Hoch im Kurs stehen Anlagen in «grüne» Firmen mit «sauberer» Energie. Sie versprechen dem Anleger neben der Rendite ein gutes Gewissen. Zu recht?

Dieter_RuloffDieter Ruloff ist Professor für Internationale Beziehungen an der Universität Zürich.

Er zeigt in seinem Beitrag, dass die Grundversorgung im Energiebereich noch sehr lange durch fossile Energieträger, vor allem durch Erdöl, erfolgen wird.

Dies hat Konsequenzen, denn der Preis des Erdöls ist eng mit der Politik der Erdölexportländer verbunden.

Am WEF Ende Januar redeten alle über saubere, erneuerbare Energie. Der Wettlauf bei den «grünen» Technologien sei das alles überschattende Ereignis der kommenden zwei Jahrzehnte.

Wer dieses Rennen gewinne, die Asiaten oder der Westen, werde die Energiemärkte revolutionieren, riesige Profite machen und den Wohlstand der eigenen Gesellschaft sichern.

Der Energiehunger nimmt weiter zu

Ein Blick auf die Statistiken der Internationalen Energieagentur (IEA) zeigt ein anderes Bild: Der Energiehunger der Welt nimmt zu, aber die Grundversorgung vor allem der grossen, rasch wachsenden Schwellenländer wird bis weit in die Zukunft durch Öl, Kohle und Erdgas erfolgen.

Zwar sind fossile Energieträger endlich, aber die Menschheit besitzt davon entgegen manchen Meinungen noch zur Genüge. Kohle haben alle grossen Industriegesellschaften selbst oder können diese von verlässlichen Lieferanten günstig kaufen. Die Erdgasversorgung ist international über langfristige Verträge geregelt.

Mittelfristig geht es nicht ohne herkömmliche Energieträger

Öl ist auf weithin absehbare Zeit nicht zu ersetzen und muss auf dem Weltmarkt beschafft werden. Die Frage ist nur: Zu welchem Preis? Die Antwort heisst «steigend» und vor allem «schwankend»: Politische Risiken und Rivalitäten sorgen für Unberechenbarkeit, Volatilität der Preise und damit Risiken für Investoren und Verbraucher.

Fossile Energieträger, also Erdöl, Erdgas und Kohle, sind endlich. Saubere, erneuerbare Energien müssen also langfristig gesehen eine grössere Rolle spielen. Dafür spricht auch die Ökologie, wenn man den Klimawandel in den Griff be­kommen will.

Fortschritte geschluckt

Wasserkraft, Sonnen- und Windenergie, Gezeitenkraftwerke, Geothermik, Biomasse usw. gewinnen an Bedeutung. Wer hier die Nase vorne hat, ist massiv im Vorteil, das ist klar. Mittelfristig hingegen geht es nicht ohne die herkömmlichen Energieträger.

Im Referenz-Szenarium (RS 2030) der Internationalen Energieagentur (IEA), das die aktuellen Entwicklungen extrapoliert, werden «grüne» Energien 2030 etwa denselben Anteil am globalen Energieverbrauch besitzen wie schon 2007, nämlich etwa 11 bis 12 Prozent.

Die erwartete Steigerung der Weltenergienachfrage bis 2030 um etwa 40 Prozent, vor allem von Seiten der Schwellenländer, wird also alle Fortschritte bei «grünen» Energien schlicht «schlucken».

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Wenn die Menschheit den Treibhauseffekt auf 2 Grad Celsius begrenzen will, wie an der Kopenhagener Klimakonferenz beschlossen, wären radikale Einschnitte notwendig: sehr viel weniger Kohle, noch grössere Fortschritte bei den sauberen Energien, viel mehr Kernenergie (!), mehr Staudämme, so die IEA.

Nur dann liesse sich der Anstieg der CO2-Emissionen (auf etwa 450 ppm CO2) begrenzen und damit das Ziel von 2 Grad Celsius erreichen. Dieses sehr optimistische sogenannte 450-Policy-Szenarium(450 PS 2030) unterstellt nicht nur den raschen Ausbau eines griffigen, globalen Regelwerks zur CO2-Reduktion.

Treibstoff der Weltwirtschaft

Es wäre auch enorm teuer: zusätzlich 10’000 Milliarden Dollar, bei ohnehin schon riesigem und vor allem wachsendem Investitionsbedarf. Ob die Welt sich zu einer solchen gemeinschaftlichen Anstrengung aufraffen kann, sei einmal dahingestellt. An dieser Stelle wichtiger ist die Erkenntnis, dass Erdöl in beiden Zukunftsszenarien der IEA dennoch bei etwa 30 Prozent zu liegen kommt. Selbst bei einer rigoros «grünen» Strategie würde in Zukunft mehr Öl als heute benötigt.

Öl ist und bleibt der Treibstoff der Weltwirtschaft. Diese Feststellung gilt vor allem für die schnell wachsenden, aufstrebenden Märkte Indien und China, deren Vollmotorisierung noch bevorsteht und kommen wird.

Hauptproblem: Geopolitik statt Geologie

Ohne Öl geht nichts, und zwar auf weithin absehbare Zeit. Die Erschliessung von Ölvorkommen, die Förderung und der Transport haben jedoch ihre Tücken. Erstens liegt ein Grossteil der Erdölreserven weitab von den Regionen des grössten Verbrauchs, oft zudem in unerschlossenen und unwirtlichen Gegenden der Welt, was Probleme bei der Förderung und beim Transport nach sich zieht.

Zweitens handelt es sich hierbei oft um Krisenregionen, was die Sicherheit bzw. Zuverlässigkeit der Förderung und Lieferung beeinträchtigt. Drittens gibt es zwischen einem Teil der Produzenten und bedeutenden Konsumenten politische Konflikte.

Politische Währung

Viertens schliesslich unterscheiden sich die ordnungspolitischen Vorstellungen der meisten Produzenten und Konsumenten ganz drastisch: Die klassischen Importländer wie etwa die USA, die EU oder auch Japan setzen auf die Versorgung durch private Unternehmungen, die sich wiederum auf einem Weltmarkt versorgen.

Auf Seiten der Produzenten hingegen operieren zumeist staatliche Ölunternehmungen, die langfristige bilaterale Abnahmeverträge anstreben. Öl ist also eine durch und durch politisierte Ressource. Die Geologie ist oft schwierig, die Geografie nicht selten eine Herausforderung, aber bedeutsamer ist die Geopolitik: Wer hat wo wie viel Öl, und was will er dafür, in Geld und in politischer «Währung»?

Naher Osten: Krisenherd und wichtigste Ölregion zugleich

Die bedeutsamsten Erdölexporteure und die grössten Erdölreserven der Welt befinden sich ausgerechnet in der Krisenregion Nahost. Jede Verschlechterung der Lage in der Region schlägt sofort auf den globalen Ölpreis durch. Saudi Arabien ist und bleibt bei den Erdölexporten und den Erdölreserven auf dem weltweit ersten Platz.

Das Königreich wird wesentlich von den USA stabilisiert, nach aussen wie 1991 im Golfkrieg oder, wenn es sein muss, auch im Innern mit der notwendigen Diskretion, wie beim Kampf gegen den Terrorismus. Die Beziehungen der USA zur Herrscherfamilie sind traditionell freundlich, aller Demokratisierungsrhetorik der USA zum Trotz. Saudi Arabien seinerseits unterstützt zwar die Palästinenser in ihrem Konflikt mit Israel, aber die guten Beziehungen zu den USA, dem engsten Verbündeten Israels, hat dies nie wirklich belastet.

China kann nicht US-Militär ersetzen

Die Sicherung des Ölexports für Saudi Arabien und der Ölversorgung für die USA haben bei weitem Priorität und binden die beiden ungleichen Partner aneinander. Saudi Arabien ist zudem tonangebend im Ölkartell OPEC und kann hier mässigend auf dessen Politik einwirken.

Dem Trend folgend, orientiert sich auch Saudi Arabien aber zunehmend gegen Osten, nachdem China der wichtigste Importeur saudischen Öls noch vor den USA geworden ist. China kann zwar die stabile Abnahme von Öl offerieren, aber keinesfalls den militärischen Schutz der USA ersetzen. Dennoch ist die Geopolitik auch am Golf in Bewegung geraten.

 

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