeln ausgestattete Hedgefonds.

Eine Harmonisierung und Flexibilisierung wäre sicherlich hilfreich!

Natürlich kann es nicht darum gehen, den Versorgungseinrichtungen zu erlauben, ihre Investitionen überwiegend in illiquiden Anlagen zu tätigen. Selbstverständlich müssen diese jederzeit in der Lage sein, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.

Bilaterale Abkommen für mehr Flexibilität

Dennoch scheint es angemessen, auch Liquidität respektive Illiquidität gesamtheitlich zu betrachten, das heisst auf Portfolioebene das Verhältnis von jederzeit verkäuflichen und nicht verkäuflichen Anlagen zu bewerten und Illiquidität nicht vollständig auszuschliessen.

Ein weiterer Aspekt, bei dem die schweizerische Aufsicht restriktiver als notwendig erscheint, ist die Wertung von Rechtsrisiken. Lediglich Sicherheiten, die unter schweizerisches Recht mit Zugriff in der Schweiz gestellt werden, werden als Sicherungsinstrument akzeptiert.

In einem zunehmend international vernetzten Kapitalmarkt erscheint dies als hinderlich. Bilaterale Abkommen zur wechselseitigen Anerkennung der Gerichtsstände sind sicherlich ein probates Mittel dazu, hier eine grössere Flexibilität zu erreichen.


Stephan Heitz 192Stephan Heitz ist seit Januar 2009 bei Axa Investment Managers tätig. Er startete als Head of Axa IM Northern Europe mit Verantwortung für Deutschland, Österreich, Schweiz, Belgien, Luxemburg und die Niederlande. Im Jahr 2014 wurde die geographische Verantwortung um die Länder Italien, Spanien und die Nordics ausgeweitet und die Region in ‹Continental Europe & Nordics› umbenannt.

Zuvor war er ab 2001 für die Swiss Life Asset Management in Zürich tätig, zuerst als Director, dann als Managing Director und CEO. Von 1993 bis 2001 arbeitete er bei der ABN Amro Bank. Er startete seine Karriere 1989 beim Schweizerischen Bankverein (heute UBS).

Heitz absolvierte ein Studium an der Universität Fribourg und schloss in Volks- und Betriebswirtschaftslehre ab. Er ist Certified Fund Officer und absolvierte das Advanced Management Program (AMP) an der Harvard Business School.

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