Die Schweizer Bankbranche habe sich fundamental verändert. Bloss sei dies in der Welt noch nicht angekommen, sagt Bankierpräsident Herbert Scheidt im Interview mit finews.ch.

Im ersten Teil des Interviews mit finews.ch äusserte sich Herbert Scheidt zu seinem Verhältnis zur Schweiz, zu den Motiven für seine Kandidatur als Bankierpräsident vor einem Jahr, und wie es ihm ergeht, wenn er heute in seine «einstige» Heimat fährt. 


Herr Scheidt, was stimmt sie zuversichtlich, das nicht einfache Amt des Bankierpräsidenten weiterzuführen?

Sicherlich der Umstand, dass wir nun sehr gut aufgestellt sind. Wir haben in den vergangenen Jahren enorm viel erreicht. Wir haben uns umgebaut. Und als Branche stehen wir stark da.

Konkret?

Die Schweizer Banken haben heute eine solide Kapitalausstattung. Wir haben moderne Technologien im Einsatz, investieren weiter, und die Schweiz steht in Sachen Fintech noch immer vor London und anderen Standorten.

«Das wurde schon etwas hochgespielt, denn Polarisierung kann niemandes Interesse sein»

Ausserdem haben wir uns im Bereich der Blockchain-Technologie schon sehr weit entwickelt. Wir haben eine Regierung, die bereit ist, sich gemeinsam mit der Finma dieser Themen anzunehmen. Wir haben nicht nur das Fundament gestärkt, sondern vor allem auch unser Denken und unsere Einstellung zu Risiken verändert. Natürlich bleiben viele Herausforderungen.

Welche Ziele haben Priorität?

Wir wollen und müssen Rahmenbedingungen für den Finanzplatz schaffen, die allen, auch den kleineren und mittelgrossen Banken, das Atmen ermöglichen. Ich möchte hier das Kleinbankenregime, erwähnen, bei dem es um die Frage geht: Wie können wir ihnen ermöglichen, im heutigen Korsett der Regulierung weiter zu bestehen und die Vielfalt erhalten.

Es gab in der jüngsten Vergangenheit auch Kritik aus dem Lager der kleineren, regional tätigen Institute an die Bankiervereinigung.

Das wurde schon etwas hochgespielt, denn Polarisierung kann niemandes Interesse sein.

«Diese Botschaft der Bankiervereinigung muss auch im Ausland ankommen»

Bei den Arbeiten zum Kleinbankenregime hatten wir langwierige Verhandlungen mit der Finma, und es ergaben sich auch Missverständnisse und heftige Diskussionen. Wir haben dabei immer gezeigt, dass wir uns sehr für die kleineren und mittleren Banken einsetzen.

Man hat Ihnen angekreidet, sich als Bankierpräsident auf kostspieligen Auslandsreisen zu tummeln.

Wir wollen die Rahmenbedingungen von morgen schaffen, um für die Zukunft gerüstet zu sein, und uns von dem abheben, was zwischen 2008 und 2016 in der Branche geschehen ist. Diese Botschaft muss auch im Ausland ankommen. Wir waren kürzlich mit einer Delegation in Lateinamerika. Da haben manche Behördenmitglieder von dort wirklich mitgeschrieben, was wir gesagt haben.

Warum?

Weil man ganz offensichtlich in weiten Kreisen der Welt noch immer nicht weiss, was die Schweiz seit der Finanzkrise alles getan hat für den Finanzplatz und die Branche. Dass sich bei uns fundamental alles verändert hat, ist im Rest der Welt offenbar noch nicht angekommen.

«Da müssen wir noch sehr viel tun, um die alten Vorurteile abzubauen»

Das fällt mir übrigens auch im Dialog mit der EU immer wieder auf. Die Wahrnehmung ist immer noch so, dass man immer noch Geld in die Schweiz «verschiebt». Doch seit dem Automatischen Informationsaustausch (AIA) «verschiebt» man kein Geld mehr in die Schweiz. Die ausländischen Finanzbehörden sehen alles, und sie wissen alles. Wir sind da völlig transparent. Da müssen wir noch sehr viel tun, um die alten Vorurteile abzubauen und die neue Botschaft allen zu vermitteln. Sonst schadet uns das allen.

Sollte sich die Bankiervereinigung nicht auch verstärkt darum bemühen, Fintech-Unternehmen in ihre Reihen aufnehmen?