Tiefere Boni zugunsten von höheren Fix-Löhnen: Wird der Bonus-Streit so entschärft? Antworten von Christopher Kummer von Bjørn Johansson Associates.

Herr Kummer, was brachte die Banken dazu, so hohe Boni auszuzahlen?

Bonuszahlungen kannte man im angelsächsischen Raum. Diese Praxis verlagerte sich später nach Europa. Bonuszahlungen haben aber auch mit den einzelnen Geschäftsbereichen der Banken zu tun. So kannte man beispielsweise kein Investmentbanking in der heutigen Form. Das Investmentbanking als Erfolgsbringer – und wie wir gesehen haben auch als Verlustbringer – hat eine hohe Bedeutung für die Banken. Entsprechend möchte man die Leistungsträger dieses Geschäfts bei sich behalten oder für sich gewinnen. Das läuft aber nur über Kompensationen.

Demnach sind Boni als Anreiz für solche Mitarbeitenden sehr wichtig?

Ja, wobei man unterscheiden muss, um welchen Bankenbereich es sich handelt. Geht es also ums Retailbanking mit viel Laufkundschaft? Oder geht es um ein gehobenes Private Banking mit High Net Worth Individuals als Kunden? Oder geht es um das Investmentbanking? Das sind ganz unterschiedliche Bankenbereiche, die auch mit unterschiedlichen Kompensationsmodellen arbeiten. Bankangestellter ist also nicht gleich Bankangestellter. Die strategische Ausrichtung der Bank beziehungsweise des Geschäftsbereichs spielt die ausschlaggebende Rolle.


«Die Frage ist doch, wer die Aufträge akquiriert. Das muss sich dann im Bonus niederschlagen»


Boni sind also je nach Wichtigkeit eines Bankangestellten nicht wegzudenken.

Ja, denn da, wo das Investment Banking herkommt, sind diese Kompensationsmodelle so gegeben. Entsprechend lassen sich Spill-over-Effekte gar nicht verhindern. Auch nicht in Bezug auf die Flexibilität und Mobilität der Bankangestellten von heute. Denken Sie nur an all die Schweizer, die in London oder New York arbeiten, oder an all die Amerikaner, die hier oder in London arbeiten. Für all diese Leute müssen Kompensationsmodelle gefunden werden, die homogen sind. Sonst werden Leute ungleich behandelt, was zu einer hohen Unzufriedenheit führen würde und sich demotivierend auswirkte.

Nun haben einige Banken ja verkündet, dass sie die Boni zurückfahren und dafür die Fix-Saläre erhöhen wollen. Geht es dabei nur um steuerliche Aspekte oder entsteht hier vielleicht ein neuer Trend?

Die Anhebung der Fixlöhne hat auch damit zu tun, dass sie im Vergleich zu den Boni gar nicht sehr hoch waren. So hatte man eigentlich garantierte Boni, die gar keine Leistungskomponente mehr enthielten. Ohne Leistungsboni geht es aber nicht. Wer nicht hart arbeiten muss und trotzdem gutes Geld bekommt, könnte träge werden. Probleme ergeben sich auch, wenn jemand der Bank Millionen an Gewinn einbringt. Dadurch entsteht die Begehrlichkeit, selbst auch etwas davon abzubekommen, weil man so etwas unter Umständen auch in selbständiger Tätigkeit oder in einer anderen Konstellation einbringen könnte. Die Frage ist doch, wer die Aufträge akquiriert. Dabei spielen Beziehungen, Vertrauen und Kompetenz eine wichtige Rolle. Das muss sich dann im Bonus niederschlagen.

Dienen Bonus-Zahlungen heute auch als Kompensation für das verlorene Vertrauen in die Institution Bank?

Ich glaube nicht, dass der Image-Verlust der Banken mittel- und langfristig so riesig ist wie das heute dargestellt wird. Ich glaube auch nicht, dass sich Banker deshalb selbständig machen. Es kann natürlich sein, dass sich flexiblere, schneller denkende Mitarbeitende in kleineren Strukturen leichter tun, als den Ballast einer Grossorganisation mit sich herumzutragen. Sie haben dadurch vielleicht wieder mehr Spass an der Arbeit, weil sie weniger verwalten, also administrative Tätigkeiten ausführen, dafür aber mehr mit Kunden zu tun haben und sich um inhaltliche Fragen kümmern können. Der Bonus spielt dabei aber keine Rolle. Ich glaube, dass das Gehalt da weniger eine Rolle spielt.

Wie erleben Sie zurzeit die Ansprüche der Banker? Treffen sich die Vorstellungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern seit der Krise eher wieder oder driftet die Schere aufgrund alter Gehaltsvorstellungen auseinander?

Ehemalige Mitarbeitende von Banken, die auf der Stellensuche sind, sind eher zu Kompromissen bereit und gehen vielleicht etwas demütiger zu Werke. Mitarbeitende, die in Lohn und Brot stehen, haben natürlich eine gewisse Erwartungshaltung. Die Frage ist auch, was ihre Motivation ist, den Job überhaupt zu wechseln. Wenn es inhaltliche Dinge wie mehr Verantwortung sind, kann das in einem gewissen Masse funktionieren. Das kommt natürlich auf die persönliche Motivationsstruktur an. Mit mehr Verantwortung geht dann meist auch eine grössere Kompensation einher.


«Im Grunde funktionieren Bonus-Beschränkungen nur über eine verbindliche Selbstregulierung»


Die Banken sind dort also bereit, gewissen Vorstellungen entgegenzukommen.

Wenn es darum geht, gute, qualifizierte und passende Bewerber zu gewinnen, dann ist man durchaus bereit, gewisse Saläre zu zahlen.

Glauben Sie denn, dass die Diskussion um Saläre und Boni diese nach unten gedrückt hat?

Wir befinden uns wohl bald wieder auf dem Niveau von vor der Krise. Die Bankenbranche hat schon immer gut gezahlt und wird das auch weiterhin tun. Ganz im Gegensatz zur Industrie, wo heute doch einige Leute für wesentlich weniger Geld arbeiten.

Demnach leisten auch die Steuerdiskussionen den Boni wenig Abbruch.

Vieles von dem ist noch nicht eingeführt worden. Man hat erst mal diskutiert, inwiefern die Kompensationsstruktur, die Strategie und die Modelle angepasst werden müssten, nach welchen Kriterien sich das bemessen liesse und ob sich verzögerte Auszahlmechanismen mit claw-back, also der Möglichkeit, Geld wieder zurückzuholen oder zurückzubehalten, schaffen liessen. Das sind durchaus sinnvolle Instrumente. Nur müssen sie auch implementiert werden, und zwar von der ganzen Branche. Es macht ja keinen Sinn, wie das hier angedacht wurde, wenn das nur einzelne Institutionen übernehmen und andere nicht.

Übernehmen einzelne Institute eine Vorreiterrolle und veranlassen andere damit nachzuziehen?

Diejenigen, die dazu gezwungen werden die Vorreiterrolle zu übernehmen, sind eigentlich bestraft. Im Grunde kann das nur über eine verbindliche Selbstregulierung funktionieren. Die muss allerdings wirklich verbindlich sein.

Hat die Politik darauf Einfluss?

Die Politik müsste hier ihre Verantwortung wahrnehmen. Das ist allerdings nur vor dem Hintergrund einer international koordinierten Vorgehensweise möglich. Sonst hat man wieder das Problem, dass gewisse Bankenplätze gewisse Dinge nicht übernehmen. Aber die Möglichkeit wäre da, zumal sich die Leute kennen und es Gremien gibt, worin sie darüber diskutieren könnten.


Christopher Kummer ist Associate bei Dr. Bjørn Johansson Associates in Zürich.

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